Ohne Wissen zu Gott streben

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Wer auf mystische Weise Gott erkennen will, muss über alle Vernunfterkenntnis hinaus, auch sich selbst lassend, sich in die Dunkelheit werfen. Dann wird er finden, wie das, was der Verstand für unmöglich hält, nämlich das Zugleich von Sein und Nichtsein, die Notwendigkeit selbst ist.
Dionysius sagt, dass man, seine Erkenntnisse selbst mit Füßen tretend, ohne Wissen zu Gott streben muss, weil es dann zu jener Vereinigung kommt, in der es ohne Erkenntnis Gewissheit gibt, wo die Dunkelheit Licht und die Unwissenheit Wissenschaft ist.
Niemand kann auf mystische Weise Gott schauen als allein in der Dunkelheit des Ineinsfallens der Gegensätze.

Nikolaus von Kues (1401 – 1464)

Das Sein entsteht im Nichtsein

Rückkehr ist die Bewegung des SINNS.
Schwachheit ist die Äußerungsart des SINNS.
Alle Dinge in der Welt entstehen im Sein.
Das Sein entsteht im Nichtsein.

Laotse. Tao Te King – Das Buch des Alten vom Sinn und Leben. 40. Wirkungsart des Zurückgehens. Jena, 1911

Auf mystische Weise Gott erkennen

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Wer auf mystische Weise Gott erkennen will, muss über alle Vernunfterkenntnis hinaus, auch sich selbst lassend, sich in die Dunkelheit werfen. Dann wird er finden, wie das, was der Verstand für unmöglich hält, nämlich das Zugleich von Sein und Nichtsein, die Notwendigkeit selbst ist.
Dionysius sagt, dass man, seine Erkenntnisse selbst mit Füßen tretend, ohne Wissen zu Gott streben muss, weil es dann zu jener Vereinigung kommt, in der es ohne Erkenntnis Gewissheit gibt, wo die Dunkelheit Licht und die Unwissenheit Wissenschaft ist.
Niemand kann auf mystische Weise Gott schauen als allein in der Dunkelheit des Ineinsfallens der Gegensätze.

Nikolaus von Kues (1401 – 1464)

Der Sufismus oder die Mystik

Der Sufismus oder die Mystik

  1. ist die Essenz alles Wissens.
  2. Er ist die Reinigung des Herzens und der Seele.
  3. Er ist das Vereintwerden mit Gott.
  4. Er ist das Wegnehmen der Schleier zwischen Mensch und Gott.
  5. Er ist die Bemeisterung der Gegenwart und die Sicherung der Zukunft.
  6. Er ist die Aufopferung der Ichheit.
  7. Er ist der Verzicht auf die Güter beider Welten.
  8. Er ist das innere Sichfinden, das innere Lauschen und das innere Entzücken.
  9. Er ist die Einweihung im Tempel der Wahrheit.
  10. Er ist die Entzündung des Gottesfunkens im Herzen.
  11. Er ist das Verzichten auf die Selbstüberhebung und Selbstanbetung.
  12. Er ist der Führer zur Einheit.
  13. Er ist das Schließen der Augen für alles außer Gott.
  14. Er ist das Nichtsein in sich und das Da-Sein in Gott,
  15. Er ist das Aufheben des Vorhanges der Geheimnisse Gottes.
  16. Er ist das Erlöstsein vom Ich und das Vereintsein mit dem Du.
  17. Er ist das Nichtsein, das alles Dasein umschließt.
  18. Er ist das Sichselbstbeschauen der Seele im Spiegel der göttlichen Liebe.
  19. Er ist das Schweigen der Vergänglichkeit und das Reden der Ewigkeit im Menschen.
  20. Er ist das Sterben, welches das ewige Leben in sich trägt.
  21. Er ist das Empfinden des Erlöstseins vom Dasein und vom Nichtdasein.

Iranschähr, Hossein Kazemzadeh (1884 -1962): Leben und Sprüche der Sufi-Meister des Islams,, Berlin 1934, S. 11-12

 

 

Ein Punkt reiner Wahrheit in uns

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Im Zentrum unseres Seins ist ein Punkt des Nichtseins, der unberührt von Sünde und Illusion ist, ein Punkt reiner Wahrheit, ein Punkt oder Funke, der nur Gott gehört, über den wir nie Verfügung haben, von dem aus Gott über unser Leben verfügt, der unzugänglich ist für die Phantasien unseres Geistes oder die Brutalitäten unseres Willens.

Dieser kleine Punkt des Nichtseins und der absoluten Armut ist die reine Herrlichkeit Gottes, eingeschrieben in uns als unsere Armut, als unsere Bedürftigkeit, als unsere Sohnschaft. Er
ist wie ein reiner, hell im unsichtbaren Licht des Himmels strahlender Diamant. Er ist in jedem von uns, und wenn wir ihn nur sehen könnten, würden wir diese Milliarden Lichtpunkte im Antlitz und Glanz einer Sonne zusammenkommen sehen, die alle Dunkelheit und Grausamkeit des Lebens vollständig verschwinden ließe.

Thomas Merton (1915 – 1968) in seinem Essay „Ein Mitglied des Menschengeschlechts“

Zitiert in Llewellyn Vaughan-Lee: Das Herzensgebet. Der direkte Weg ins göttliche Mysterium, Freiburg/Br. 2013, S. 12-13

In der Höhle des Herzens

Offenbar und doch verborgen
regt es sich in der Höhle des Herzens,
genannt „der höchste Ort“,
in Ihm hat alles seinen Bestand,
was sich bewegt und atmet und die Augen öffnet.

Erkenne Ihn als Sein und Nichsein,
als den Gegenstand der Sehnsucht:
Er, das höchte aller Wesen,
jenseits allem Erkennen.

Aus den Upanishaden

Das Tal der Erkenntnis

Wenn der Wanderer in dieses Tal eingetreten ist, verschwindet er wie die Erde unter seinen Füssen. Er wird verloren sein,denn das einzigeWesen wird offenbar sein. Er wird stumm sein, denn das einzige Wesen wird reden. Der Teil wird das Ganze werden, oder vielmehr er wird weder Teil noch Ganzes sein. Es wird eine Gestalt ohne Körper und Seele sein . . Was ist der Verstand? Er ist an der Schwelle des Tores geblieben, wie ein blindgeborenes Kind. Wer etwas von diesem Geheimnis gefunden hat, wendet das Haupt vom Reiche beider Welten ab…
Das Wesen, das ich verkündige, ist nicht gesondert da; die ganze Welt ist dieses Wesen; Sein oder Nichtsein, es ist immer dieses Wesen. …

Fariduddin Attar (* um 1136 – † 1220 oder 3. November 1221)
„Das Tal der Erkenntnis“ in „Die sieben Täler“ (Aus dem „Gespräch der Vögel“)