Wer da glaubt, zu Gott zu gelangen, indem er die Welt flieht, wann und wo hofft er ihn denn zu finden? Wie weit will er fliehen? Will er fliehen, bis er beim Nichts angelangt ist? Nein, wer feige entflieht, kann ihn nirgends finden.
Rabindranath Tagore (1861 – 1941) in: Sadhana – Der Weg zur Vollendung
Wer sind wir? Das ist die Frage die ich mir immer wieder stelle, und die wir uns alle stellen müssen. Was bringt uns weiter? Wir brauchen offensichtlich eine neue Erkenntnis unseres wahren Wesens. Dorthin wollen uns die spirituellen Wege führen. Sie lassen uns einen Hintergrund erfahren, eine transrationale und transpersonale Erfahrungsebene, aus der alles kommt und in der alles enthalten ist. Aus diesem „Nichts“, wie es die christlichen Mystiker nennen, aus dieser Leere, wie es im Zen genannt wird, erhalten wir die wahre Deutung unseres Wesens.
Wer ist es, der es Nichts nennt? Sicherlich ist es unser äußerlicher Mensch, nicht unser innerlicher. Unser innerlicher Mensch nennt es Alles; denn es lehrt ihn, alle Dinge leiblich und geistlich zu verstehen, ohne irgend ein Ding um seines selbst willen zu beachten.
Auf die Frage, wer ich bin, gibt es nur eine Antwort: Ich bin das Unendliche, die unendliche Weite, welche die Substanz aller Dinge ist. Ich bin niemand und zugleich jedermann, nichts und alles – genau wie du.
Mystiker ist, wer nicht aufhören kann zu wandern und wer in der Gewissheit dessen, was ihm fehlt, on jedem Ort und von jedem Objekt weiß: Das ist es nicht.
Der rote Schläger denkt, daß er schlüge, und der Erschlagene denkt, er sei erschlagen: Sie wissen nicht, wie heimlich ich es füge, daß alle Dinge mich im Innern tragen.
Für mich ist nah, was ferne und versunken; Sonne und Schatten geben sich nichts nach; Götter erscheinen mir, die längst entschwunden; ein und dasselbe sind mir Ruhm und Schmach.
Wer mich verleugnet, kennt nicht seine Lage: Wenn er mich flieht, bin ich, was ihn beschwingt; ich bin der Fragesteller und die Frage; ich bin das Lied, das der Brahmane singt.
Die Götter sehnen sich nach meinen Gründen, den Heiligen Sieben laß‘ ich keine Ruh; du, Liebender des Guten, wirst mich finden und kehrst dem Himmel deinen Rücken zu.