Zu uns gehört
ein heimliches Suchen des Einen,
das weit über dem Verstand
und dem Begreifen liegt.
Proklos (412 – 485)
„Die Frucht
liegt nicht
in der Erkenntnis,
sie liegt
im Akt des Begreifens.“
Bernhard von Clairvaux (1090 – 1153)
Ja, das ist ein Satz,
der mich sehr beeindruckt hat.
Pierre Soulages (1919 – 2022)
Hier der Link zum Katalog der Ausstellung: https://www.pierre-soulages.com/wp-content/uploads/2015/04/DOC_CAT_Boisseree_Malereu_und_grafik_2009.pdf
Ich versuche nicht, Herr,
zu Deiner Höhe zu dringen,
weil mein Verstand mit ihr
in keinen Vergleich zu bringen ist;
ich wünsche nur einigermaßen Deine Wahrheit zu begreifen,
die mein Herz glaubt und liebt.
Denn ich suche nicht
zu begreifen, um zu glauben,
sondern glaube, um zu begreifen.
Anselm von Canterbury (* um 1033 – 1109)
Alles nämlich, was eingesehen und wahrgenommen wird, ist nichts anderes als die Erscheinung des nicht Erscheinenden, die Manifestation des Verborgenen, Affirmation des Negierten, Begreifen des Unbegreiflichen, das Sagen des Unsagbaren, der Zugang zum Unzugänglichen, Einsehen des Uneinsehbaren, Körper des Unkörperlichen, Wesen des Überwesentlichen, Form des Gestaltlosen, Maß des Unmeßbaren, Zahl des Unzählbaren, Gewicht des Gewichtlosen, Festwerden des Geistigen, Sichtbarkeit des Unsichtbaren, Ort des Ortlosen, Zeitlichkeit des nicht Zeitlichen, Begrenzung des Unendlichen, Umgrenzung des nicht Umgrenzten, und das Übrige, was mit bloßem Intellekt sowohl gedacht wie erblickt wird, und nicht in den Windungen des Gedächtnisses eingefangen werden kann und der Schärfe des Geistes entflieht.
Scotus Eriugena (815 – 877)
Der Mystiker nimmt in bildlicher Vorstellung an, er habe zwei geistliche Füße: den begreifenden Verstand und den liebenden Affekt. Es ist notwendig, auf beiden vorwärtszuschreiten, damit man die geheimen Wege der Beschauung glücklich bis ans Ende zu begehen vermag. Denn der Intellekt hinkt ohne den liebenden Affekt und käme nicht rüstig voran; die Liebesneigung ohne den Verstand aber ist blind; sie fände den Weg nicht und müsste sich verirren.
Hendrik Herp / Harphius (ca. 1400/1410 – 1477/1478) in seiner „Theologia mystica“
Das Nicht-Wollen in Gott gilt mehr als das gute Wollen für Gott. Der innere Zustand des Nicht-Wissens und des Nicht-Wollens befreit die Seele. In Wahrheit ist es doch ein Nichts, das uns über Gott vermittelt werden kann oder können wird. Gott ist so groß, dass die Seele nichts von ihm begreifen kann. Und dieses Nichts gibt ihr das Ganze, denn sie hat alles frei gegeben, ohne irgendein Warum. Dann gelangt sie zu einem Erstaunen, das man das Nicht-Denken von nahem Fern-Denken nennt, das ihr ganz nahe ist. Dann nämlich lebt die Seele nicht nur im Leben der Gnade und nicht nur im Leben nach dem Geist, sondern auch im göttlichen Leben, frei und göttlich. Dann nämlich hat Gott sie geheiligt durch Sich Selbst.
Margarete Porete (1250-1310)
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Da der Mythos der Persönlichkeit alles göttliche, das in uns ist, in sich begreift, da das innere Geschehen bei der Menschwerdung, von dem die Kunst Schatten ist, sich nach Gesetzen vollzieht, die ins Kosmische gewandt, die großen Mystiker zu finde, zu erforschen und zu lehren bestrebt waren, ist es nicht verfehlt, eine künstlerische Vereinigung nach einem dieser Mystiker, dem heimischen zudem, zu benennen, die nicht Marktware schaffen, die nur seelisches Wachstum aufzeigen will.
…
Der Mythos der Persönlichkeit – Zur Ausstellung des Jakob-Böhme-Bundes. Artikel in Neuer Görlitzer Anzeiger vom 5. 6. 1921, von H.R. Zimmermann, Berlin (z.Zt. Görlitz)
Der vollständige Beitrag ist hier nachzulesen:
MAGISCHE BLÄTTER BUCH VI
CII. Jahrgang SOMMER 2021
Thema: Die erste Ausstellung des Jakob-Böhme-Bundes
Heft 5, Mai 2021
https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter
Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu
Gott, wir sind eins mit dir. Du hast uns mit dir eins gemacht. Du hast uns zugesagt, dass du in uns wohnst, wenn wir einer den anderen annehmen.
Hilf uns, die Offenheit füreinander zu wahren und für sie zu kämpfen mit all unserer Kraft.
Hilf uns begreifen, dass wir einander nicht verstehen können, wenn wir einander ablehnen.
Gott, wenn wir einer den anderen annehmen, vorbehaltlos und vollständig, mit weit geöffnetem Herzen, nehmen wir dich selber auf, empfangen wir dich, beten wir dich an, bist du es, den wir lieben mit unserem ganzen Sein.
Denn unser Sein lebt im Herzen des deinen, und unser Geist hat seine Wurzeln in deinem Geist.
Erfülle uns mit Liebe, und lass diese Liebe uns unter einander verbinden, wenn auch die Wege, die wir gehen, verschieden sind. Vereine uns in diesem Geist, der dich gegenwärtig macht in der Welt, der dich zum Zeugen jener Wirklichkeit macht, die nicht mehr überschritten werden kann: zum Zeugen der Liebe.
Die Liebe hat alles überwunden, die Liebe siegt.
Thomas Merton (1915–1968)
Erwählte des lebendigen Vaters / Thomas-Evangelium
Zur Wirklichkeit zu erwachen bedeutet, dass Form und Leerheit (Gott und Welt) zwei Aspekte der einen Wirklichkeit sind. Die Realisation dieser Wirklichkeit besagt, dass am Ursprung Bewusstsein steht, auch wenn der Mensch durch seine Körperidentifikation egobedingt ein grobstoffliches Universum wahrnimmt. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist die Schlange, die man in einem Stück Seil im Dunkeln wahrzunehmen glaubt. Angst und Entsetzen werden ausgelöst durch etwas, was nicht existiert. Wird das Stück Tau als solches erkannt, verschwinden Angst und Entsetzen. Erleuchtung ist nichts anderes als eine Erhellung der Wirklichkeit. Wer erkennt, dass es keinen Unterschied zwischen Form und Leerheit, zwischen Samsara und Sunyata (Brahman), zwischen dieser Form und der Nichtform, gibt, ist auferstanden.
Die Wirklichkeit spricht sich in allem aus, was Form hat. Immer ist der Mensch Sohn und Tochter Gottes, wie das Thomasevangelium sagt: „Wenn man euch fragt: ‚Wer seid ihr?‘, sagt: ‚Wir sind seine Söhne und Töchter und wir sind die Erwählten des lebendigen Vaters'“ (Thomasevangelium, 50). – Auch wenn es der Verstand nicht begreift: Wiedererstehen wird immer nur die Erste Wirklichkeit, die wir hier und jetzt leben.
Willigis Jäger (1925 – 2020)
Zen zu praktizieren bedeutet, das Licht in uns zum Leuchten zu bringen … Wir suchen im Zen nicht die Wahrheit, die uns irgendjemand irgendwo gegeben hat – wir begreifen und verstehen stattdessen: dass die Wahrheit, nach der wir suchen, schon längst in uns brennt wie ein Licht und nur bewusst ‚wahr‘-genommen zu werden braucht. Wir müssen sie nur entdecken.
Hans-Peter Hempel (* 1934)