… will in die stille Wüste

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Ich sage in guter Wahrheit, dieses Licht begnügt sich nicht mit dem einfachen stillstehenden göttlichen Wesen, das weder gibt noch nimmt, sondern es will wissen, woher dieses Wesen kommt, es will in den einfachen Grund, in die stille Wüste, wohin nie etwas Unterschiedenes, weder Vater noch Sohn noch heiliger Geist, gedrungen ist; in dem Innigsten, wo niemand heimisch ist, da begnügt es sich in einem Lichte, und da ist es einiger als in sich selbst; denn dieser Grund ist eine einfache Stille, die in sich selbst unbeweglich ist, und von dieser Unbeweglichkeit werden bewegt und da empfangen ihr ganzes Leben alle Dinge, die vernünftig leben und sich in sich selbst versenkt haben.

Meister Eckhart (1260 – 1328) in seiner Predigt „Von der Einheit der Dinge“
In: Meister Eckharts mystische Schriften. Berlin 1903, S. 87-91

Göttliche Freude und Gott aufnehmen

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Kein Gefäß kann zweierlei Trank in sich fassen. Soll es Wein enthalten, so muß man notgedrungen das Wasser ausgießen; das Gefäß muß leer und ledig werden. Darum: sollst du göttliche Freude und Gott aufnehmen, so mußt du notwendig die Kreaturen ausgießen. Sankt Augustinus sagt: „Gieß aus, auf daß du erfüllt werdest. … Kehre dich ab, auf daß du zugekehrt werdest.“

Meister Eckhart (1260 – 1328) in „Das Buch der göttlichen Tröstung“

Sie sind ein göttlicher Wanderer

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Ein Besucher der Einsiedelei von Yogananda äußerte seinen Zweifel über die Unsterblichkeit des Menschen. Yogananda sagte ihm: „Versuchen Sie sich klarzumachen, dass Sie ein göttlicher Wanderer sind. Sie leben nur für kurze Zeit hier und reisen dann in eine ganz andere, faszinierende Welt weiter. Begrenzen Sie Ihren Gesichtskreis nicht auf ein kurzes Leben und eine kleine Erde. Rufen Sie sich vielmehr die Unermesslichkeit des GEISTES in Erinnerung, der in Ihnen wohnt.“

Im Ozean göttlicher Liebe frei sein

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In Liebe zu wachsen, bedeutet, in meine eigene Identität als Person hineinzuwachsen, es bedeutet, in Freiheit zu wachsen. Nur in Freiheit kann ich wahrhaft eine Person sein, ein relationales Wesen, zuhause im unendlichen Ozean der Liebe Gottes; und in diesem Ozean göttlicher Liebe bin ich frei.

Ilia Delio OSF in ihrem Artikel „Die Liebe als Urkraft des Universums“ https://chalice-verlag.de/ilia-delio-liebe-als-urkraft-des-universums-teilhard-de-chardin/

Mehr von ihr hier: https://chalice-verlag.de/ilia-delio-buecher-und-texte/

Gott bedarf unser

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Wir selbst sind die Attribute, mittels deren wir Gott schildern, unser Dasein ist nur eine Vergegenständlichung des göttlichen Daseins. Ebenso wie wir Gottes für unser eigenes Dasein bedürfen, bedarf Gott unser, damit ihm selbst seine Wesenheit offenbar werde

Ibn Arabi (1165–1240)

Margarete Porete: Frei und göttlich

Eingangsgedicht ihres „Spiegel der einfachen Seelen“ / wikimedia ~ gemeinfrei

Der innere Zustand des Nicht-Wissens und des Nicht-Wollens befreit die Seele. In Wahrheit ist es doch ein Nichts, das uns über Gott vermittelt werden kann oder können wird. Gott ist so groß, dass die Seele nichts von ihm begreifen kann. Und dieses Nichts gibt ihr das Ganze, denn sie hat alles frei gegeben, ohne irgendein Warum. Dann gelangt sie zu einem Erstaunen, das man das Nicht-Denken von nahem Fern-Denken nennt, das ihr ganz nahe ist. Dann nämlich lebt die Seele nicht nur im Leben der Gnade und nicht nur im Leben nach dem Geist, sondern auch im göttlichen Leben, frei und göttlich. Dann nämlich hat Gott sie geheiligt durch Sich Selbst.

Die Begine Margarete Porete (1250-1310)

Siehe auch hier: https://www.feinschwarz.net/marguerite-poretes-widerstand/

Von göttlicher Anwesenheit randvoll erfüllt

George Steiner (1920 – 2020)

Gewisse Mystiker, gewisse Adepten der Meditation haben sich die Leere zum Ziel gesetzt, einen gänzlich rezeptiven Bewußtseinszustand. Sie trachteten, das Nichts zu bewohnen. Doch solches Nichts ist selbst ein Begriff, aufgeladen mit philosophischem Paradox, und wird es errungen durch gelenkte Meditation oder geistige Übungen wie bei Loyola, ist es gesättigt mit Gefühl. Der heilige Johannes vom Kreuz schreibt, daß bei Aussetzen weltlichen Denkens die göttliche Anwesenheit ihn randvoll erfülle. Erlischt der Pulsschlag unseres Denkens, bedeutet dies, genau wie beim Erlöschen unseres körperlichen Pulsschlags, den Tod.

George Steiner (1920 – 2020) in: Warum Denken traurig macht. Zehn (mögliche) Gründe. Berlin 2016, S. 12-13

Die Seele lebt frei und göttlich

Begine aus einem Totentanz / Archiv

Das Nicht-Wollen in Gott gilt mehr als das gute Wollen für Gott. Der innere Zustand des Nicht-Wissens und des Nicht-Wollens befreit die Seele. In Wahrheit ist es doch ein Nichts, das uns über Gott vermittelt werden kann oder können wird. Gott ist so groß, dass die Seele nichts von ihm begreifen kann. Und dieses Nichts gibt ihr das Ganze, denn sie hat alles frei gegeben, ohne irgendein Warum. Dann gelangt sie zu einem Erstaunen, das man das Nicht-Denken von nahem Fern-Denken nennt, das ihr ganz nahe ist. Dann nämlich lebt die Seele nicht nur im Leben der Gnade und nicht nur im Leben nach dem Geist, sondern auch im göttlichen Leben, frei und göttlich. Dann nämlich hat Gott sie geheiligt durch Sich Selbst.

Margarete Porete (1250-1310)

Unser Herz ausdehnen zu einem Organ spiritueller Wahrnehmung

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Meine Antwort auf die Frage, ob wir heutzutage alle dazu aufgerufen sind, Mystiker zu sein, lautet also definitiv: Ja. Und zwar insofern, als dass wir alle eingeladen sind, hinter das Äußerliche, das Vordergründige der Dinge zu schauen. Lineare Kausalität folgt einer Logik, die einfach zu langsam ist, um dem Ausmaß und der Geschwindigkeit göttlicher Einsicht zu folgen und diese in sich aufzunehmen. Was es schwierig macht, ist, dass viele die Mystik als eine seltene, besondere Gabe betrachten und glauben, einige Menschen würden über dieses Geschenk verfügen und andere nicht, was dann einen gewissen Neid entstehen lässt auf diejenigen, die von dieser mystischen Berührung »ergriffen« werden und als eine Art »Gotteskenner« aufs Podest gestellt werden. Ich denke aber, wir sprechen unterschiedliche Sprachen, und das aus gutem Grund. Denn die Sprache der Mystik redet vom Erkunden, vom Vertrauen und von der Stabilisierung der Tiefe unserer eigenen Beziehung mit jener Welt, welche nicht sichtbar ist und nicht reduzierbar auf Logik und Denotation. Mystik ist im Wesentlichen eine Einladung, unser Herz auszudehnen zu einem Organ spiritueller Wahrnehmung, sodass wir viele Dinge erkennen können, die andere übersehen.

Cynthia Bourgeault (* 1947) im Schlusskapitel ihres neuen Buches Mystische Hoffnung. Im Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes

https://chalice-verlag.de/cynthia-bourgeault-wie-finden-wir-mystische-hoffnung

Mitgefühl: Hochachtung für die Schöpfung

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Mitgefühl ist eine spirituelle Kraft, ein Lebensstil, eine Umgangsform. Es ist die Art, wie wir mit allem im Leben umgehen, mit uns selbst, mit unserem Körper, mit unseren Vorstellungen und Träumen, mit unseren Nachbarn, und auch mit unseren Feinden. Einfühlungsvermögen ist eine Geisteshaltung, aus der Hochachtung für die Schöpfung spricht. Durch sie betrachtet man jedes Geschöpf als heilig und göttlich, denn das ist es auch.

Matthew Fox (* 1940)