Von seiner Liebe angerührt

Teresa von Avila / Foto: (c) wak

Wahrlich, gäbe es auf diesem Weg des Gebets nichts anderes zu gewinnen, als daß man gewahrt, mit welch besonderer Fürsorge Gott darum bemüht ist, sich uns mitzuteilen, und wie er wieder und wieder uns bittet – denn nichts anderes scheint es zu sein –, bei ihm zu bleiben, so schienen mir alle Mühen wohl angewandt, die man auf sich genommen hat, um dies zu genießen, daß man so sanft und so durchdringend von seiner Liebe angerührt wird.

Teresa von Avila (1515 – 1582) in: Die innere Burg. Siebte Wohung, Drittes Kapitel

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Herr, mit welchem Hymnus soll ich beginnen?

… Herr, mit welchem Hymnus soll ich beginnen? Mit einem zu Seiner Ehre und Herrlichkeit, der mich geheilt und meine Erlösung bewirkt hat. Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang will ich diesen Lobgesang über die ganze Erde singen, nicht nur, um die Macht und die Liebe meines Befreiers zu feiern, sondern um allen suchenden Seelen und der ganzen menschlichen Familie das sichere und wirksame Mittel zur Wiedererlangung von Gesundheit und Leben für immer mitzuteilen. Ich will sie dadurch lehren, wie der Geist der Weisheit und der Wahrheit in ihren eigenen Herzen wohnen und sie auf allen ihren Wegen leiten kann. Amen.

In: Zehn Gebete von Louis Claude de Saint-Martin (1743 – 1803). Hier: Neuntes Gebet. Wie sollte es möglich sein

(Interessante Analogien hier: Rahel Varnhagen von Ense, Karl August Varnhagen von Ense: Angelus Silesius und Saint-Martin. Ferdinand Dümmlers Buchhandlung, Berlin ³1849)

Der vollständige Text der „Zehn Gebete“ ist hier zu lesen:

MAGISCHE BLÄTTER, BUCH IX
CIII. Jahrgang, März 2022, Heft 3 / Thema: Theosophie

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift-magische-bl%C3%A4tter

Bestellt werden kann die Ausgabe hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Obgleich’s bei Nacht ist

Im Lied vom Urquell singt die Seele wieder von etwas, was sie selbst im Innersten bewegt, wie in der „Dunklen Nacht“ und in der „Liebesflamme“. Aber was sie bewegt, ist nicht wie dort ihr eigenes Geschick, sondern das innerste Leben der Gottheit, wie es ihr der Glaube offenbart: der ewige flutende Quell, dem alle Wesen entstammen, der ihnen allen Licht und Leben spendet; der aus sich seinen ihm gleichen Strom gebiert und mit dem zweiten gemeinsam einen dritten von gleicher Fülle hervorbringt. Das Lied, das von diesen Wahrheiten singt, ist durchaus keine „Gedankendichtung“. Es „singt“ wirklich, in reinsten musikalischen Klängen. Die Glaubenslehre ist darin fließendes Leben geworden: das ewige Meer wogt in ruhigem Wellenschlag in der Seele und singt sein Lied darin. Und jedesmal, wenn es an das Ufer schlägt, gibt es einen dunklen Widerhall: „Aunque es de noche“ („Obgleich’s bei Nacht ist“). Die Seele ist begrenzt – sie kann das unendliche Meer nicht fassen. Ihr Geistesauge ist dem himmlischen Licht nicht angepaßt – es erscheint ihr als Dunkel. Und so lebt sie mitten in der Vereinigung mit dem Dreieinigen, selbst im Genuß des Lebensbrotes, worin Er sich ihr mitteilt, ein Leben der Sehnsucht: „Porque es de noche“ („weil es bei Nacht ist“). Das Wesen der dunklen Beschauung ist in diesen Versen ausgesprochen.

Edith Stein / Sr. Teresia Benedicta a Cruce (1891 – 1942) in: Kreuzeswissenschaft – Studie über Johannes vom Kreuz

Uns mit seiner Fülle erfüllen

Thomas Merton | Bild: Archiv

Damit wir Gott zu erkennen und zu lieben vermögen, wie er ist, muss er auf eine neue Art in uns wohnen, nicht nur in seiner Schöpferkraft, sondern auch in seiner Erbarmung, nicht nur in seiner Größe, sondern auch in seiner Klarheit, durch die er sich leer macht und zu uns hinuntersteigt, um in unserer Leere leer zu sein und uns so mit seiner Fülle zu erfüllen. So überbrückt Gott den unendlichen Abstand zwischen sich und den Geistwesen, die geschaffen sind, ihn zu lieben, durch übernatürliche Mitteilung seines eigenen Lebens. Der Vater, der in der Tiefe aller Dinge und in meinen eigenen Tiefen wohnt, teilt mir sein Wort und seinen Geist mit, und in dieser Teilnahme werde ich in sein eigenes Leben einbezogen und erkenne Gott in seiner Liebe.

Thomas Merton (1915 – 1968) in: Verheißungen der Stille. Luzern-Stuttgart 1963

 

Die Existenz Gottes erfahren

Es gibt eine undefinierbare Macht,
die alles durchdringt.

Ich fühle sie,
auch wenn ich sie nicht sehe.

Diese unsichtbare Macht
teilt sich selbst mit
und bedarf keiner weiteren Beweise.

Sie ist transzendent,
das heißt sie liegt jenseits dessen,
was meine Sinne wahrnehmen können.

Dennoch gibt sie uns die Möglichkeit,
die Existenz Gottes
in einem ganz bescheidenen Ausmaß zu erfahren.

Mahatma Gandhi (1869-1948)

Nicht in Worten auszudrücken

Alle Mystiker der Welt haben sich jedesmal außerstande gefühlt, ihre Erfahrung mitzuteilen.  Kommunion ist möglich, aber Kommunikation – nein! Das müßt ihr von grundauf verstehen.

Eine Kommunion ist eine vollkommen andere Dimension: zwei Herzen treffen sich, es ist eine Liebesgeschichte. Kommunikation geht von Kopf zu Kopf; Kommunion geht von Herz zu Herz. Kommunion ist ein Gefühl. Kommunikation ist Wissen: man gibt nur Wörter und man nimmt nur Wörter, nur Wörter werden verstanden. Und Wörter sind ihrer wahren Natur nach so leblos, daß sie nichts Lebendiges vermitteln können.

Das lehrt uns schon das gewöhnliche Leben – ganz zu schweigen also von der höchsten Erfahrung. Schon wenn du unter gewöhnlichen Umständen irgendeinen Höhepunkt erlebst, einen ekstatischen Augenblick, in dem du wirklich etwas fühlst, in dem du wie umgewandelt bist, dann wird es unmöglich, das in Worten auszudrücken.

Osho (1931 – 1990)