Das Innere ist dein wahres Wesen

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Willst du dich selbst erkennen, so wisse, daß du aus zwei Dingen geschaffen bist. Das eine ist diese äußere Hülle, die man Leib nennt und mit dem äußeren Auge sehen kann. Das andere ist jenes Innere, das man bald Seele, bald Geist und bald Herz nennt, und das nur von dem inneren Auge erkannt werden kann. Dies Innere ist dein wahres Wesen, alles andere ist nur sein Gefolge, sein Heer und seine Dienerschaft.

Abu Hamid al-Ghazali (1058 – 1112) In: Das Elixier der Glückseligkeit

… dass es Gold werden kann

Umschlagbild der Erstausgabe

…dies Erz ist Kupfer,
das hat in seiner Natur,
dass es Gold werden kann,
darum ruht es nicht,
bis es eben diese Natur erreicht.

Meister Eckhart (1260 – 1328)

Vom christlichen Standpunkte aus gesehen war die Alchemie etwas wie ein natürlicher Spiegel der offenbarten Wahrheiten: der Stein der Weisen, der die unedlen Metalle in Silber und in Gold zu verwandeln vermag, ist ein Abbild Christi, und seine Entstehung aus dem „nicht brennenden Feuer“ des Schwefels und dem „beständigen Wasser“ des Quecksilbers gleicht der Geburt des Christus- Emanuel.

Durch ihre Angleichung an den christlichen Glauben wurde die Alchemie geistig befruchtet, während das Christentum in ihr einen Weg gewann, der über die Betrachtung der Natur zur wahren Gnosis führen konnte.

Man hat oft das siebzehnte Jahrhundert als die eigentliche Blütezeit des europäischen Hermetismus bezeichnet. In Wirklichkeit aber setzt dessen Zerfall schon mit dem fünfzehnten Jahrhundert ein, in eben dem Maße, als die humanistische und grundsätzlich schon rationalistische Entwicklung des abendländischen Denkens jeder geistig intuitiven Gesamtschau den Boden entzieht. Es ist wahr, daß zunächst, um die Wende zur Neuzeit, die Elemente einer echten Gnosis, durch die einseitig gefühlsmäßige Richtung der späten christlichen Mystik auf der einen und durch den agnostischen Hang der Reformation auf der anderen Seite aus dem theologischen Bereiche verdrängt, in der spekulativen Alchemie eine Zuflucht finden. In diesen Zusammenhang gehören Erscheinungen wie die hermetischen Anklänge bei Shakespeare, Jakob Boehme und Johann Georg Gichtel.

Titus Burckhardt (1908 – 1984): Alchemie. Sinn und Weltbild. Olten / Freiburg, 1960.

Neu herausgegeben im Chalice-Verlag: https://chalice-verlag.de/alchemie-alchimie/

Sanftmut und Liebe zur Welt

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Der Mystiker liebt diese Welt, liebt den Nächsten, tut alles für ihn, aber schon nicht mehr um Lohn, nicht um Dankbarkeitserweise zu erhalten. Er tut es umsonst, er weiß nicht einmal, daß er es tut. Es freut ihn, wenn der andere sich freut, daß er für ihn da ist, ohne es zu wissen. Es bedeutet eine Sanftmut, eine Liebe zur Welt, zu den Menschen, und nicht nur zum „Nächsten“, wie man sagt; jeder Mensch ist „der Nächste“, jedes Tier, jede Pflanze. Es ist die Sehnsucht nach anderen Welten, die Sehnsucht nach der großen Einheit von Diesseits und Jenseits, Erde und Himmel, wo alle Generationen in einem da sind, alle deine Wünsche, deine Gedanken, deine Hoffnungen erfüllt sind. Wenn du dich danach sehnst, kann der Weg beginnen.

Friedrich Weinreb (1910 – 1988)

Gott in sich selbst suchen

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In mir gibt es einen ganz tiefen Brunnen. Und darin ist Gott. Manchmal ist er für mich erreichbar. Aber oft liegen Steine und Geröll auf dem Brunnen, und dann ist Gott begraben. Dann muss er wieder ausgegraben werden. Ich stelle mir vor, dass es Menschen gibt, die beim Beten die Augen zu Himmel erheben. Sie suchen Gott außerhalb ihrer selbst. Es gibt auch andere, die den Kopf senken und in den Händen verbergen: ich glaube, diese Menschen suchen Gott in sich selbst.

Etty Hillesum (1914 – 1943)

Diener für alle Lebewesen

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Möge ich den Schutzlosen ein Beschützer sein, ein Führer den Reisenden, denen, die zum anderen Ufer wollen, ein Boot, ein Damm, eine Brücke, eine Lampe für die, die eine Lampe brauchen, ein Bett für die, die ein Bett brauchen, ein Diener für alle Lebewesen, die einen Diener brauchen.

Shantideva (685 – 763) in „Anleitung zum Leben als Bodhisattva“

Sie sind ein göttlicher Wanderer

Via Lewandowsky: Geist / Foto: (c) wak

Ein Besucher der Einsiedelei von Yogananda äußerte seinen Zweifel über die Unsterblichkeit des Menschen. Yogananda sagte ihm: „Versuchen Sie sich klarzumachen, dass Sie ein göttlicher Wanderer sind. Sie leben nur für kurze Zeit hier und reisen dann in eine ganz andere, faszinierende Welt weiter. Begrenzen Sie Ihren Gesichtskreis nicht auf ein kurzes Leben und eine kleine Erde. Rufen Sie sich vielmehr die Unermesslichkeit des GEISTES in Erinnerung, der in Ihnen wohnt.“

Denn er wird Frieden lehren

Illustration aus dem Codex Gisle / Foto: (c) wak

Aber du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm, und reitet auf einem Esel und auf einem jungen Füllen der Eselin.

Denn ich will die Wagen abtun von Ephraim und die Rosse von Jerusalem, und der Streitbogen soll zerbrochen werden; denn er wird Frieden lehren unter den Heiden; und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis ans andere und vom Strom bis an der Welt Ende.

Sacharja 9:9-10 / Luther Bibel 1545