„Wer diese Predigt verstanden hat, dem vergönne ich sie wohl. Wäre niemand hier gewesen, ich hätte sie diesem Opferstock predigen müssen“. So Meister Eckhart (1260 – 1328) am Ende der Aussagen von Predigt 26. Diese fast sprichwörtlich gewordenen Zeilen sind hier wie bei anderen seiner Predigten Schlusspunkte, Schlusssteine. Sie führen Vorhergegangenes zu einem Ende: sehr direkt, kurz und knapp. Manche der Schlussätze sind ähnlich wie Affirmationen, bei denen eine Aussage, Situation oder Handlung positiv bewertet wird. Andere wirken wie Aufrufe oder Weckrufe zur Transformation. Bei nur wenigen der Sätze sind sie teilweise unverständlich, wenn der vorige Predigttext nicht gekannt ist. Bei den meisten von ihnen jedoch sind sie oft wie eigene meditative Artefakte, kontemplative Kleinode. Auf jeden Fall zu schade dafür, dass sie in der Fülle der Predigtgedanken unbeachtet untergehen. Ist doch auch daran zu erinnern, was Gustav Landauer in seinem Vorwort zu „Meister Eckharts Mystische Schriften“ schrieb. Er hatte sie 1903 herausgegeben, 1920 dann noch einmal sprachlich bearbeitet von Martin Buber. Landauer war der Überzeugung: “ Meister Eckhart ist zu gut für historische Würdigung; er muss als Lebendiger auferstehen.“
Diese Schlusssteine mögen am Ende diesen Jahres dazu anregen, ein paar der Gedanken Meister Eckharts mit in das kommende Jahr zu nehmen. (w.a.k.)
1 Dass Jesus auch in uns kommen und hinauswerfen und wegräumen möge alle Hindernisse und uns Eins mache, wie er als Eins mit dem Vater und dem heiligen Geiste ein Gott ist, auf dass wir so mit ihm eins werden und ewig bleiben, dazu helfe uns Gott. Amen.
4 Dass wir bereitet werden, die beste Gabe zu empfangen, dazu helfe uns der Vater der Lichter. Amen.
5 Dass wir nicht dahin gelangen, wo dieses Gut empfangen wird, das liegt nicht an ihm, sondern an uns.
6 Dass wir in solcher Weise wahrhaft drinnen bleiben mögen, dass wir alle Wahrheit unmittelbar und ohne Unterschiedenheit in rechter Seligkeit besitzen, dazu helfe uns Gott! Amen.
7 Dass wir die Gerechtigkeit um ihrer selbst willen und Gott ohne Warum lieben, dazu helfeuns Gott. Amen.
8 … Was die Seele in ihrem Grunde sei, davon weiß niemand etwas. Was man davon wissen kann, das muss übernatürlich sein, es muss aus Gnade sein: dort wirkt Gott Barmherzigkeit. Amen.
11 Dass wir uns innen finden im Tage und in der Zeit der Vernunft und im Tage der Weisheit undim Tage der Gerechtigkeit und im Tage der Seligkeit, dazu helfe uns der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
13 … Der Mensch, der gelassen hat und gelassen ist und der niemals mehr nur einen Augenblick auf das sieht, was er gelassen hat, und beständig bleibt, unbewegt in sich selbst und unwandelbar, – der Mensch allein ist gelassen. Dass wir so beständig bleiben und unwandelbar wie der ewige Vater, dazu helfe uns Gott und die ewige Weisheit. Amen.
15 Wir sollen Gottes Bild in uns tragen, und sein Licht soll in uns leuchten, wenn wir »Johannes« sein wollen.
16 Dass wir Eins werden, dazu helfe uns Gott. Amen.
18 Dass wir ebenso dahin gelangen, in dem ewigen Worte zu antworten, dazu helfe uns Gott. Amen.
19 Wir bitten Gott, unsern lieben Herrn, dass er hier mit uns wohne, auf dass wir ewiglich mit ihm wohnen mögen; dazu helfe uns Gott. Amen.
21 Darum spricht Sankt Lukas: »Ein Mensch hatte bereitet ein großes Abendmahl« (Luk. 14, 16). Dieser Mensch ist Gott und hat keinen Namen. Dass wir zu diesem Gastmahl kommen, dazu helfe uns Gott. Amen.
22 Dass wir so eins werden mit Gott, dazu helfe uns »ein Gott, Vater aller«. Amen.
23 Dass wir zu dieser Wahrheit kommen, dazu helfe uns die Wahrheit, von der ich gesprochen habe. Amen.
24 Nun, dass wir zu diesem ewigen Lichte kommen, dazu helfe uns Gott. Amen
26 Wer diese Predigt verstanden hat, dem vergönne ich sie wohl. Wäre hier niemand gewesen, ich hätte sie diesem Opferstocke predigen müssen. Es gibt manche arme Leute, die kehren wieder heim und sagen: »Ich will an einem Ort sitzen und mein Brot verzehren und Gott dienen!« Ich sage bei der ewigen Wahrheit, diese Leute müssen verirrt bleiben und können niemals erlangen noch erringen, was die anderen erlangen, die Gott nachfolgen in Armut und in Fremde. Amen.
27 Dass auch wir gut werden mögen und getreu, auf dass auch uns unser Herr eingehen heiße und ewig inne bleiben, wir mit ihm und er mit uns, dazu helfe uns Gott! Amen.
29 Dass wir so eins seien in der Einheit, die Gott selbst ist, dazu helfe uns Gott. Amen.
31 Dass wir eben diese Einheit seien und diese Einheit bleiben mögen, dazu helfe uns Gott. Amen.
32 Dass wir so leben mögen, dass wir es ewig erfahren, dazu helfe uns Gott. Amen.
33 Dass wir Gott so folgen, dass er uns in sich versetzen könne, damit wir mit ihm vereint werden, auf dass er uns mit sich selbst lieben könne, dazu helfe uns Gott. Amen.
35 Dass uns dies widerfahre, dazu helfe uns Gott. Amen.
36 Dass wir ihm alle folgen, auf dass er uns bringe in sich, wo wir ihn wahrhaft erkennen, dazu helfe uns Gott. Amen.
37 Bitten wir unsern Herrn, dass wir in die Erkenntnis kommen mögen, die da ganz ohne Weise und ohne Maß ist. Dazu helfe uns Gott. Amen.
38 Dass wir ebenso mit Gott vereint werden, dazu helfe uns die Wahrheit, von der ich gesprochen habe! Amen.
39 Wir bitten Gott, unsern lieben Herrn, dass wir Eins und innen – wohnend werden. Dazu helfe uns Gott. Amen.
40 Dass wir dies begreifen und ewiglich selig werden, dazu helfe uns der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
42 Und in diesem Einen sollen wir ewig versinken vom Etwas zum Nichts. Dazu helfe uns Gott. Amen.
44 Dass wir mit Gott ein Geist werden und wir in der Gnade erfunden werden, dazu helfe uns Gott. Amen.
45 Dass wir die göttliche Gleichheit göttlicher Ruhe so suchen und bei Gott finden mögen, dazu helfe uns Gott. Amen.
46 Dass wir in solcher Weise der Gerechtigkeit in der Weisheit nachfolgen und nach ihr hungern und dürsten, auf dass wir gesättigt werden, dazu helfe uns Gott. Amen.
48 Darum soll man der ersten Eingebung folgen und so voranschreiten; dann kommt man dahin, wohin man soll, und so ist‘s recht.
50 Und dass wir zu dieser Frucht kommen, dazu helfe uns die ewige Wahrheit, von der ich gesprochen habe. Amen.
52 Da ist Seligkeit, wo die Seele Gott nimmt, wie er Gott ist. Bitten wir unsern Herrn, dass wir so mit ihm vereint werden. Amen.
53 Dass wir zu diesem Erkennen kommen, dazu helfe uns Gott. Amen.
54 Dass wir zu dieser Vollkommenen Liebe gelangen, dazu helfe uns Gott. Amen.
56 Dass wir allem dem entwachsen, was nicht Gott ist, dazu helfe uns Gott. Amen.
57 In diese Geburt helfe uns der Gott, der von neuem als Mensch geboren ist. Dass wir schwache Menschen in ihm auf göttliche Weise geboren werden, dazu helfe er uns ewiglich. Amen.
℘
(Die Ziffern vor den Schlusssätzen beziehen sich auf die Nummerierung der Predigten, die Josef Quint 1963 herausgegeben und übersetzt hat.)
Den einzigen „eingeborenen Sohn des Vaters” sieht der gläubige Christ in dem Meister, nach dem er sich nennt, aber der Meister selbst, „voll der Gnade und Wahrheit”, bekennt, dass in seines Vaters Hause „viele Wohnungen“ (Johannes 14:2) sind, dass es ihm nicht zustehe, zu bestimmen, wer zu seiner Rechten und seiner Linken säße in seines Vaters Reich, und dass „der Vater größer“ ist als er. – (Johannes 14:28)
„Wenn ich auch von mir selbst Zeugnis gebe, so ist doch mein Zeugnis wahr, weil ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wisset nicht, wo her ich komme oder wohin ich gehe (Johannes 8:14)
So wird auch bis auf den heutigen Tag kein Sinnen und Glauben ihn rein in seiner ureigensten Wesenheit erfassen, es sei denn, der also Sinnende und Glaubende wisse, „woher” der Meister kam und „wohin” er ging, – wisse, dass hier einer der „Leuchtenden des Urlichtes” vor ihm steht, von seinen „Brüdern” bis auf diese Stunde als der größte „Liebende” unter ihnen voll Bewunderung verehrt, ausgegangen aus ihrem Kreise und zurückgekehrt zu ihm, um in unsichtbarer Gestaltung die geistige Aura der Erde nicht eher zu verlassen, als bis der letzte der Menschengeister, die hier im Tiere leben, einging zum Licht. –
Der ganze Beitrag „Das Buch von Jesus Christus (9) “ Bô Yin Râs gesammelten Buchtexten seines Lehrwerks zu Jesus kann hier gelesen werden:
Theophilus, der Erzbischof, kam einmal in die Wüste. Die Brüder versammelten sich und baten Abba Pambo: Halte vor dem Vater eine Ansprache, damit er Gewinn habe. Der Alte aber sagte zu ihnen: Wenn er aus meinem Schweigen keinen Nutzen zieht, dann kann er es auch nicht aus einer Rede.
… Der Ungrund oder das Absolute ist das, was ohne jeden Grund ist, was unbedingt und unendlich ist. Dieser göttliche Ungrund ist „das Nichts und das Alles“. Er „hat auch nichts, das etwas gebe, es ist eine ewige Ruhe, und keine Gleich(heit), ein Ungrund ohne Anfang und Ende: Es ist auch kein Ziel noch Stätte (Ort), auch kein Suchen oder Finden, oder etwas, da (wo) eine Möglichkeit wäre; Derselbe Ungrund ist gleich einem Auge, denn er ist sein eigener Spiegel, er hat kein Wesen (Weben), auch weder Licht noch Finsterniß“. Aus der ewigen Stille dieses Ungrunds gebärt und offenbart sich der ungründliche Wille, und dieser Wille ist anfangsloser Anfang und endloses Ende zugleich, „denn das Ende machet auch den Anfang dieses Willens, und der Anfang das Ende wieder. Und finden also, daß alle Wesen sind in ein Auge geschlossen, das ist gleich einem Spigel, da sich der Wille selber beschauet, was er doch sey.“ Und in diesem Spiegel, den Böhme auch als Spiegel der Weisheit Gottes bezeichnet, findet die Selbstfindung und Selbstfassung des unergründlichen Willens in die noch nicht offenbare Dreiheit von Vater, Sohn und Heiliger Geist statt. …
Von der Feuerseele zur Lichtseele. Jakob Böhmes Lehre von der Seele und Wiedergeburt des Menschen. Ein Überblick von Roland Pietsch
Der vollständige Artikel kann hier gelesen werden:
MAGISCHE BLÄTTER, BUCH XI
CIII. Jahrgang, August 2022, Heft 8 / Thema: WEITERE MATERIALIEN ZUM FILM
Herausgeber: Verlag Magische Blätter, Ronnenberg Schriftleitung: Organisation zur Umwandlung des Kinos
Mein Vater, ich überlasse mich Dir, mach mit mir, was Dir gefällt. Was du auch mit mir tun magst, ich danke Dir. Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an. Wenn nur Dein Wille sich an mir erfüllt und an allen Deinen Geschöpfen, so ersehne ich weiter nichts, mein Gott.
In Deine Hände lege ich meine Seele; Ich gebe sie Dir, mein Gott, mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich Dich liebe, und weil diese Liebe mich treibt, mich Dir hinzugeben, mich in Deine Hände zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen; denn Du bist mein Vater.
Charles de Foucauld (1858 – 1916)
Dieses Gebet hat Charles de Foucauld 1896 geschrieben gegen Ende seines Aufenthalts bei den Trappisten in Akbes. Damals war er noch Bruder Marie-Albéric. Am 15. Mai 2022 wurde Charles de Foucauld heiliggesprochen.
Das In-sich-gehen zum Centrum des Grundes ist Geist, denn es ist der Finder, der da seit Ewigkeit immer findet, wo nichts ist; dieser gehet wiederum aus dem Centro des Grundes aus, und suchet in dem Willen. Jetzt wird der Spiegel des Auges, als des Vaters und Sohnes Weisheit, offenbar. Und steht die Weisheit also vor dem Geist Gottes, der den Ungrund in ihr offenbaret. …
Jakob Böhme 1621 / Von sechs theosophischen Punkten 1,16
Fresko mit Katharina von Siena / wikipedia gemeinfrei
Wir waren eingeschlossen, oh ewiger Vater, im Garten deines Herzens. Du hast uns aus deinem heiligen Geist herausgezogen wie eine Blume die mit den drei Kräften unserer Seele erblüht, und in jede Kraft hast du die ganze Pflanze gesetzt, damit sie in deinem Garten Früchte tragen, damit sie zu dir zurückkehren mit den Früchten, die du ihnen gegeben hast. Und du würdest zu der Seele zurückkommen, um sie mit deiner Glückseligkeit zu erfüllen. Dort verweilt die Seele – wie der Fisch im Meer und das Meer in den Fischen.
Die göttliche Liebe gebiert in der vernichtigten Seele, in der freien Seele in der erleuchteten Seele ewiges Wesen, empfangendes Genießen, liebevolle Vereinigung. Aus der ewigen Substanz empfängt das Gedächtnis das Vermögen des Vaters. Aus dem empfangenden Genießen hat der Verstand die Weisheit des Sohnes. Aus der liebenden Vereinigung empfängt der Wille die Güte des Heiligen Geistes. Die Güte des Heiligen Geistes vereinigt die Seele in der Liebe des Vaters und des Sohnes. Diese Vereinigung versetzt die Seele in ein Sein ohne Sein, welches das Sein selbst ist. Dieses Sein ist der Heilige Geist selbst, der die Liebe des Vaters und des Sohnes ist.
Die Begine Margarete Porete (1250-1310) in: Der Spiegel der einfachen Seelen. Wege der Frauenmystik. Aus dem Altfranzösischen übertragen und mit einem Nachwort und Anmerkungen von Louise Gnädinger (Zürich–München, 1987), S. 164 -165