Freude des inneren Lebens

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Ich habe festgestellt, dass das innere Gebet auf dreierlei Weise Frucht bringt: im im Geist, in den Gefühlen und in Offenbarungen. In der ersten, zum Beispiel, ist die Süße der Liebe Gottes, der innere Friede, die Fröhlichkeit des Geistes Reinheit der Gedanken und das süße Gedenken an Gott. In der zweiten die angenehme Wärme des Herzens, die Fülle der Freude in allen Glieder, das freudige „Sprudeln“ im Herzen, Leichtigkeit und Mut, Lebensfreude, die Kraft, Krankheit und Kummer nicht zu fühlen. Und zuletzt das Licht, das dem Verstand gegeben wird, das Verständnis der Heiligen Schrift, Erkenntnis der Sprache der geschaffenen Dinge, Freiheit von Aufregung und Eitelkeit, Erkenntnis der Freude des inneren Lebens und schließlich die Gewissheit der Nähe Gottes und seiner Liebe zu uns.

In einem Büchlein „The way of a pelgrim“, das 1883 in Kasan gedruckt wurde nach einer Handschrift, im Besitz eines alten Athosmönches, werden genau die mystischen Erfahrungen der Ostkirche und des Franz von Assisi wiedergegeben / Quelle: A. R. Heyligers in seinem Artikel „Franz von Assisi oder die orientalische Mystik im Westen“

Das Licht des Bewusstseins hervorgraben

Jakob Böhme – in Wort und Bild / Foto (c) wak

Jakob Böhme ist ein Mystiker, wenn man anders dieses so unbestimmte und in neuerer Zeit so herabgewürdigte Wort zur Bezeichnung eines so merkwürdigen Wesens, wie er ist, anwenden kann und darf, aber ein Mystiker, der spekuliert, der innerhalb der Mystik nach Freiheit von Mystizismus, nach klarer Erkenntnis ringt. Die Grundlagen und Anhaltspunkte seiner Gedanken sind die das reine Himmelslicht des Denkens an dem dunkeln Wolkengrunde des Gemüts in die Regenbogenfarben der Phantasie zerstreuenden theologischen Vorstellungen der frühern Zeit, daher er vielen, die sich nur an das trübe Element seiner Grundlage halten, nur als Mystiker oder gar religiöser Schwärmer und Träumer erscheint und sogar in die Hände von Leuten fällt, die mit nichts weniger als mit dem Denken etwas zu schaffen haben wollen, und von ihnen gehegt und gefeiert wird, als wäre er einer ihresgleichen, weil sie unvermögend, die Form vom Inhalt, das Äußere vom Innern, das Partikuläre eines Schriftstellers von seinem Wesen zu unterscheiden, nicht erkennen, wie sehr das alte Sprüchwort: Stille Wasser gründen tief (in einem höhern und edleren Sinne verstanden), bei ihm seine Anwendung findet. Denn der wesentliche Gehalt seines Geistes, auf den er immer und immer wieder zurückkehrt, den er auf alle ihm zu Gebote stehende Weise zu erweisen und zu erörtern sich bestrebt und aus dem Schutthaufen seiner anderweitigen trüben Vorstellungen oft in der reinsten und erhabensten Sprache, fast mit wissenschaftlicher Bestimmtheit an das Licht des Bewußtseins hervorgräbt, ist philosophischer Natur.

Ludwig Feuerbach (1804-1872) in: Geschichte der neueren Philosophie von Bacon bis Spinoza (1833)

https://www.textlog.de/boehme-philosophie.html

Dynamik wahrhaftigen Menschentums

Bronzeplakette von Dankwarth Albersmann / Foto: (c) wak

… In diese Wüste tritt Franz von Assisi. Er ist im Aufspüren der modernen Zeit ein Moderner. Er leugnet nicht Technik. Nicht Wissenschaft. Nicht Statistik. Nicht Politik. Nicht Sozialreform. Das alles ist notwendig. Um, in Deutschland, Menschen leben zu lassen. Denn Deutschland ist nicht Umbrien. Ist nicht Marokko. Ist nicht das „Gelobte Land“. Die äußeren Dinge haben einen Wert. Die Produktivität der Wirtschaft. Die Organisation der Arbeit. Die Lösung des Wohnungsproblems. Franziskus schaut nicht mit oberflächlicher Verachtung auf den „Umbau“ der Dinge. Er will nur, dass , hinter all den anderen Impulsen, die Dynamik des wahrhaftigen Menschentums stehe. Die Freiheit von den äußeren Dingen! Mit denen man hantieren muss. Er will, dass wir durchdringen zur ganz großen Lebenserkenntnis. Berlin braucht diesen Franziskus.

Carl Sonnenschein in „Notizen“. Band 5, S. 74ff. vom 3. Oktober 1926

Erschienen in: Werner Krebber (Hg.): Den Menschen Recht verschaffen. Carl Sonnenschein – Person und Werk. Echter-Verlag, Würzburg, 1996

Unbegreifbares fassen und Unsagbares aussagen

Titelbild einer in Basel gedruckten Ausgabe von Taulers Predigten

Scheint jemandem das Vokabular und die Argumentation Taulers veraltet, so glaube er nicht gleich, Taulers Predigten seien überholt. Sprach und dachte Tauler zeitbedingt, so sprechen und argumentieren auch wir zeitbedingt, dies spricht weder gegen das Gestern noch das Heute. Denn Denken und Sprechen vollziehen sich nicht auf einer unumkehrbaren Fortschrittslinie. Zeitbedingtes von früher zu bedenken, verhilft uns zu innerer Freiheit. Darin wird heutiges Reden und Schreiben relativiert und die genügende Distanz von ihm gehalten, welche das Prüfen und Sichten erlaubt und ermöglicht…

… Es lohnt sich, den Text, so wie er ist, zur Kenntnis zu nehmen, die eigene, sich vielleicht vorschnell vordrängende Meinung einstweilen zurückstellend. Mit der Kritik, Ablehnung oder Befürwortung eilt es nicht. Es könnte sein, dass man beim Lesen von Taulers Predigten überwältigt wird von der geleisteten Bemühung, Unbegreifbares zu fassen und Unsagbares auszusagen.

Vorbemerkung in: Johannes Tauler. Herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von Louise Gnädinger. Zeugnisse mystischer Welterfahrung. Olten 1983, S. 63 – 64

Gesamte Weisheit der Menschheit

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Mystik bringt innere Freiheit und äußere Perspektive. Mystiker hören den Ruf, der sie auffordert, auf ihrem Weg nicht stehen zu bleiben. Es genügt ihnen nicht, sich häuslich niederzulassen, sie müssen immer weitergehen, immer mehr und mehr entdecken… Mystiker sind die Boten des interspirituellen Zeitalters, in welchem die gesamte Weisheit der Menschheit gesammelt und miteinander geteilt wird wie eine gemeinsame Tradition.

Wayne Teasdale (1945 – 2004) in: Das mystische Herz. Spirituelle Brücken bauen. o. O. 2004, S. 324

Eure Quelle der Erlösung

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Wenn die Jünger des Zen über die Welt ihrer Sinne und Gedanken hinaus nicht zu gehen vermögen, dann ist all ihr Tun und Lassen bedeutungslos. Aber wenn ihre Sinne und Gedanken vernichtet sind, bleiben alle Durchgänge zum Allumfassenden Geist verstopft und unbegehbar. Der Urgeist muss erkannt werden, solange die Sinne und Gedanken arbeiten. Er gehört ihnen nicht, ist aber von ihnen auch nicht unabhängig. Bauet eure Ansichten nicht auf euren Sinnen und Gedanken auf. Aber suchet nicht den Geist weitab von euren Sinnen und Gedanken, trachtet nicht danach, dadurch die Wirklichkeit zu erfassen, dass ihr eure Sinne und Gedanken verwerfet. Wenn ihr weder daran haftet noch davon losgelöst seid, dann werdet ihr eure vollkommene, unbehinderte Freiheit genießen, dann werdet ihr eure Quelle der Erleuchtung besitzen.

Huang-Po (+ um 800)

Die Fliege, die den Honig berührt…

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Die Fliege,
die den Honig berührt,
kann die Flügel
nicht mehr bewegen.

Wer sich an süße Gefühle klammert,
zerstört seine spirituelle Freiheit
und verhindert die Kontemplation.

Johannes vom Kreuz (1543 – 1591)

Unser Glück liegt in unserer wahren Natur

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Unser Glück besteht in der Wiedererlangung unserer wahren Natur: der Natur, nach der wir nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, und in der Erfüllung unserer gereinigten natürlichen Fähigkeiten durch übernatürliche Gnade und Herrlichkeit. Unser Glück besteht darin, Gott gleich zu sein, mit ihm identifiziert zu sein, in Christus.

Eines der Dinge, die in unserer Natur verwurzelt sind und uns zum Ebenbild Gottes machen, ist unsere angeborene Freiheit. Gott ist unendlich frei, weil er unendlich mächtig ist und über jede andere Bestimmung erhaben, außer der seiner eigenen Liebe; und Liebe ist ihrem Wesen nach frei.

Thomas Merton (1915 – 1968)