Am Rade des Daseins…

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Am Rade des Daseins,
das ewig sich dreht,
sind zweierlei Menschen
ohne Sorgen.

Jene, die alle Geheimnisse
der Welt kennen
und jene, die keinerlei Ahnung
von ihnen haben.

Leider müssen wir erkennen,
dass wir weder der einen
noch der anderen
Kategorie angehören.

Omar Khayyam (1048 – 1131)

Mich aus Wirrniss und Zerstreuung herausziehen

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Nur indem ich mich aus der Wirrniss und Zerstreuung herausziehe, kann ich etwas hören, was außerhalb meiner Hörweite ist, und mir ins Gedächtnis rufen, dass Lauschen weitaus erfrischender ist als all die Gedanken und Vorurteile zu äußern, die mir ohnehin vierundzwanzig Stunden am Tag Gesellschaft leisten. Und nur, indem ich nirgendwohin gehe – indem ich stillsitze oder meinen Geist entspanne -, entdecke ich, dass die Gedanken, die ungebeten zu mir kommen, weitaus frischer und phantasiervoller sind als jene, die ich bewusst hervorbringe.

Pico Iyer (*1957)

https://www.fischerverlage.de/buch/pico-iyer-die-kunst-des-innehaltens-9783596033874

Ohne Wissen zu Gott streben

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Wer auf mystische Weise Gott erkennen will, muss über alle Vernunfterkenntnis hinaus, auch sich selbst lassend, sich in die Dunkelheit werfen. Dann wird er finden, wie das, was der Verstand für unmöglich hält, nämlich das Zugleich von Sein und Nichtsein, die Notwendigkeit selbst ist.
Dionysius sagt, dass man, seine Erkenntnisse selbst mit Füßen tretend, ohne Wissen zu Gott streben muss, weil es dann zu jener Vereinigung kommt, in der es ohne Erkenntnis Gewissheit gibt, wo die Dunkelheit Licht und die Unwissenheit Wissenschaft ist.
Niemand kann auf mystische Weise Gott schauen als allein in der Dunkelheit des Ineinsfallens der Gegensätze.

Nikolaus von Kues (1401 – 1464)

Was taugt diese Welt

Rabbi Israel ben Elieser( um 1700 – 1760), genannt Baal Schem Tow (Besitzer des guten Namens, auch: Meister des guten Namen oder abgekürzt Bescht). Er gilt als der Begründer der chassidischen Bewegung innerhalb des religiösen Judentums

Rabbi Abraham sprach: „Herr der Welt, wäre ein Nu vorstellbar ohne deinen Einfluss und deine Vorsehung, was taugte uns da noch diese Welt, und was taugte uns da noch jene Welt, was taugte uns noch das Kommen des Messias, und was taugte uns da noch die Auferstehung der Toten, was wäre da noch an alledem zu genießen, und wozu wäre es da!“

Auszüge aus »Die Erzählungen der Chassidim« (2) von Martin Buber

Weite Auszüge der Erzählungen sind hier zu lesen:

MAGISCHE BLÄTTER, BUCH X
CIII. Jahrgang, Juli 2022, Heft 7 / Thema: MATERIALIEN ZUM FILM

Bestellt werden kann die Ausgabe hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/publikationsreihe/magische-bl%C3%A4tter-buchreihe

Hören was außer Hörweite ist

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Nur indem ich mich aus der Wirrniss und Zerstreuung herausziehe, kann ich etwas hören, was außerhalb meiner Hörweite ist, und mir ins Gedächtnis rufen, dass Lauschen weitaus erfrischender ist als all die Gedanken und Vorurteile zu äußern, die mir ohnehin vierundzwanzig Stunden am Tag Gesellschaft leisten. Und nur, indem ich nirgendwohin gehe – indem ich stillsitze oder meinen Geist entspanne -, entdecke ich, dass die Gedanken, die ungebeten zu mir kommen, weitaus frischer und phantasiervoller sind als jene, die ich bewusst hervorbringe.

Pico Iyer / Siddharth Pico Raghavan Iyer (*1957) in: The Art of Stillness. Adventures in Going Nowhere

Ein-Sicht statt Aus-Schau

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Möchten doch jene,

die heute von früh bis spät nach Rettung und Hilfe A u s – S c h a u halten,

endlich zur E i n – S i c h t kommen!

Nur wenn die I n n e n – S c h a u

das Spähen nach außen a b l ö s t ,

kann auch im Ä u ß e r e n der Menschheit

Dasein m e n s c h e n w ü r d i g werden.

Bô Yin Râ / Josef Anton Schneiderfranken (1876 – 1943)

Den vollständigen Text von Bô Yin Râ  finden Sie hier:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH V
CII. JAHRGANG FRÜHJAHR 2021

gebunden. ISBN 978-3-948594-06-0 – 20,00 €

https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter

Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Auf mystische Weise Gott erkennen

Foto: © wak

Wer auf mystische Weise Gott erkennen will, muss über alle Vernunfterkenntnis hinaus, auch sich selbst lassend, sich in die Dunkelheit werfen. Dann wird er finden, wie das, was der Verstand für unmöglich hält, nämlich das Zugleich von Sein und Nichtsein, die Notwendigkeit selbst ist.
Dionysius sagt, dass man, seine Erkenntnisse selbst mit Füßen tretend, ohne Wissen zu Gott streben muss, weil es dann zu jener Vereinigung kommt, in der es ohne Erkenntnis Gewissheit gibt, wo die Dunkelheit Licht und die Unwissenheit Wissenschaft ist.
Niemand kann auf mystische Weise Gott schauen als allein in der Dunkelheit des Ineinsfallens der Gegensätze.

Nikolaus von Kues (1401 – 1464)

Sich selbst zuerst auferbauen

Wüstenmutter Syncletica ~ Bilddetail: wikimedia, gemeinfrei

Es ist gefahrvoll, wenn einer lehren will, der nicht durch das tätige Leben hindurchgegangen ist. Wie wenn einer, der ein baufälliges Haus hat, Gäste aufnimmt und sie durch den Einsturz des Hauses beschädigt, so richten auch diejenigen, die nicht sich selbst zuerst auferbaut haben, jene, die sich ihnen anschließen. Mit den Worten rufen sie zum Heile, durch die Schlechtigkeit des Wandels fügen sie Unrecht zu.

Syncletica von Alexandria (ca. 270 – ca. 350) Heilige und Wüstenmutter

Direkte Verbindung mit dem Göttlichen

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Es besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen Religion und Mystik. Es gibt Religionen ohne Spiritualität, und es gibt Spiritualität ohne Religion. Die kirchlich organisierte Religion kann gar nicht umhin, ihre Mitglieder zu der Überzeugung zu bringen, dass sie regelmäßig zu einem bestimmten Ort kommen und sich mit dem System in Beziehung setzen zu müssen, um das richtige Verhältnis zum Göttlichen zu haben. Für die Mystiker übernehmen die Natur und ihr eigener Körper die Rolle eines Tempels. Ihre Verbindung mit dem Göttlichen ist direkt und braucht keinerlei Vermittlung, besonders nicht von seiten jener, die selbst nicht die Erfahrungen gemacht haben und nichts als ernannte Beamte sind. Was für Mystiker von Nutzen sei kann, ist eine sie unterstützende Gemeinschaft von Mitsuchern und Lehrern, die auf dem Weg schon fortgeschrittener sind als sie.

Stanislav Grof (* 1931) in: Die Bewusstseins-Revolution. o.O. 1999, S. 75 (zusammen mit Ervin Laszlo und Peter Russell)

Jeder Mensch ist eine besondere Art Mystiker

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Alle von uns können Momente überwältigender, grenzenloser Zugehörigkeit, Augenblicke universellen Eins-Seins erfahren. Das sind unsere eigenen mystischen Momente. Die Männer und Frauen, die wir Mystiker nennen, unterscheiden sich vom Rest von uns lediglich dadurch, dass sie jenen Erfahrungen den Raum geben, der ihnen in unser aller Leben zusteht. Was zählt, ist nicht die Häufigkeit oder Intensität mystischer Erfahrungen, sondern der Einfluss, den wir ihnen auf unser Leben einräumen. Indem wir unsere mystischen Momente mit allem, was sie bieten und verlangen, zulassen, werden wir die Mystiker, die wir sein sollen. Schließlich ist der Mystiker keine besondere Art Mensch, sondern jeder Mensch eine besondere Art Mystiker.

David Steindl-Rast (*1926) in seinem Buch „Fülle und Nichts. Die Wiedergeburt christlicher Mystik“, München 1985