Man muß wie ein Pilger wandern…

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Man muß wie Pilger wandeln,
Frei, bloß und wahrlich leer;
Viel sammeln, halten, handeln
Macht unsern Gang nur schwer.
Wer will, der trag‘ sich tot!
Wir reisen abgeschieden,
Mit wenigem zufrieden,
Wir brauchen’s nur zur Not.

Gerhard Tersteegen (1697–1769) in: Ermunterungslied für die Pilger

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Reines Innesein

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Gott ist es, der das Gemüt
als reines Innesein erhellt,
er gibt ihm sein Licht.
Wie willst du ihn
mit dem Gemüt erkennen,
es sei denn, du wendest es einwärts
und tauchst es in ihn?

Ramana Maharshi (1879 – 1950) in Vierzig Verse / Nr. 22

Licht der Herrlichkeit

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Das Licht der Herrlichkeit
scheint mitten in der Nacht.
Wer kann es sehn?
ein Herz, das Augen hat und wacht.

Angelus Silesius / Johannes Scheffler (1624–1677) in: Cherubinischer Wandersmann, Fünftes Buch, Nr. 12

Es ist Schweigen

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Das ewige Urprinzip
kann weder ausgesagt
noch begreiflich gemacht werden.

Die Worte versagen,
um Sein Wesen zu beschreiben.
Niemand kann das Unendliche
in der Sprache des Endlichen ausdrücken.

Es ist Schweigen.

Ramakrishna (1836 – 1886)

Die Wolke des Nichtwissens

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Eine der wichtigsten Aussagen über Mystik in der westlichen Hemisphäre ist das Buch „Die Wolke des Nichtwissens“. Der Name des Autors ist nicht bekannt; es ist gut, dass wir nicht wissen, wer es geschrieben hat. Es deutet auf eines hin: dass er, bevor er es schrieb, in einer Wolke des Nichtwissens verschwunden war. Es ist das einzige Buch in der westlichen Welt, das den Upanishaden, dem Tao Te Ching, nahe kommt, dem Dhammapada. Es gibt eine seltene Einsicht darin:

Zuerst nennt er es eine Wolke. Eine Wolke ist vage, hat keine definierbaren Grenzen. Sie ist ständig im Wandel; sie ist nicht statisch – niemals, nicht einmal für zwei aufeinanderfolgende Momente, ist sie dieselbe. Sie ist ein Fluss, sie ist reine Veränderung. Und es gibt nichts Substantielles darin. Wenn Sie es in der Hand halten, bleibt nur Nebel übrig, sonst nichts. Vielleicht werden deine Hände nass, aber du wirst keine Wolke in deiner Faust finden.

Chandra Mohan Jain (1931 – 1990) in „Theologia Mystica“

Die Seele lebt durch das was sie liebt

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Die Seele lebt durch das,
was sie liebt, eher als im Körper,
den sie beseelt.
Denn sie hat nicht ihr Leben im Körper,
sondern verleiht es eher dem Körper
und lebt in dem, was sie liebt.

Johannes vom Kreuz / Juan de la Cruz (1542 – l591)