In meines Herzens Grunde Dein Nam und Kreuz allein Funkelt all Zeit und Stunde, Drauf kann ich fröhlich sein. Erschein mir in dem Bilde Zu Trost in meiner Not, Wie du, Herr Christ, so milde Dich hast geblut‘ zu Tod!
Text: Valerius Herberger, 1631 Melodie: Melchior Teschner, 1614 Choral aus der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach BWV 245, den Bach 1724 arrangiert hat
Teresa von Ávila / Teresa de Jesús (1515 – 1582) Porträt von Eduardo Balaca (1840–1914)
Während ich dieses schrieb, dachte ich an die Worte des angeführten Verses: dilatasti cor meum, du hast mir das Herz weit gemacht. Es scheint mir jedoch, dass die erwähnten Süßigkeiten ihren Ursprung nicht im Herzen, sondern in einer noch mehr inneren Stätte, gleichsam in einer verborgenen Tiefe haben. Ich meine, es müsse dies der Seelengrund sein, wie ich es nachher erkannt habe und noch sagen werde. Fürwahr, ich sehe in uns Geheimnisse verborgen, die mich oft in Erstaunen setzen; und wie viele wird es noch geben, die ich nicht weiß!
Ich versuche nicht, Herr, zu Deiner Höhe zu dringen, weil mein Verstand mit ihr in keinen Vergleich zu bringen ist; ich wünsche nur einigermaßen Deine Wahrheit zu begreifen, die mein Herz glaubt und liebt. Denn ich suche nicht zu begreifen, um zu glauben, sondern glaube, um zu begreifen.
Wende mein Herz zu Dir bis auf den Grund meiner Seele, wo ich im Schweigen vom Geräusche der Geschöpfe, ungehindert vom Aufruhr störender Gedanken, bei Dir weile, Dich immer gegenwärtig finde, Dich liebe und verehre.
Also, mein liebes Gemüte, forsche nach dem Baum des christlichen Glaubens recht. Er stehet nicht in dieser Welt. Wohl muss er in dir sein, aber du musst mit dem Baume mit Christus in Gott sein, also dass dir diese Welt nur anhange, wie denn sie Christus auch nur anhing. Doch nicht also zu verstehen, dass diese Welt vor Gott nichts taugte oder nicht nütze wäre. Sie ist das große Mysterium.
In einer chassidischen Geschichte wird von einem als unwissend Bezeichneten erzählt, dass er nicht weiß, wie man das Gebetbuch hält. Nach oben, nach unten…
So schlägt er es eines Tages wieder auf und sagt:
Herr der Welt! In diesem Buch sind alle Buchstaben. Ich kann sie nicht lesen. Forme dir mein Gebet daraus.
Mein Herz umfasst sämtliche Formen: Das Mönchskloster, den Tempel der Idole, Die Weide der Gazellen und die Kaaba des Gläubigen, Die Tafeln der Thora und den Koran. Die Liebe ist, wozu ich mich bekenne. Wohin meine Kamele sich auch wenden mögen, Die Liebe ist und bleibt mir Glaube und Gesetz.
In der Stille am offenen Fenster Sitze ich in formeller Meditation, Trage mein Mönchsobergewand. Nabel und Nase in einer Linie, Ohren parallel zu den Schultern. Mondlicht durchflutet den Raum; Der Regen hat aufgehört, Aber vom Dachvorsprung tropft es und tropft. Vollkommen dieser Augenblick — In der unermeßlichen Leere vertieft sich mein Verstehen.