Im eigentlichsten Sinne ist Gott Licht, und je näher ihm etwas kommt, um so mehr empfängt es von dem Licht. Nichts Wahres wird erkannt außer durch Gott. Nicht, als spräche er so – wie wir; sondern er macht hell im Innern. Denn er ist das Innerste in jeder Seele und wirft von dem strahlenden Lichte seiner ewigen Vernunft einen Glanz über die dunklen Begriffe unseres Geistes.
Die Bedeutenden nicht bevorzugen: so verhütet man, daß die Leute streiten. Schwer zu erlangende Güter nicht wert halten: so verhütet man, daß die Leute zu Dieben werden. Auf nichts Begehrenswertes sehen: so verhütet man, daß das Herz sich verwirrt. Also auch ist das die Ordnung des Berufenen: Er macht ihr Herz leer und ihren Leib tüchtig. Er macht ihr Begehren schwach und ihre Knochen stark. Er sorgt stets, daß die Leute ohne Erkennen und ohne Begehren sind, und daß jene „Erkennenden“ nicht zu handeln wagen. Das Nicht-Handeln üben: so kommt alles in Ordnung.
Gott vereinigt sich mit den göttlichen Menschen und gibt sich ihnen zu erkennen; dies ist die vom Heiligen Geist ins innerste Herz gegossene Erleuchtung, die aus dem reinen und beständigen Herzensgebet entsteht.
Die Seele erkennt in einer Art und Weise des Erkennens, die von dem Erkennen durch die äußeren Sinne ganz weit entfernt ist, dass sie ganz nahe bei ihrem Gott ist, und dass sie, mit noch ein bisschen mehr, dazu käme, durch Einung mit ihm eins zu werden.
Meditation als Quelle der Weisheit: das verbindet den europäischen Mystiker Jacob Böhme (1575–1624) mit dem japanischen Zen-Buddhismus. Diese Geistesverwandtschaft zeigt der Klangkünstler Johannes S. Sistermanns in einer Komposition aus Geräuschen und Stimmen.
„Jacob Räume Zen“ verknüpft die Texte und visionären Bilder von Jacob Böhme mit Erfahrungen und Aussagen des Zen-Buddhismus. Die geistige Nähe dieser geografisch so entfernten Welten nutzt Johannes S. Sistermanns, um die jeweiligen Klangräume miteinander in Berührung zu bringen. Böhmes Texte werden aus seiner Heimatstadt Görlitz in japanische Alltags- und Klosterräume versetzt. Worte von Zen-Mönchen reisen akustisch von Japan in die Lebensräume Jacob Böhmes. Im Verlauf des Stückes verweben sich die Klänge allmählich miteinander. Sie schaffen eine Atmosphäre des begriffslosen Erkennens, in der Böhmes Erfahrungen wortlos aufgehen.
Jacob Räume Zen Hörstück in Räumen, Klängen, Gedanken und Geräuschen Von Johannes S. Sistermanns Mit: Naomi Grundke (Sopran), Wolfgang Schliemann (Schlagzeug), Takeshi Shinohara (Shakuhachi), Zuiten Kashida (Rezitation), Josef Grochalla und Stefan Fricke (Stimmen und Schritte)
Die guten Taten vieler Millionen Jahre können in einem einzigen Augenblick des Ärgers zerstört werden. Arbeite deshalb beständig an der Entwicklung von liebender Güte, Mitgefühl und dem unschätzbar wertvollen Wunsch, allen Menschen zur Erleuchtung zu verhelfen. Es gibt nämlich unter all den unendlich zahlreichen Wesen kein einziges, aus dem du nicht schon einmal entstanden bist. Auf diese Art gesehen, kann man sagen, dass dir jedes Wesen schon einmal Mutter oder Vater war. Denke immer und immer wieder daran, wie diese Wesen, die einmal deine Eltern waren, keine Chance haben, sich selbst zu retten. Deshalb meditiere ununterbrochen, um den Geist des erleuchtenden Mitgefühls für alle Wesen zu erwecken. Es genügt nicht, dass du nur die unkonditionierte Leerheit deines Geistes erkennst — ohne das große Mitgefühl entstehen zu lassen besteht die Gefahr, dass du in den Nihilismus verfällst. Deshalb ist es notwendig, dass du über die Einheit von Leerheit und Mitgefühl meditierst.
Fotographie Tolstois von Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski aus dem Jahr 1908
Ich habe ja nur dann ein wirkliches Leben, wenn ich Gottes Nähe fühle und ihn suche. Nun also, was suche ich noch, rief eine Stimme in mir; da ist er ja, er, ohne den man nicht leben kann. Gott erkennen und leben, das ist ein und dasselbe. Gott ist das Leben! Lebe, indem Du Gott suchst, dann wird es keine Leben ohne Gott geben!
Gott ist es, der das Gemüt als reines Innesein erhellt, er gibt ihm sein Licht. Wie willst du ihn mit dem Gemüt erkennen, es sei denn, du wendest es einwärts und tauchst es in ihn?
Ramana Maharshi (1879 – 1950) in Vierzig Verse / Nr. 22