Wenn der Geist alles durchdringt und durchströmt, und nichts ihm unerreichbar bleibt; wenn er hinaufdringt zum Himmel und unten die Erde umschlingt; wenn er alle Wesen wandelt und nährt und ohne Gleichnis noch Bildnis ist: das heißt eins sein mit Gott.
Dschuang Dsi, Das wahre Buch vom südlichen Blütenland, Jena 1912
In mir gibt es einen ganz tiefen Brunnen. Und darin ist Gott. Manchmal ist er für mich erreichbar. Aber oft liegen Steine und Geröll auf dem Brunnen, und dann ist Gott begraben. Dann muss er wieder ausgegraben werden. Ich stelle mir vor, dass es Menschen gibt, die beim Beten die Augen zu Himmel erheben. Sie suchen Gott außerhalb ihrer selbst. Es gibt auch andere, die den Kopf senken und in den Händen verbergen: ich glaube, diese Menschen suchen Gott in sich selbst.
Es gibt einen Platz im Herzen, worin das ganze Universum enthalten ist – Himmel wie auch Erde, das Feuer, die Luft, Sonne, Mond und das Leuchten der Sterne. Alles ist darin enthalten. Wenn wir über unseren Verstand mit seinen Möglichkeiten des Messens und seinen Kategorien von Raum und Zeit hinausgehen, finden wir den tiefsten Grund des Universums. Dort sind Leben und Intelligenz.
Die rechte Kunst der Alchymie ist wahrhaftig die Philosophia der alten Weisen, die mir sehr wohl gefället, nicht alleine um ihres vielen Nutzes willen, den sie mitbringet, die Metalla zu schmelzen, zu scheiden, auszusieden und zuzurichten; item, Kräuter, Wurzeln und anderes zu destilliren und zu sublimiren, sondern auch um der Allegorien und heimlichen Deutung willen, die überaus schön ist, nämlich die Auferstehung der Todten am jüngsten Tage. Denn gleichwie in einem Brennofen das Feuer aus der Materie zieht und scheidet, was am Besten ist, ja den Spiritum, Geist, Leben, den Saft und Kraft, führets in die Höhe, daß es das Oberste am Helm einnimmt, dran klebt, und denn herab fließt; wie man solches siehet, wenn man Kräuterwasser brennet, oder daß man sonst etwas destilliret; da schwimmet das Feiste empor, und das Beste schwebet allezeit oben. Aber die unreinen Materien und Hefen läßts im Grunde bleiben, als ein todt Aas und nichtig Ding. Also auch, wenn man gebrannten Wein machet, da wird die ganze Substanz und Wesen durchs Feuer ausgezogen, und kömmt die Kraft in die Höhe; was übrig ist, bleibt unten im Grunde, und es riecht noch schmecket nicht, sondern es ist ein unförmlich Wasser. Dergleichen wird auch aus der Zimmetrinde und Muskatennuß alle Kraft und Macht ausgezogen und abgesondert, wenn man daraus ein Wasser brennet oder ein Oel zurichten will; da wird das Gute in die Höhe geführt, und was da übrig bleibet, das ist ohne Geruch und Schmack, gleichwie ein faul Holz. Eben dergleichen wird Gott auch thun durch den jüngsten Tag und letzte Gericht; damit wird er, als durch ein Feuer, abscheiden, absondern und abtheilen die Gerechten von den Gottlosen. Die Christen und Gerechten werden über sich in den Himmel fahren, und darinnen ewig leben; aber die Gottlosen und Verdammten werden als die Grundsuppe und Hefen in der Hölle bleiben, und darinnen verdammt sein, und im ewigen Joch bleiben.
Martin Luther (1483 – 1546) in seiner „Tischrede vom jüngsten Tage„
Der Herr wolle sich darum auf solche angedeutete Weise weder mit Gold noch Mineralien abmühen. Das ist alles falsch. Es muß das Allerbeste im Himmel und in der Welt dazu sein, vom Oberen und Unteren, welches nah und fern ist. Die Stätte ist überall, wo es anzutreffen ist, aber nicht ein jeglicher ist tüchtig dazu. Es kostet auch gar kein Geld, außer was auf Zeit und Nahrung des Leibes geht, ansonsten könnte es einer mit 2 fl. (Gulden) bereiten und noch weniger: Die Welt muß zum Himmel, und der Himmel wieder zur Welt gemacht werden. Es ist nicht von Erde oder Steinen oder Metall, und doch vom Grund aller Metalle. Aber ein geistiges Wesen, welches von den vier Elementen umgeben ist, welches auch die vier Elemente in eines verwandelt, ein gedoppelter Mercurius, jedoch nicht Quecksilber noch ein anderes Mineral oder Metall.
Jacob Böhme (1575 – 1624) über die Alchemie als innerliches Werk :– aus dem 28. Sendbrief an Valentin Thirnes vom 6.7.1622
Je tiefer das Blau wird, desto mehr ruft es den Menschen in das Unendliche, weckt in ihm die Sehnsucht nach Reinem und schließlich Übersinnlichem. Es ist die Farbe des Himmels, so wie wir ihn uns vorstellen bei dem Klange des Wortes Himmel.
Wassily Kandinsky (1866 – 1944) in: Über das Geistige in der Kunst. 3. Auflage 1912, S.77
Hast du nur gewöhnliche Beschäftigungen, die keine gesammelte Aufmerksamkeit verlangen, dann schau mehr auf Gott als auf deine Arbeit. Hast du aber eine Arbeit, die deine ganze Aufmerksamkeit beansprucht, dann blicke wenigstens von Zeit zu Zeit zu Gott auf, gleich dem Seemann auf offenem Meer: um seine Richtung einzuhalten, schaut er mehr auf den Himmel als auf das Wasser, auf dem er dahinfahrt. So wird Gott mit dir, in dir und für dich arbeiten, und deine Arbeit wird dir Freude bereiten.