Göttliche Erleuchtungsstunden sind Muscheln,
die im Meere unseres Herzens liegen,
der Morgen der Auferstehung
wirft sie ans Ufer, und sie springen auf.
Mansur Al-Halladsch (858 – 922)
Göttliche Erleuchtungsstunden sind Muscheln,
die im Meere unseres Herzens liegen,
der Morgen der Auferstehung
wirft sie ans Ufer, und sie springen auf.
Mansur Al-Halladsch (858 – 922)
Fragt mich jemand, wo er wohl nach der Buddha-Natur suchen solle, so begegne ich ihm mit meiner Buddha-Natur. Fragt mich jemand nach Bodhisattvas, so zeige ich ihm echtes Mitgefühl, die Eigenschaft jedes Bodhisattvas. Fragt mich jemand nach der Erleuchtung, dann antworte ich ihm durch Nicht-Antworten und zeige ihm somit Unaussprechlichkeit. Fragt mich schließlich jemand nach Nirvana, dann lasse ich ihn teilhaben an der Stille, der Funktion des Nirvana.
Rinzai Gigen Zenji alias Lin-chi (um 850)
Wo der Geist keinen Ort hat,
an dem er stehenbleiben kann,
dort ist die mahâmudrâ gegenwärtig,
die Große Haltung.
Durch die Pflege einer solchen Haltung
erreicht man die höchste Erleuchtung.
Tilopa (988 – 1069)
Wenn die Jünger des Zen über die Welt ihrer Sinne und Gedanken hinaus nicht zu gehen vermögen, dann ist all ihr Tun und Lassen bedeutungslos. Aber wenn ihre Sinne und Gedanken vernichtet sind, bleiben alle Durchgänge zum Allumfassenden Geist verstopft und unbegehbar. Der Urgeist muss erkannt werden, solange die Sinne und Gedanken arbeiten. Er gehört ihnen nicht, ist aber von ihnen auch nicht unabhängig. Bauet eure Ansichten nicht auf euren Sinnen und Gedanken auf. Aber suchet nicht den Geist weitab von euren Sinnen und Gedanken, trachtet nicht danach, dadurch die Wirklichkeit zu erfassen, dass ihr eure Sinne und Gedanken verwerfet. Wenn ihr weder daran haftet noch davon losgelöst seid, dann werdet ihr eure vollkommene, unbehinderte Freiheit genießen, dann werdet ihr eure Quelle der Erleuchtung besitzen.
Huang-Po (+ um 800)
Im Ursprung
gibt es keinen Erleuchtungsbaum,
Und nirgends steht der klare Spiegel.
In Wahrheit ist kein Ding vorhanden,
Woran sollte Staub wohl haften?
Hui Neng (638 – 713)
Zur Wirklichkeit zu erwachen bedeutet, dass Form und Leerheit (Gott und Welt) zwei Aspekte der einen Wirklichkeit sind. Die Realisation dieser Wirklichkeit besagt, dass am Ursprung Bewusstsein steht, auch wenn der Mensch durch seine Körperidentifikation egobedingt ein grobstoffliches Universum wahrnimmt. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist die Schlange, die man in einem Stück Seil im Dunkeln wahrzunehmen glaubt. Angst und Entsetzen werden ausgelöst durch etwas, was nicht existiert. Wird das Stück Tau als solches erkannt, verschwinden Angst und Entsetzen. Erleuchtung ist nichts anderes als eine Erhellung der Wirklichkeit. Wer erkennt, dass es keinen Unterschied zwischen Form und Leerheit, zwischen Samsara und Sunyata (Brahman), zwischen dieser Form und der Nichtform, gibt, ist auferstanden.
Die Wirklichkeit spricht sich in allem aus, was Form hat. Immer ist der Mensch Sohn und Tochter Gottes, wie das Thomasevangelium sagt: „Wenn man euch fragt: ‚Wer seid ihr?‘, sagt: ‚Wir sind seine Söhne und Töchter und wir sind die Erwählten des lebendigen Vaters’“ (Thomasevangelium, 50). – Auch wenn es der Verstand nicht begreift: Wiedererstehen wird immer nur die Erste Wirklichkeit, die wir hier und jetzt leben.
Willigis Jäger (1925 – 2020)
Die einzige Erleuchtung,
die du brauchst,
ist die Erkenntnis,
dass alles,
was erscheint,
nur ein Spiel des Geistes ist.
Padmasambhava (8./ 9. Jh.)
Gott vereinigt sich
mit den göttlichen Menschen
und gibt sich ihnen zu erkennen;
dies ist die vom Heiligen Geist
ins innerste Herz gegossene Erleuchtung,
die aus dem reinen
und beständigen Herzensgebet entsteht.
Gregor von Nazianz (329 – 390)
Die guten Taten vieler Millionen Jahre können in einem einzigen Augenblick des Ärgers zerstört werden. Arbeite deshalb beständig an der Entwicklung von liebender Güte, Mitgefühl und dem unschätzbar wertvollen Wunsch, allen Menschen zur Erleuchtung zu verhelfen. Es gibt nämlich unter all den unendlich zahlreichen Wesen kein einziges, aus dem du nicht schon einmal entstanden bist. Auf diese Art gesehen, kann man sagen, dass dir jedes Wesen schon einmal Mutter oder Vater war. Denke immer und immer wieder daran, wie diese Wesen, die einmal deine Eltern waren, keine Chance haben, sich selbst zu retten. Deshalb meditiere ununterbrochen, um den Geist des erleuchtenden Mitgefühls für alle Wesen zu erwecken. Es genügt nicht, dass du nur die unkonditionierte Leerheit deines Geistes erkennst — ohne das große Mitgefühl entstehen zu lassen besteht die Gefahr, dass du in den Nihilismus verfällst. Deshalb ist es notwendig, dass du über die Einheit von Leerheit und Mitgefühl meditierst.
Padmasambhava (8./ 9. Jh.)
Suche nichts als ein reines, einfaches Entsinken
in das reine, einfache, unbekannte, namenlose, verborgene Gut, das Gott ist,
und in alles, was sich in ihm enthüllen mag.
Alles soll sich an sein Nichts halten:
Nichts wissen, nichts erkennen, nichts wollen, nichts suchen, nichts haben wollen.
Suche weder Empfindung noch Erleuchtung!
Entsinke in dein Nicht-wissen und Nicht-wissen-wollen!
Die Tiefe, die in Gott ist, ist ein solcher Abgrund,
daß aller geschaffene Verstand sie nicht zu erreichen noch zu ergründen vermag.
Dieser Tiefe soll der Mensch begegnen mit der eigenen Tiefe:
das ist, dem grundlosen Abgrund einer unergründlichen Selbstvernichtung.
Das heißt:
könnte er ganz zu einem lauteren Nichts werden, das hielte er für recht und billig.
Das kommt aus der Tiefe und der Erkenntnis seines Nichts.
Johannes Tauler (1300 – 1361) zugeschrieben
in: Der Weg der Meister, 2, ausgewählt und neu übertragen von P. Ermin Döll (1936 – 2021)