Tiefere Schau nach innen vermitteln

… Es wäre grober Irrtum, wollte man meinen, daß jedes moderne Bild gut sein müsse, nur weil es eben modern ist, und ebenso wäre es verfehlt, würde man von vornherein einen Künstler abtun, nur weil er sich nicht der gegenwärtig vorherrschend gebräuchlichen Ausdrucksmittel bedient; maßgebend allein ist die Gesinnung, welche dem Künstler Antrieb zum Schaffen wird, denn aus ihr heraus werden sich entweder seine Werke zu Stufen entwickeln, die immer höhere geistige Erkenntnis, immer tiefers Schauen nach innen vermitteln – oder aber die ganze Produktion des Malers, der nicht mehr Künstler zu nennen ist – wird sich auf einer Ebene vollziehen, die nur in dem Streben nach besonders ergiebiger Wirtschaftlichkeit aufgesucht wird. …

Friedrich Rudolf Schwemmer in seinem Beitrag „Kunst und Kunstbetrachtung“. Erschienen in: Magische Blätter, Monatsschrift für geistige Lebensgestaltung, VII. Jahrgang, S. 52 – 62, Verlag Magische Blätter, 1926, Leipzig

Der ganze Beitrag Schwemmers ist aktuell hier zu lesen:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH VIII
CII. JAHRGANG WINTER 2021/2022

Januar 2022: Sakralkunst

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Die wirkliche mystische Reise

Mystik und Transformation stehen für ich in einem nicht auflösbaren inneren Zusammenhang. Ohne wirtschaftliche und ökologische Gerechtigkeit, kurz „ecojustice“ genant, oder Gottes besondere Vorliebe für die Armen und für diesen Planeten – scheint mir die Gottesliebe und die Sehnsucht nach dem Einswerden eine atomistische Illusion. Der im privaten Erlebnis angeeignete Seelenfunke kann zwar die Suche nach Gnosis im weisesten Sinn des Wortes bedienen, aber auch nicht mehr. Die wirkliche mystische Reise hat ein größeres Ziel als das, uns „positiv denken“ zu lehren und sowohl unsere Kritik- wie unsere Leidensfähigkeit einzuschläfern.

Dorothee Sölle (1929 – 2003) in: Mystik und Widerstand. Freiburg/Br. 2014, S. 140

In den einfachen Dingen die göttliche Wirklichkeit erfahren

 

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Gott manifestiert sich im Alltag – und nur da ist er zu finden. Meister Eckehart hat diese Wahrheit sehr plastisch an seiner eigenwilligen Auslegung der biblischen Geschichte von Maria und Martha (Predigt 28*) dargestellt. Nicht Maria, die in Verzückung zu Jesu Füßen sitzt, sollte Vorbild sein, sondern Martha, die sich abrackert und Jesus bedient. Martha ist auf dem spirituellen Weg weiter als Maria, sie kennt die mystische Erfahrung und lässt ihren Alltag davon durchdringen, während Maria sich noch in den Freuden der Verzückung ergeht. Maria muss durch ihre Erleuchtungserfahrung noch hindurchgehen, um wieder in den Alltag zu kommen. Dort, in den einfachen Dingen, gilt es, die göttliche Wirklichkeit zu erfahren. Gott will nicht verehrt, er will gelebt werden. Nur aus diesem Grund sind wir Mensch geworden, weil Gott in uns Mensch sein möchte.

Willigis Jäger in: Die Welle ist das Meer. Mystische Spiritualität Freiburg/Br. 2000, S. 26 – 27

(* zu Lukas 10, 38. In: Meister Eckhart, Deutsche Predigten und Traktate. Herausgegeben und übersetzt von Josef Quint. München / Wien 1965, S. 280 – 289)

Blick auf die ursprüngliche Gleichheit

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Seit die Habsucht den Adel der Natur zerstört hat und sich sogar des Gesetzes zur Förderung der Herrschaft des Stärkeren über die Schwachen bedienen kann, ist die Gleichheit des Menschengeschlechts zerstört. Du aber blick auf die ursprüngliche Gleichheit, nicht auf die schließliche Zerreißung.

Gregor von Nazianz (um 329 – 390)