Nicht das viele Wissen
sättigt die Seele,
sondern das Spüren und Verkosten
der Dinge von innen her.
Ignatius von Loyola (1491 – 1556)
Gott, gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Autor:
Reinhold Niebuhr ( 1892 – 1971), ein evangelischer Theologe aus den USA, hat das Gebet vor oder während des Zweiten Weltkriegs verfasst. In Briefen datiert Reinhold Niebuhrs Ehefrau es auf 1941 oder 1942
Zugeschrieben:
Friedrich Christoph Oetinger (1702 – 1782); schwäbischer Theosoph.
Geschichte und Quelle:
Dazu ist es gekommen, als der Religionspädagoge Theodor Wilhelm eine deutsche Übersetzung des Gebetes von Niebuhr 1951 in seinem Buch „Wendepunkt der politischen Erziehung“ veröffentlicht hat. Er ließ es unter dem Pseudonym Friedrich Oetinger in Anlehnung an den Theosophen erscheinen. Andere Zuschreibungen nennen unter anderem Dietrich Bonhoeffer, Ignatius von Loyola und Franz von Assisi als Autoren. Auch im „Handbüchlein der Moral“ von Epiktet aus dem 2. Jahrhundert finden sich durchaus Parallelen zum Text des „Gelassenheitsgebetes“.
Eine ausführliche Geschichte zum Gelassenheitsgebet hat die Württembergische Landesbibliothek auf ihrem Webauftritt.
Seele Christi, heilige mich!
Leib Christi, erlöse mich!
Blut Christi, tränke mich!
Wasser der Seite Christi, wasche mich!
Leiden Christi, stärke mich!
O guter Jesus, erhöre mich!
Verbirg in deinen Wunden mich!
Von dir lass nimmer scheiden mich!
Vor dem bösen Feind beschütze mich!
In meiner Todesstunde rufe mich!
Und lass zu dir dann kommen mich,
damit ich möge loben dich
mit deinen Heiligen ewiglich!
Amen.
Das mittelalterliche Christusgebet wurde erstmals 1314/1320 in England in lateinischer Sprache bezeugt. Vermutlich ist es irischen Ursprungs. Anima Christi war eines der Lieblingsgebete des Ignatius von Loyola, der es an den Beginn seiner Geistlichen Übungen („Exerzitien“) stellte.
Mehr zu dem Text hier: https://www.hjhaering.de/anima-christi-einem-gebetstext-auf-der-spur/
Das Ziel östlicher Praktik ist dasselbe wie das der westlichen Mystik: der Schwerpunkt wird vom Ich zum Selbst, vom Menschen zu Gott verschoben; was bedeuten will, dass das Ich im Selbst, der Mensch in Gott verschwindet. Es ist evident, dass Shri Ramana entweder wirklich vom Selbst weitgehend aufgesogen ist, oder doch wenigstens ernstlich und lebenslang danach strebt, sein Ich im Selbst aufzulösen. Ein ähnliches Streben verraten auch die Exercitia Spiritualia (Exerzitien des Ignatius von Loyola. wak) indem sie den „Eigenbesitz“, das Ichsein in möglichst hohem Maße der Besitznahme durch Christum unterordnen.
C.G. Jung (1875 – 1961) Über den indischen Heiligen. Einführung zu Heinrich Zimmer: Der Weg zum Selbst. Lehre und Leben des indischen Heiligen Shri Ramana Maharshi aus Tiruvannamalai, Zürich 1944
… Daher ist die Literatur, deren Funktion eine weltliche ist, mit der Geistlichkeit nicht vereinbar; die eine ist Umweg, Ornament, Schleier, die andere Unmittelbarkeit, Blöße: weshalb man nicht zugleich Heiliger und Schriftsteller sein kann. So ist der Text des Ignatius, meint man, geläutert von jeder Berührung mit den Verführungen und Illusionen der Form, kaum Sprache: er ist einfach der neutrale Weg, der die Vermittlung einer geistigen Erfahrung gewährleistet. Und so bestätigt sich wieder einmal der Platz, den unsere Gesellschaft der Sprache zuweist: sie ist entweder Dekoration oder Instrument.
Roland Barthes über die „Exerzitien“ des Ignatius von Loyola. In: Sade Fourier, Loyola, Frankfurt/M. 1974