In dem Maße, wie der Mensch in sich eindringt, dringt er auch in Gott ein, und in dem Maße, wie er in Gott eindringt, gelangt er auch zu sich selbst. Will er Gott wirklich finden, so muß er bis zu jener Tiefe seiner selbst hinabsteigen, wo er nur mehr das Bild Gottes ist, wo sich an seinem Grundquell nur noch Gott findet. Vorher gelangt der Mensch unmittelbar stets nur zu Gott, wie sein Denken oder Bewußstein ihn widerspiegelt. Zweifelsohne geht seine Liebe weiter als seine Erkenntnis, so dass die Flamme seiner Liebe direkt zum Herzen Gottes geht. Allein es gibt auch Tiefen der Liebe, die nur möglich scheinen, wenn die letzten Falten des Seins klargelegt sind.
Henri Le Saux (1910 – 1973) in: Indische Weisheit – Christliche Mystik. Luzern 1968, S.120
Je weniger Form in der Religion, um so besser; denn Gott ist Geist. Je geistiger unser Gottesdienst, um so näher der Natur Gottes, je schweigender, um so angepasster der Sprache Gottes.
Illustration zu Jacob Böhme „Dreyfaches Leben“, 1682
1621 hat Böhme sein Durchbruchserlebnis aus dem Jahr 1600 und die ihm dabei von der göttlichen Weisheit zuteilgewordenen Offenbarungen noch einmal kurz beschrieben: „Dann ich sahe und erkante das Wesen aller Wesen, den Grund und Ungrund: Item, die Geburt der H. Dreyfaltigkeit, das Herkommen und den Urstand dieser Welt, und aller Creaturen, durch die Göttliche Weisheit: Ich erkannte, und sahe in mir selber alle drey Welte, als (1.) die Göttliche Englische oder Paradeisische; Und dann (2.) die finstere Welt, als den Urstand der Natur zum Feuer; Und zum (3.) diese äussere, sichtbare Welt, als ein Geschöpf und Ausgeburt, oder als ein ausgesprochen Wesen aus den beyden inneren geistlichen Welten. Ich sahe und erkante das gantze Wesen in Bösem und Guten, wie eines von dem andern urständete, und wie die Mutter der Gebärerin wäre, daß ich mich nicht allein hoch verwunderte, sondern auch erfreuete“ 1.. In dieser kurzen zusammenfassenden Schilderung macht Böhme deutlich, dass sich die göttliche Weisheit, die er auch „die Blume des Lichtes aus dem Hertzen GOttes“ nennt, wie ein ewiges Band durch das Ganze seiner geistigen Schau zieht.
1 Jakob Böhme, Briefe 12, 7 f.
Roland Pietsch: Göttliche Weisheit – Die Blume des Lichts aus dem Herzen Gottes (I)
Der erste Teil des umfangreichen Beitrages von Roland Pietsch kann hier nachgelesen werden:
MAGISCHE BLÄTTER, BUCH X CIII. Jahrgang, Mai 2022, Heft 5 / Thema: VON JACOB BÖHME ÜBER DIE ROMANTIK ZUM BÖHME-BUND
Titus Brandsma in seiner Häftlingskleidung / Foto: Archiv
Wir dürfen keine Trennung zwischen Gott und der Welt in unserem Herzen vornehmen, wir müssen vielmehr die Welt stets vor dem Hintergrund Gottes betrachten.
Im täglichen Gebet habe ich nichts gefunden, als die Bewegung des Körpers, und im Fasten nichts anderes als den Hunger. Was ich besitze, ist nur von Seiner Gnade und nicht von meinen Taten. Wahrlich, nichts kann man durch seine Bestrebungen und Anstrengungen gewinnen. Aber der Glückliche ist der, der auf seinem Wege weiter wandert, bis er unter seinen Füßen den verborgenen Schatz der Gnade Gottes findet!
Auf jeden Fall wollen wir nicht vergessen, dass Zen immer danach strebt, uns die Wirklichkeit unmittelbar erkennen zu lassen. Das bedeutet, die Wirklichkeit selbst zu sein, so daß wir mit Meister Eckhart sagen können: „Christus wird jede Minute in meiner Seele geboren“ oder „Gottes Istheit ist meine Istheit“. Wir wollen dies in unserem Bewusstsein behalten, wenn wir uns bemühen, Zen zu verstehen…
Einführung von Daisetsu Teitaro Suzuki (1870 – 1966) zu dem Buch seines Freundes Shibayama Zenkei (1894-1974), A Flower Does not Talk. / Zen in Gleichnis und Bild, München 1974. Suzuki schrieb dies einen Tag vor seinem Tod.
Wie nun Gott in der Welt wohnet, und alles erfüllet, und doch nichts besitzet; und das Feuer im Wasser wohnet und das nicht besitzt; und wie das Licht in der Finsternis wohnet und die Finsternis doch nicht besitzet; der Tag in der Nacht und die Nacht im Tage; die Zeit in der Ewigkeit und die Ewigkeit in der Zeit: Also ist auch der Mensch geschaffen. Er ist nach der äußern Menschheit die Zeit, und in der Zeit; und die Zeit ist die äußere Welt, das ist auch der äußere Mensch. Und der innere Mensch ist die Ewigkeit, und die geistliche Zeit und Welt; welche auch stehet in Licht und Finsternis, als in Gottes Liebe, nach dem ewigen Licht; und in Gottes Zorn, nach der ewigen Finsternis: welches in ihm offenbar ist, darinnen wohnet sein Geist, entweder in der Finsternis, oder im Lichte.“
Jakob Böhme (1575 – 1624) in: Von der neuen Wiedergeburt. Zitiert von Ronald Steckel in: Texte zum Geistigen im Film. Organisation zur Umwandlung des Kinos. Sector 16, Ronnenberg 2017, S. 17
Abbildung des Kupferstichs aus dem „Jakob Böhme Lesebuch“
Im Wasser lebt der Fisch, die Pflanze in der Erden, Der Vogel in der Luft, die Sonn’ am Firmament, Der Salamander muss im Feu’r erhalten werden, Und Gottes Herz ist Jacob Böhmens Element.
Widmungvon Angelus Silesius für Jakob Böhme
In der ursprünglichen Version heißt die letzte Zeile: „Im Herzen Jesu ich als meinem Element.„
Angelus Silesius / Johannes Scheffler (1624–1677). Cherubinischer Wandersmann, Viertes Buch, 32. Eines jeden Element. Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 3, München 1952, S. 113.
Der Himmel ist rein und klar ohne Flecken; den Himmel berührt weder Zeit noch Raum. Alle körperlichen Dinge haben darin keine Stätte. Er steht auch nicht innerhalb der Zeit, sein Umlauf ist unglaublich schnell; sein Lauf ist zeitlos, von seinem Laufe aber kommt die Zeit. Nichts hindert die Seele so sehr an der Erkenntnis Gottes wie Zeit und Raum. Zeit und Raum sind Stücke, Gott aber ist eines. Soll daher die Seele Gott erkennen, so muss sie ihn erkennen oberhalb von Zeit und Raum; denn Gott ist weder dies noch das, wie diese irdischen mannigfaltigen Dinge es sind: denn Gott ist Eines.
Predigt 36: Wisset, dass das Reich Gottes euch nahe ist. (Luk. 21, 31) von Meister Eckhart (1260 – 1328)
Die ganze Predigt von Meister Eckhart kann hier nachgelesen werden:
MAGISCHE BLÄTTER BUCH VIII CII. JAHRGANG WINTER 2021/2022
Wir werden ein heilig Priesterlich Leben führen, und alle von Gottes Weisheit und ewigen Wundern reden: denn die göttliche Magia hat Wunder ohne Zahl: je mehr gesuchet wird, je mehr ist da, und das ist die Vermehrung des Willens Gottes.
Jakob Böhme (1575 – 1624) in: 40 Fragen von der Seelen, 40. Frage, 4–10
Der ganze Beitrag „Vom Ende der Welt und dem ewigen Leben“ mit Gedanken von Jakob Böhme kann hier nachgelesen werden:
MAGISCHE BLÄTTER BUCH VIII CII. JAHRGANG WINTER 2021/2022