Der Herr des großen Lichts, unvergleichlich und unendlich, hat alle Buddha-Länder in allen Vierteln erleuchtet, er hat die Leidenschaften, alle Sünden und Irrtümer beruhigt, er hat das Feuer im Gang der Hölle beruhigt.
Inschrift aus dem Sukhāvatīvyūha Sūtra an der Friedensglocke im Hiroshima Peace Memorial Park
Meister Eckhart-Tür an der Erfurter Predigerkirche / Foto: (c) wak
Im Buch der Geheimnisse steht geschrieben, dass unser Herr dem Volke entbot: „Ich stehe vor der Tür und klopfe und warte, wer mich einlässt, mit dem will ich schmausen.“ Du brauchst ihn nicht zu suchen, nicht da und nicht dort: er ist nicht entfernter als vor der Türe des Herzens, da steht er und harrt und wartet, wen er bereit findet, der ihm auftue und ihn einlasse. Du brauchst ihn nicht in der Ferne zu rufen: ihn kommt das Warten, bist du auftust, härter an als dich. Er bedarf deiner tausendmal mehr als du seiner: das Auftun und das Hineingehen ist nur ein Moment.
Meister Eckhart (1260 – 1328) in seiner Predigt „Von der Dunkelheit“
In: Meister Eckharts Mystische Schriften. In unsere Sprache übertragen von Gustav Landauer. Bearbeitet und neu herausgegeben von Martin Buber. 2. Auflage 1920. S. 27
Der höchste Mensch gebraucht sein Herz wie einen Spiegel. Er geht den Dingen nicht nach und geht ihnen nicht entgegen; er spiegelt sie wider, aber hält sie nicht fest. Darum kann er die Welt überwinden und wird nicht verwundet. Er ist nicht der Sklave seines Ruhms; er hegt nicht Pläne; er gibt sich nicht ab mit den Geschäften; er ist nicht Herr des Erkennens. Er beachtet das Kleinste und ist doch unerschöpflich und weilt jenseits des Ichs. Bis aufs letzte nimmt er entgegen, was der Himmel spendet, und hat doch, als hätte er nichts. Er bleibt demütig.
Dschuang Dsi. Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Aus dem Chinesischen verdeutscht und erläutert von Richard Wilhelm, Jena 1912, S. 59
Ich versuche nicht, Herr, zu Deiner Höhe zu dringen, weil mein Verstand mit ihr in keinen Vergleich zu bringen ist; ich wünsche nur einigermaßen Deine Wahrheit zu begreifen, die mein Herz glaubt und liebt. Denn ich suche nicht zu begreifen, um zu glauben, sondern glaube, um zu begreifen.
O Herr, wenn ich Dich aus Angst vor der Hölle liebe, verbrenne mich dort, und wenn ich Dich in der Hoffnung auf das Paradies liebe, schließe mich dort aus, doch wenn ich Dich aus Liebe zu Dir selbst liebe, entziehe mir nicht Deine göttliche Schönheit.
„Der Schwebende“ von Ernst Barlach in der Kölner Antoniterkirche / Foto: (c) wak
Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe bringe, wo man sich hasst, dass ich Versöhnung bringe, wo man sich kränkt, dass ich Einigkeit bringe, wo Zwietracht ist, dass ich Wahrheit sage, wo Irrtum ist, dass ich den Glauben bringe, wo Zweifel quält, dass ich die Hoffnung bringe, wo Verzweiflung droht, dass ich die Freude bringe, wo Traurigkeit ist, dass ich das Licht bringe, wo Finsternis waltet.
Herr hilf mir, dass ich nicht danach verlange, getröstet zu werden, sondern zu trösten. Dass ich nicht danach verlange, verstanden zu werden, sondern zu verstehen.
Dass ich nicht danach verlange, geliebt zu werden, sondern zu lieben. Denn: Wer gibt, der empfängt, wer verzeiht, dem wird verziehen, wer stirbt, der wird zum ewigen Leben geboren.
„Ich möchte, dass man hier die Zeit hören und spüren kann. Die Menschen können viel tun, aber sie können nicht gegen die Zeit kämpfen. Gott ist der Herr der Zeit.“ ~ Christian Boltanski (1944 – 2021)
Christian Boltanskis Installation „Vanitas“ besteht aus zwei Teilen, einem visuellen und einem akustischen. An einer Wand im Raum der Chorkrypta (1181 – 1200) des spätromanischen Salzburger Doms hat er zwölf skizzenhafte, feingliedrige Figuren aus Metallblech befestigt, die von Kerzen angeleuchtet werden. Im flackernden Licht werfen sie Schatten an die Wand, während in der Apsis die Projektion eines schattenhaften Todesengels langsam Kreise zieht. Dazu ertönt beständig wiederholt die automatische Zeitansage.
Das Schattenspiel des Künstlers ist ein moderner „Totentanz“ während dessen Betrachtung hörbar die Zeit verrinnt.