Schweigen ist eine mystische Tätigkeit

Cover eines Buches von Dorothee Sölle

Schweigen ist eine mystische Tätigkeit. Dieses Schweigen ist das, was nach den Worten kommt. Es ist nicht das Schweigen derer, die noch gar keine Worte gefunden haben. Es gibt ein Schweigen vor der Rede und es gibt ein Schweigen danach. Aber hier ist das Schweigen danach gemeint. Die Leute verstehen dieses Schweigen. Es ist vielleicht wirksamer als vieles Reden

Dorothee Sölle (1929 – 2003). Mystik und Widerstand. Vortrag vom 9. Juni 1983 in der Kirche zu Predigern, Zürich

http://doi.org/10.5169/seals-143077

Dorothee Sölle – Mystik und Widerstand

Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schwebende – Ernst Barlach (1870 – 1938) / Dorothee Sölle (1929 -2003)

In der Kölner Antoniterkirche fand viele Jahre das „Politische Nachtgebet“ statt, das Dorothee Sölle mit geprägt hat.

Rüdiger Sünner: Mystik und Widerstand – Zur Erinnerung an Dorothee Sölle. Mit Fulbert Steffensky, Margot Käßmann, Antje Vollmer, Bärbel Wartenberg-Potter u. a. Atalante Film 2013, Absolut Medien ISBN 978-3-8488-4006-9.

Siehe auch hier: https://www.dorothee-soelle.de/

5.000 Beiträge bei Mystik aktuell

Foto: (c) wak

5.000 Beiträge sind es heute, die seit September 2010 im Blog „Mystik aktuell“ erschienen sind. Vor allem Texte und Gedanken aus Buddhismus und Christentum, aus dem Judentum, dem Hinduismus, sufischen Traditionen des Islam und den Traditionen Chinesischer Religionen haben hier ihren Platz gefunden.

An dieser Stelle seien nur ganz wenige der zahlreichen Autorinnen und Autoren und Bewegungen namentlich alphabetisch hervorgehoben und ganz besondere Texte genannt – die hier nicht genannten sind deshalb nicht weniger wichtig:

Angelus Silesius, Aurobindo, Beginen, Bernard Glassmann, Bo Yin Ra / Josef Anton Schneiderfranken, Buddha, Chögyam Trungpa, David Steindl-Rast, Dorothee Sölle, Dzogchen, Gustav Landauer, Hildegard von Bingen, Hugo M. Enomiya-Lassalle, Ignatius von Loyola, Jack Kornfield, Jakob Böhme, Jesus, Johannes Tauler, Johannes vom Kreuz, Lao Tse, Marguerite Porete, Martin Buber, Mechthild von Magdeburg, Meister Eckhart, Nikolaus von Flüe, Nikolaus von Kues, Pema Chödrön, Pyar Rauch, Ramakrishna, Ramana Maharshi, Rumi / Mevlana, Simone Weil, Teresa von Avila, Thich Nhat Hanh, Thomas Merton, Vivekananda, Wayne Teasdale, Willi Massa, Willigis Jäger, Wüstenmütter und –väter…

„Der Ochse und sein Hirte“, „Thomas-Evangelium“, „Wolke des Nichtwissens“ „Tao Te King“…

Noch viele andere ließen sich hier noch nennen, deren Anstöße und Gedanken mir wichtig sind.

Die bisherigen Zitate von ihnen und die noch folgenden sollen Anregungen geben und Brücken bauen auf einem spirituellen Weg, der für jede und jeden Einzelnen, wir mir meine eigene Entwicklung zeigte, sehr verschiedene Ausprägungen hat. Weit über die eigene spirituelle Herkunft hinausgehend, versuchen die Texte dieser Autorinnen und Autoren aus meiner Sicht, immer wieder neue Zugänge zu ermöglichen: interreligiös, interspirituell, transkonfessionell, interkulturell. Als tägliche Begleiter laden sie ein, die eigene Verortung neu zu formulieren oder zu vertiefen.

Werner Anahata Krebber, 19. Februar 2023

Erfahrung der Einheit und Ganzheit

Mystik ist die Erfahrung der Einheit und der Ganzheit des Lebens. Mystische Lebenswahrnehmung, mystische Schau ist dann auch die unerbittliche Wahrnehmung der Zerrsplitterung des Lebens. Leiden an der Zerrsplitterung und sie unerträglich finden, das gehört zur Mystik. Gott zersplittert zu finden in arm und reich, in oben und unten, in krank und gesund, in schwach und mächtig, ist das Leiden der Mystiker.

Fulbert Steffensky (* 1933) im Gespräch mit Dorothee Sölle (1929 – 2003) in dem Buch „Mystik und Widerstand“ Freiburg/Br. 2014, S. 30

Mehr Inspirationen nahezu täglich hier: https://wernerkrebber.wordpress.com/

Den Kosmos und die Seele erfüllen

Das Bild vom Leben
spricht in schöner
mystischer Übertreibung
und zugleich
durchaus realistisch
von drei Qualitäten,
die allen offen stehen:

  • grenzenlos glücklich,
  • absolut furchtlos,
  • immer in Schwierigkeiten.

Es gibt Menschen,
die das „stille Geschrei“,
das Gott ist,
nicht nur hören,
sondern es auch hörbar machen
als die Musik der Welt,
die den Kosmos und die Seele
auch heute erfüllt.

Dorothee Sölle (1929 – 2003) im Schlusswort des Buches „Mystik und Widerstand“. Freiburg/ Br. 2014, S. 389

Die wirkliche mystische Reise

Mystik und Transformation stehen für ich in einem nicht auflösbaren inneren Zusammenhang. Ohne wirtschaftliche und ökologische Gerechtigkeit, kurz „ecojustice“ genant, oder Gottes besondere Vorliebe für die Armen und für diesen Planeten – scheint mir die Gottesliebe und die Sehnsucht nach dem Einswerden eine atomistische Illusion. Der im privaten Erlebnis angeeignete Seelenfunke kann zwar die Suche nach Gnosis im weisesten Sinn des Wortes bedienen, aber auch nicht mehr. Die wirkliche mystische Reise hat ein größeres Ziel als das, uns „positiv denken“ zu lehren und sowohl unsere Kritik- wie unsere Leidensfähigkeit einzuschläfern.

Dorothee Sölle (1929 – 2003) in: Mystik und Widerstand. Freiburg/Br. 2014, S. 140

Reise in diese Welt

Foto: © wak

Das für unsere Kultur relevante Symbol der Einheit von Gottesliebe und Solidarität ist Christus. Leben wie Christus gelebt hat, „gesinnt sein wie er war“ (Phil 2, 5) bedeutet die konsequente Weigerung, die Gottheit „Fatum“, die uns einredet, „so ist es eben, so war es immer“, an irgendwelchen Stellen des Lebens weiter anzubeten. Es bedeutet die Hinreise zur Entäußerung und Hingabe des Ich und die Rückreise mitten in diese Welt. Es bedeutet sterben lernen und auferstehen. Statt auferstehen können wir auch sagen: die Rückreise aus einer Art Tod in das Leben antreten.

Dorothee Sölle (1929 – 2003) in: Die Hinreise, Stuttgart 1975

Mystik lesen – Pfade zum Selbst | work in progress…

Es gibt so viele Definitionen von Mystik, wie es Menschen gibt, die sich damit beschäftigen. Denn in der Mystik geht es um den Sinn des Lebens. Und deshalb bringt jeder seine persönliche Lebenshaltung mit ein.

Friedrich Heiler (1892 – 1967)

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Sehen mit dem Dritten Auge ist die Sichtweise der Mystiker. Sie lehnen das Erste Auge nicht ab. Die sinnlichen Wahrnehmungen bedeuten ihnen etwas. Aber sie wissen, es gibt mehr. Sie lehnen auch das Zweite Auge nicht ab. Aber sie verwechseln Wissen nicht mit Tiefe und bloße korrekte Information nicht mit der Transformation des Bewusstseins selbst. Der mystische Blick baut auf das Erste und Zweite Auge auf – aber er reicht weiter. Er ereignet sich immer dann, wenn aufgrund eines wunderbaren „Zufalls“ der Raum unseres Herzens, der Raum unseres Verstandes sowie unsere Körperwahrnehmung gleichzeitig geöffnet und nicht-resistens sind. Ich nenne dies gern Präsenz. Präsenz wird als ein Moment tiefer innerer Verbundenheit erfahren und sie zieht uns unweigerlich in das nackte und ungeschützte Hier und Jetzt hinein.

Richard Rohr (*1943) in: Pure Präsenz. Sehen lernen wie die Mystiker. München, 2010

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Der Fromme von morgen wird ein ‚Mystiker‘ sein, einer, der etwas ‚erfahren‘ hat, oder er wird nicht mehr sein, weil die Frömmigkeit von morgen nicht mehr durch die im Voraus zu einer personalen Erfahrung und Entscheidung einstimmige, selbstverständliche öffentliche Überzeugung und religiöse Sitte aller mitgetragen wird, die bisher übliche religiöse Erziehung also nur noch eine sehr sekundäre Dressur für das religiöse Institutionelle sein kann. Die Mystagogie muss von der angenommenen Erfahrung der Verwiesenheit des Menschen auf Gott hin das richtige ‚Gottesbild‘ vermitteln, die Erfahrung, dass des Menschen Grund der Abgrund ist: dass Gott wesentlich der Unbegreifliche ist; dass seine Unbegreiflichkeit wächst und nicht abnimmt, je richtiger Gott verstanden wird, je näher uns seine ihn selbst mitteilende Liebe kommt.“

Karl Rahner: Frömmigkeit früher und heute. In: Schriften zur Theologie VII, Einsiedeln 1971, S. 22-23

 

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Die Mystiker haben immer wieder betont, dass höhere Erkenntnis und das gelebte höhere Wissen die große Befreiung bewirken. Befreiung wovon? Es ist die Befreiung von den zahllosen Fesseln, die unser Ich davon abhalten, dem Selbst entgegenzugehen, um mit diesem eins zu werden. Höhere Erkenntnis, das heißt Erkenntnis der Existenz einer absoluten Wirklichkeit, ist das sicherste Mittel für eine solche Befreiung.

René Bütler (1923 – 2016)

 

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Ein Buch aufschlagen
und die Worte finden,
die mich be/treffen.

w.a.k.

 

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Mystik lesen – Pfade zum Selbst. Überschrift über einen Text, der für jede und jeden mit anderem Inhalt gefüllt wird.
w.a.k.