Zu unserer göttlichen Natur aufrufen

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Wahre religiöse Führer … sollten nicht erlösen. Sie haben vielmehr zur Umkehr aufgerufen, zur Metanoia, zur Wende nach innen, zum Wesentlichen hin, zu unserer göttlichen Natur. Aber der Mensch hat die Religionsstifter lieber zur Ehre der Altäre erhoben und betet sie an, statt diese Metanoia, die sie vorgelebt haben, an sich selbst zu vollziehen. Denn der Weg der Verwandlung ist lange und beschwerlich.

Willigis Jäger (1925 – 2020) in: Suche nach dem Sinn des Lebens. Bewusstseinswandel auf dem Weg nach innen. Petersberg, 5. Auflage 1999, S. 181

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Buddha im eigenen Geist finden

Skizze Antony Gormley / Foto: (c) wak

Es ist ganz unmöglich,
Buddha woanders zu finden
als im eigenen Geist.

Jemand, der das nicht weiß,
mag zwar im Außen suchen,
aber wie ist es möglich,
sich selbst zu finden,
wenn man woanders sucht
als in sich selbst?

Wer sein eigenes Wesen außen sucht,
gleicht einem Narren,
der, bei einem Auftritt vor einer Menschenmenge,
vergisst, wer er ist,
und überall herumsucht,
um sich zu finden.

Padmasambhava (756-796)

Gott überall in gleicher Weise erkennen

Erfurter Gedenktür für Meister Eckhart / Foto: (c) wak

Ein Mensch gehe auf dem Felde [und spreche sein Gebet] und erkenne Gott, oder er sei in der Kirche und erkenne Gott: wenn er Gott darum, weil er an einem Ruheplatz ist, eher erkennt, so kommt das von seiner Schwäche, nicht von Gott, denn Gott ist in allen Dingen und an allen Orten gleich und ist bereit, soweit es an ihm ist, sich überall in gleicher Weise zu geben, und der erkennte Gott richtig, der ihn überall in gleicher Weise erkennte.

Von der Erkenntnis Gottes. In: Meister Eckharts mystische Schriften. In unsere Sprache übertragen von Gustav Landauer. Bearbeitet und neu herausgegeben von Martin Buber Berlin 2. Auflage 1920, S. 63

Gott in sich selber suchen

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Ich stelle mir vor, dass es Menschen gibt, die beim Beten die Augen zum Himmel erheben. Sie suchen Gott ausserhalb ihrer selbst. Es gibt auch andere, die den Kopf senken und in den Händen verbergen, ich glaube, diese Menschen suchen Gott in sich selbst.

Etty Hillesum (1914 – 1943)

Nichts anderes wollen und begehren

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Wenn ein starkes Gewitter in einem aufsteht, sollte sich der Mensch geradeso benehmen, wie die Leute tun, wenn ein Wetter heraufkommt, Regen und Hagel: sie fliehen unter ein Dach und warten, bis das Unwetter vorbei ist.
Geradeso soll sich der Mensch verhalten, wenn er aufrichtig in sich befindet, dass er nichts anderes will noch begehrt, ausser was Gottes ist.

Johannes Tauler (1300 – 1361)

Ohne Wissen zu Gott streben

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Wer auf mystische Weise Gott erkennen will, muss über alle Vernunfterkenntnis hinaus, auch sich selbst lassend, sich in die Dunkelheit werfen. Dann wird er finden, wie das, was der Verstand für unmöglich hält, nämlich das Zugleich von Sein und Nichtsein, die Notwendigkeit selbst ist.
Dionysius sagt, dass man, seine Erkenntnisse selbst mit Füßen tretend, ohne Wissen zu Gott streben muss, weil es dann zu jener Vereinigung kommt, in der es ohne Erkenntnis Gewissheit gibt, wo die Dunkelheit Licht und die Unwissenheit Wissenschaft ist.
Niemand kann auf mystische Weise Gott schauen als allein in der Dunkelheit des Ineinsfallens der Gegensätze.

Nikolaus von Kues (1401 – 1464)

Alles liegt an der Liebe

Alles liegt an der Liebe. Hat jemand Böses getan, so bleibt es ihm; das Gute wird der Liebe zugeschrieben. … Die Liebe zieht auch alles Gute an sich, das im Himmel in den Engeln und den Heiligen ist und in aller Märtyrer Leiden; und ferner all das Gute, das die Geschöpfe Himmels und der Erden in sich haben und wovon ein so großer Teil verlorengeht oder doch verloren scheint. Die Liebe lässt es nicht verlorengehen. Die Lehrmeister und die Heiligen sagen, dass im ewigen Leben eine gar große Liebe herrsche; wenn (dort) eine Seele erkenne, dass eine andere mehr Liebe besitze als sie selbst, so freue sich diese Seele darüber so sehr, als ob sie diese Liebe selbst besitze. Und je mehr ein Mensch (auf Erden in seiner Haltung) jener Seele gleicht, umso herrlicher wird sein Glück im ewigen Leben sein.

Johannes Tauler (1300 – 1361) in seiner Predigt „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Luk. 6, 36 f.)

Gebet das tausend Wohltaten mit sich bringt

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Es ist eine Kunst, Gebete so zu verrichten, dass der Verstand – sogar beim mündlichen Beten – sich viel rascher sammelt, und es ist ein Gebet, das tausend Wohltaten mit sich bringt; man nennt es Sammlung, weil die Seele all ihre Vermögen sammelt und in ihr Inneres zu ihrem Gott einkehrt. Es kommt ihr göttlicher Meister rascher zu ihr, um sie zu unterweisen und ihr das Gebet der Ruhe zu schenken als auf irgendeine andere Weise.

Teresa von Avila (1515 – 1582) in: Der Weg der Vollkommenheit, Kapitel 47

Den Grund des Herzens öffnen

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Im Licht innerer Schau öffnet sich der Grund des Herzens, weitet sich in Gott und wird so über das Weltall erhoben. Die Seele des Schauenden wird über sich selbst hinausgehoben. Wenn das Licht Gottes sie über sich selbst hinausreißt, wird sie in ihrem Inneren ganz weit; wenn sie von oben hinabschaut, kann sie ermessen, wie klein das ist, was ihr unten unermesslich schien.

Gregor der Große (ca. 540 – 604)

Zum Geist der Einheit erwachen

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Wenn der Mensch zum Geist der Einheit erwacht und die Einheit hinter allen Dingen sieht, ändert sich sein Blickwinkel Die Sichtweise wird anders, und seine Einstellung ändert sich dadurch. Es gibt nichts und niemanden, der von ihm getrennt ist, so dass er alles als das Selbst eines jeden Wesens erlebt. Wenn das Bewusstsein des äußeren Selbst verschwunden ist, dann ist alles, was vor ihm erscheint, sein Selbst.

Hazrat Inayat Khan (1882 – 1927)