Wie Licht durch Glas hindurch scheinen

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Zen ist Bewusstsein ohne die Struktur einer besonderen Form oder eines besonderen Systems, ein transkulturelles, transreligiöses, transformiertes Bewusstsein. Deshalb ist es in gewissem Sinne „leer“. Aber es kann durch dieses oder jenes religiöse oder irreligiöse System hindurch scheinen, so wie Licht durch ein Glas hindurch scheinen kann, das blau ist oder grün, rot oder gelb. Wenn Zen überhaupt eine Vorliebe hat, dann zieht es einfaches Glas vor, das keine Farbe hat und eben „einfaches Glas“ ist.

ThomasMerton (1915 – 1968) in: Weisheit der Stille, 1975, S. 12

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Gebet der liebenden Aufmerksamkeit

Der Heilige Ignatius von Loyola (1491-1565), der Gründer des Jesuitenordens, lädt uns ein, am Ende jedes Tages während 10-15 Minuten einen betenden Tagesrückblick zu machen. Dieses Gebet hat drei Ziele:

  • Es ist noch einmal ein intimer Moment des persönlichen Gebetes mit Gott;
  • Ich würdige den vergangenen Tag, indem ich noch einmal auf die wichtigsten Momente schaue;
  • Ich übe mich ein in eine Haltung der Dankbarkeit, in die Wahrnehmung meiner Erfahrungen und dadurch in die Unterscheidung der Geister-

Ignatius schlägt dabei eine gewisse Form vor, das Examen, das wir Gebet der liebenden Aufmerksamkeit nennen. Eine ausführliche Anleitung unten (als PDF zum Herunterladen).
Wichtiger aber als das Einhalten einer Form ist das Bemühen, es überhaupt zu versuchen. Also lieber nur 2-3 Minuten als gar nicht.

Hier hat Beat Altenbach SJ eine ausführlichere Anleitung als pdf-Datei zusammengefasst: https://beataltenbach.files.wordpress.com/2020/04/ignat-tagesrc3bcckblick.pdf

Vom inneren Licht erfüllt

Foto: (c) wak

Was sich der Seele im Grunde darbietet, hat weder Bild noch Form, weder Ort noch Weise: es ist ein unergründlicher Grund, schwebend in sich selbst, und in diesem Grund ist Gottes Wohnung mehr als irgendwo anders. Wer sich dorthin einsenkt, der findet da Gott und findet sich selbst in Gott und eins mit Gott. Denn von diesem Grunde scheidet Gott sich nie. Hier ist dem vom inneren Licht erfüllten Geist Gott gegenwärtig, und die Ewigkeit wird hier empfunden, in der es weder Vorher noch Nachher gibt.

Johannes Tauler (1300 – 1361)

Alles was gedacht und wahrgenommen wird

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Alles nämlich, was eingesehen und wahrgenommen wird, ist nichts anderes als die Erscheinung des nicht Erscheinenden, die Manifestation des Verborgenen, Affirmation des Negierten, Begreifen des Unbegreiflichen, das Sagen des Unsagbaren, der Zugang zum Unzugänglichen, Einsehen des Uneinsehbaren, Körper des Unkörperlichen, Wesen des Überwesentlichen, Form des Gestaltlosen, Maß des Unmeßbaren, Zahl des Unzählbaren, Gewicht des Gewichtlosen, Festwerden des Geistigen, Sichtbarkeit des Unsichtbaren, Ort des Ortlosen, Zeitlichkeit des nicht Zeitlichen, Begrenzung des Unendlichen, Umgrenzung des nicht Umgrenzten, und das Übrige, was mit bloßem Intellekt sowohl gedacht wie erblickt wird, und nicht in den Windungen des Gedächtnisses eingefangen werden kann und der Schärfe des Geistes entflieht.

Scotus Eriugena (815 – 877)

Der Religion der Liebe folgen

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Welche Herrlichkeit! Ein Garten inmitten von Flammen!
Mein Herz hat sich für jegliche Form geöffnet:
Es ist eine Weide für Gazellen,
und ein Kloster für christliche Mönche,
und ein Tempel für Götzenbilder, und die Kaaba der Pilgernden,
und die Tafeln der Thora, und das Buch des Korans.
Ich folge der Religion der Liebe:
Welchen Weg auch immer die Reittiere der Liebe einschlagen,
das ist meine Religion und mein Glaube.

Ibn Arabi (1165–1240)

Zitiert in einer Ansprache am World Symposium on Humanity, London 1979 von Bülent Rauf (1911 – 1987) Rauf war u.a. Ehrenpräsident der Ibn Arabi Society: https://ibnarabisociety.org/Siehe auch hier: https://chalice-verlag.de/einssein-ibn-arabi-einheit-buelent-rauf/

Wirklichkeit der Leerheit

Foto: Marlies Schwochow +

Wirklichkeit ist nicht anderes als das, was gerade geschieht, jetzt. Die Dinge ereignen, bewegen und verwandeln sich. Wir können sie nicht in einem Schnappschuss festhalten. Doch das ist es, was alle unsere Ideen und Konzepte sind – eine Sammlung von Schnappschüssen. Genau das müssen wir unmittelbar erkennen. Diese Einsicht ist die Wirklichkeit der Leerheit, während alle Schnappschüsse die Welt der Form bilden. Und das Herzsutra lehrt, um es noch einmal zu sagen, dass beide Welten gleich sind.

Bernard Glassman (1939 – 2018) in: Das Herz der Vollendung. Unterweisungen eines westlichen Zen-Meisters

Der Sprache Gottes angepasst

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Je weniger Form in der Religion,
um so besser;
denn Gott ist Geist.
Je geistiger unser Gottesdienst,
um so näher der Natur Gottes,
je schweigender,
um so angepasster
der Sprache Gottes.

William Penn (1644 – 1718)

Der Religion der Liebe folgen

Foto: (c) wak

Welche Herrlichkeit!
Ein Garten inmitten der Flammen!
Mein Herz hat sich für jegliche Form geöffnet:
Es ist eine Weide für Gazellen,
und ein Kloster für christliche Mönche,
und ein Tempel für Götzenbilder,
und die Kaaba der Pilgernden,
und die Tafeln der Tora,
und das Buch des Korans.

Ich folge der Religion der Liebe:
Welchen Weg die Kamele der Liebe auch einschlagen,
das ist meine Religion und mein Glaube.

Ibn Arabi (1165–1240)

Eingehen in das Gesetz des Kosmos

Glasfenster von Josef Albers / Foto: (c) wak

Der moderne Maler malt z.B. nicht mehr die duftende taufrische Unmittelbarkeit einer Rose oder Tulpe, sondern sucht die Symbolkraft der Blüte an sich, natürlich mit Hilfe der Rose, der Tulpe, zu zeigen. So ist er bestrebt, indem er die „vor der Nase“ liegende „Natur“ scheinbar übersieht, mit weiter gestecktem Horizont, aber hinter den leiblichen Augen verborgene innere Zusammenhänge des Geschehens zu schauen sucht, durch die Mittel der künstlerischen Form in unmittelbare Berührung mit der Einheit aller Dinge zu kommen, einzugehen in das große Gesetz des Kosmos, sich selber erlösen, durch das Suchen des Göttlichen.

Fritz Neumann-Hegenberg: Kunst der Seele. Aus dem Nachlass, 1921

Der vollständige Beitrag ist hier nachzulesen:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH VIII
CII. JAHRGANG WINTER 2021/2022

Januar 2022: Sakralkunst

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