Die Wüste neu keimen lassen

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Erzählt wird von einem Schüler, der zu seinem Meister kommt .
„Es ist öde und leer in meinem Inneren. Wie finde ich nur neue Lebenskraft in mir?“
Der Meister gibt dem Schüler ein Gefäß und rät ihm, täglich zur Quelle zu gehen und Wasser zu holen.
Schon am nächsten Tag kommt der Schüler wieder zum Meister:
„Es ist hoffnungslos. Alles Wasser rinnt durch die Löcher des Gefäßes.“
Der Meister: „Tu, was ich dir sage!“
So geht der Schüler zur Quelle – nicht ohne Zweifel und inneres Murren.
Nach 40 Tagen klagt er dem Meister:
„Ich habe keine Chance; alles Wasser rinnt durch die Löcher des Gefäßes!“
Da nimmt der Meister das Gefäß in die Hand und sagt: “Siehe, wie es neu leuchtet! Dein Schöpfen hat den Rost gelöst.“
Und er zeigt dem Schüler den grünen Streifen im Sand:
Siehe, dein verlorenes Wasser ließ die Wüste neu keimen!“

Diese Weisheitsgeschichte soll aus der Tradition der Wüstenmütter und -väter stammen; der Verfasser ist unbekannt

Impulse für die geistige Entwicklung

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Mit dem mystischen Schrifttum besitzen wir ein unschätzbares Gut, eine kostbare Quelle der Wahrheit, aus welcher der suchende Mensch die Erkenntnisse schöpfen kann, nach denen seine Seele verlangt. Eine entscheidende mystische Wahrheit besagt jedoch, dass der Mensch aus der Mystik nicht nur Wissen umd „letzte Dinge“ gewinnen sollte, sondern vor allem auch Impulse für die Arbeit an seiner geistigen Entwicklung, die letztlich die einzig wahre Sinngebung für ein erfülltes Leben zu gewähren vermag. Die Mystiker haben diesem Anliegen die allergrößte Bedeutung beigemessen und ihre Lehren enthalten entsprechende Aufforderungen sowie Anleitungen für das Erreichen diese Zieles.

René Bütler (1923 – 2016)

Es spielt keine Rolle aus welcher Quelle sie Wasser schöpfen

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Ich habe immer wieder betont,
dass es keine Rolle spielt,
aus welcher Quelle
Sie das Wasser schöpfen,
solange es rein ist
und solange das Wasser
den Durst der Menschen löscht.

Jiddu Krishnamurti (1895-1986)

 

 

Mystikos – ein Versuch

Gottes Natur
sein Wesen
und seine Gottheit
hängt daran,
dass er in der Seele
wirken muss.
Meister Eckhart, Von unsagbaren Dingen

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mystikos:
verborgen und geheimnisvoll
und auch
undurchschaubar und unerklärbar.

Sich
und sein Selbst
verschließen.
Nicht nur die Augen.

myein ist mein ganzes Herz.

Hinein
in den Hortus Conclusus
in den verschlossenen Garten.
Leben lernen
aus der Quelle schöpfen
um den Brunnen überfliessen zu lassen.

Und dann:
Hinaus
mitten in diese Welt,
die sie braucht
die misericordia,
die Barmherzigkeit

die nicht gelingen kann
ohne zuvor
sich und sein Selbst
zu verschließen.

w.a.k.

 

Dieser Text ist zuerst hier erschienen: https://hannahbuchholz.wordpress.com/2015/01/08/mystikos-versuch-von-wak/

 

Der Urgrund ist Einer

Ich habe alle Religionsbräuche geübt: den Hinduismus, den Islam, das Christentum, und ich bin auch die Wege der verschiedenen Sekten des Hinduismus gegangen, und ich habe gefunden, dass es derselbe Gott ist, zu dem sie alle streben, wenn auch auf verschiedenen Wegen …
Ihr müsst diese verschiedenen Wege gehen und einmal jede Glaubensform wirklich durchproben. Ich sehe überall Menschen, die sich im Namen der Religion streiten: Hindus, Muslime, Brahmos, Vishnuiten usw. Sie bedenken aber nicht, dass Der, der Krishna genannt wird, ebenso auch Shiva heißt, und ebenso gut kann er Urkraft, Jesus oder Allah genannt werden und ebenso gut der eine Rama mit seinen tausend Namen. Ein Teich mit vielen Badetreppen. Auf einer schöpfen die Hindus das Wasser in Krügen und nennen es Jal; auf einer anderen schöpfen die Muslime das Wasser in ledernen Schläuchen und nennen es Pani; auf einer dritten die Christen und nennen es Wasser. Können wir uns denn vorstellen, dass dieses Wasser nicht Jal ist, sondern Pani oder Wasser? Das wäre doch lächerlich!
Der Urgrund ist Einer unter verschiedenen Namen, und ein jeder sucht nach demselben Urgrund; nur Klima, Naturanlage und Benennung schaffen die Unterschiede.

Ramakrishna (1836 – 1886)