Dschuang Dsi: Mystik des aufblühenden Lotus

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Die Lehre des Dschuang Dsi ist groß, sie ist umfassend und mehr als das, sie ist beglückend. Sie erfaßt die Welt und vernichtet sie nicht. Sie erkennt das Böse und leugnet es nicht. Sie weiß, daß der Mensch böse ist von Urbeginn, und glaubt doch an ihn, denn was wäre der Sinn des Lebens eines Weisen, wenn nicht die Erziehung? Sie begnügt sich nicht mit der sichtbaren Welt, die zu ermessen und zu messen ist, sondern er nimmt mystischen Aufschwung in das unbegrenzte und nie zu ermessende Reich. Aber das ist keine Mystik des müden Unterganges, sondern die des aufblühenden Lotus, der aufgehenden Sonne, des aufrauschenden, unbeschreiblich mächtigen, unbeschreiblich freudigen Vogels Rockh.

Das höchste und tiefste, das dieser Mensch der Vorzeit uns zu geben hat, ist eben diese Vereinigung des Tiefsten mit dem Höchsten. Es ist eine Religion der Versöhnung, nicht auf dem Boden eines Dogmas, also auch nicht auf dem Boden des ewig unerfüllbaren: Liebet einander, sondern durch den Weg, den er jedem zu (seinem) innersten Erlebnis, zum Sinn des Lebens führen will. Dann gehen alle Farben ein in den unwandelbaren Regenbogen der Vereinigung. Er ist der einzige Weltgelehrte, der die Weltanschauung nicht durchsetzen, sondern alle Weltanschauungen zur Ruhe bringen will. Keine Zeit konnte so dürsten nach der Ruhe und der Vereinigung wie die unsere. Und unsere Zeit, kann man ihr auch nachsagen, wieviel man will und wieviel sie verdient, sie hat viel gelitten; und hier, in der Freude des lichten Ostens, könnte sie Heilung finden; wenn irgendwie und irgendwo, so im südlichen Blütenland.

Ernst Weiß  (1882 – 1940) in seinem Essay „Von Chinas Göttern“

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Wirklichkeit der Dinge

Die Wirklichkeit der Dinge leugnen heißt ihre Wahrheit zu verfehlen.
Nur der Leere zu folgen heißt, sich gegen die Leere zu wenden.
Hör auf zu reden und zu denken,
und es gibt nichts, was du nicht erkennen kannst.

Sosan (510 – 606)

Mensch und Gott

„Ich sage nicht,
dass der Mensch Gott ist,
und auch nicht,
dass Gott der Mensch ist;
doch leugne ich,
dass der Mensch und Gott
zusammen zwei ergibt.“

Henri Le Saux (1910-1973)

Das „Weltkloster“ in Radolfzell schreibt über ihn:

Der Benediktiner Henri Le Saux/ Swami Abhishiktananda ist einer der großen Pioniere des spirituellen interreligiösen Dialogs. Er war 1948 von seinem Kloster in der Bretagne nach Indien aufgebrochen, um indische Spiritualität ins Christentum zu integrieren und dabei die Grundlage für ein indisch-christliches Mönchtum zu schaffen. In höchster Intensität vertiefte er sich in die spirituelle Erfahrung Indiens, rang mit ihr existentiell und theologisch und erlebte dabei nicht nur eine Reinigung und Vertiefung seines christlichen Glaubens, sondern es entwickelte sich in ihm eine „interreligiöse Existenz“:

    – sein Leben und Denken sind die Geschichte einer Mystik im Kontext des interreligiösen Dialogs,
    – seine Einsichten sind bis heute wegweisend für eine moderne Spiritualität, die sich der Pluralität der Religionen stellt.