Die höchste Fähigkeit des Menschen ist nicht sein Verstand, sondern seine Intuition; sie bezieht ihr Wissen unmittelbar und spontan von der Seele und nicht durch die unzuverlässige Vermittlung der Sinne oder des Verstandes.
Singe ein Lied, das noch keiner gesungen; Denke so, wie noch keiner gedacht. Strebe nach Gipfeln, die keiner bezwungen; Weine um Gott bei Tag und bei Nacht.
Lieb alle Menschen wie niemand zuvor, Bestehe mutig den Kampf des Lebens. Schenk Frieden dem, der den Frieden verlor, Und Hoffnung dem, der hoffte vergebens.
Es war in dem Augenblick – in dem meine Augen zum ersten Mal das heilige Land Tibet erblickten – als mir klar wurde, dass ich von nun an dem Weg der Weissen Wolken in das verzauberte Land meines Gurus folgen würde, um mehr von seiner Weisheit zu lernen und in dem Frieden und der Schönheit seiner Natur Inspiration zu finden. Ich wußte, dass ich von nun an mich stets zu diesem Land des Lichtes und der Farben hingezogen fühlen und mein Leben der Erforschung seiner geistigen Schätze gewidmet sein würde.
L. A. Govinda, Der Weg der weissen Wolken, Aquamarin Verlag GmbH, 2020
Der vollständige Beitrag von Lama Anagarika Govinda kann hier gelesen werden:
Selbst wenn jemand sagt: ich bin oder das ist meins, richtet er seine Gedanken auf das absolute ich, dass von keiner Grundlage abhängt. Von der Meditation darüber inspiriert, erlangt er anhaltenden Frieden.
Die Zeit ist da, und nicht verborgen Soll das Mysterium mehr sein. In diesem Buche bricht der Morgen Gewaltig in die Zeit hinein.
Verkündiger der Morgenröte, Des Friedens Bote sollst du sein. Sanft wie die Luft in Harf und Flöte Hauch ich dir meinen Atem ein.
Gott sei mit dir, geh hin und wasche Die Augen dir mit Morgentau. Sei treu dem Buch und meiner Asche, Und bade dich im ewigen Blau.
Du wirst das letzte Reich verkünden, Was tausend Jahre soll bestehn; Wirst überschwenglich Wesen finden, Und Jakob Böhmen wiedersehn.
Friedrich von Hardenberg / Novalis (1772 – 1801)
In seinem „An Tieck“ gerichteten Gedicht aus dem Jahre 1800 zeigt Novalis, welche Bedeutung die Begegnung mit dem Werk Jacob Böhmes (1575 – 1624) für ihn hatte. Die letzten Verse verherrlichen gleichsam Böhmes „Morgenröte im Aufgang“.
Die Seele tut kein Werk mehr für Gott, noch auch für sich oder ihre Nächsten. Aber Gott wirkt es, wenn er will, er kann es tun. Und wenn er nicht will, so macht ihr das nichts aus, das eine ist wie das andere: sie bleibt immerfort im einen und selben Zustand. Dann ist der Strahl der göttlichen Erkenntnis in dieser Seele, er zieht sie aus sich selbst ohne ihr Dazutun in einen staunensvollen Frieden.
Margareta Porete / Marguerite Porète (* um 1250/1260 – 1. Juni 1310) im „Spiegel der einfachen Seelen“. Die Begine wurde als Häretikerin auf Anweisung der Inquisition in Paris verbrannt. Ihre Aussagen haben Parallelen zur Mystik von Meister Eckhart.
„Der Schwebende“ von Ernst Barlach in der Kölner Antoniterkirche / Foto: (c) wak
Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe bringe, wo man sich hasst, dass ich Versöhnung bringe, wo man sich kränkt, dass ich Einigkeit bringe, wo Zwietracht ist, dass ich Wahrheit sage, wo Irrtum ist, dass ich den Glauben bringe, wo Zweifel quält, dass ich die Hoffnung bringe, wo Verzweiflung droht, dass ich die Freude bringe, wo Traurigkeit ist, dass ich das Licht bringe, wo Finsternis waltet.
Herr hilf mir, dass ich nicht danach verlange, getröstet zu werden, sondern zu trösten. Dass ich nicht danach verlange, verstanden zu werden, sondern zu verstehen.
Dass ich nicht danach verlange, geliebt zu werden, sondern zu lieben. Denn: Wer gibt, der empfängt, wer verzeiht, dem wird verziehen, wer stirbt, der wird zum ewigen Leben geboren.