Fremden Federn zugeschrieben – inspirierende Texte für die Adventszeit ~ 4 | Gott gebe mir die Gelassenheit…

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Gott, gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Autor:
Reinhold Niebuhr ( 1892 – 1971), ein evangelischer Theologe aus den USA, hat das Gebet vor oder während des Zweiten Weltkriegs verfasst. In Briefen datiert Reinhold Niebuhrs Ehefrau es auf 1941 oder 1942

Zugeschrieben:
Friedrich Christoph Oetinger (1702 – 1782); schwäbischer Theosoph.

Geschichte und Quelle:
Dazu ist es gekommen, als der Religionspädagoge Theodor Wilhelm eine deutsche Übersetzung des Gebetes von Niebuhr 1951 in seinem Buch „Wendepunkt der politischen Erziehung“ veröffentlicht hat. Er ließ es unter dem Pseudonym Friedrich Oetinger in Anlehnung an den Theosophen erscheinen. Andere Zuschreibungen nennen unter anderem Dietrich Bonhoeffer, Ignatius von Loyola und Franz von Assisi als Autoren. Auch im „Handbüchlein der Moral“ von Epiktet aus dem 2. Jahrhundert finden sich durchaus Parallelen zum Text des „Gelassenheitsgebetes“.
Eine ausführliche Geschichte zum Gelassenheitsgebet hat die Württembergische Landesbibliothek auf ihrem Webauftritt.

Alles Himmlische, alles Unsichtbare…

Friedrich Christoph Oetinger / Porträt von Georg Adam Eger ~ Jakob Böhme / Gemälde von Christoph Gottlob Glymann ~ wikimedia, gemeinfrei

Alles Himmlische, alles Unsichtbare
hat seine Gestalt, Form und Figur,
wie das Irdische.
Das ist die Summe von J. Böhm,
darum hat ihn Gott uns gesandt.

Friedrich Christoph Oetinger (1702 – 1782) der sich ab 1725 intensiv mit den Schriften Jacob Böhmes beschäftigt hat.

Mehr von und über Jakob Böhme ist hier zu lesen, im Jacob Böhme-Lesebuch: https://mystikaktuell.wordpress.com/2022/06/16/jacob-bohme-lesebuch-vorzugliche-auswahl/

Mit Jakob Böhme das Wesen aller Mystik schauen

Titelseite des Böhme-Buches aus dem Insel-Verlag von 1920

Mystik ist keine Disziplin, keine Rubrik aus der Geschichte der Philosophie, auch keine Abteilung der Religionswissenschaft, sondern ein Zustand, eine Lebensäußerung seelisch-geistig ganz bestimmt veranlagter Menschen. Alle Vorträge, Bücher über die Mystik leiden daran, dass ihre Verfasser glauben, „über“ der Mystik zu stehen, während eine wahrhafte Wertung nur dem darin Stehenden möglich ist. Ein „Darüberstehen“ bedingt ein zergliederndes Vorgehen der Kritik, des diskursiven Denkens, welches noch niemals der Mystik gerecht werden konnte; ein „Darinnenstehen“ bedingt die Fülle schauenden Lebens, welches in der Mystik das große Symbol der Einheit sieht, das alle Erscheinungen, Empfindungen und Gedanken durchdringt. Hier kann Jakob Böhme … ein sicherer Führer sein; diejenigen, die sich in seine Schriften zu versenken vermögen, werden bald das Wesen aller Mystik schauen.

Hans Kayser in seiner Vorbemerkung als Herausgeber des Buches Jakob Böhmes Schriften. Ausgewählt und herausgegeben von Hans Kayser. Mit der Biographie Böhmes von Abraham von Franckenberg und dem Kurzen Auszug Friedrich Christoph Oetingers. Insel-Verlag, Leipzig, 1920, S. 11

Himmelfahrt: Ausbreitung des überwindenden Lichtreiches

Kupferstich: Archiv

Die Himmelfahrt Christi war auch eine Ausbreitung des überwindenden Lichtreiches. Die Auffahrt war eine Verwandlung des Fleisches und Blutes Jesu in den Geist, d.i. in das dünnste herrschene Lichts=principium, oder eine Verklärung der Menschheit, davon Jesus so oft geredet. Zu der Magdalena sagte Jesus, dem sie vorher Hände und Füße geküßt: Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater. Die Auffahrt oder Verklärung geschah stufenweise, wie aus dem Anfang der Offenbarung Johannis zu schließen ist. Der höchste Grad ist uns unbekannt; liegt aber unter dem Worte: zur Rechten sitzen. Da sein Fleisch zu Geist geworden, hat dies principium alles durchdrungen und erfüllt. Es ist das Licht der Welt vorher gewesen, ist es aber alsdann völlig, als ein actus purissimus aller sieben Geister, geworden: daher Petrus sagt, wir seien durch die Auferstehung wieder geboren worden. Von diesem principio nehmen alle Gläubigen teil, sie empfangen Wasser und Geist im Verborgenen.

Friedrich Christoph Oetingers kurzer Auszug der Hauptlehren Jakob Böhms, § XI, S. 69
In: Jakob Böhmes Schriften. Ausgewählt und herausgegeben von Hans Kayser. Insel-Verlag, Leipzig, 1920

Friedrich Christoph Oetinger (1702 – 1782) hat sich als Theologiestudent im Evangelischen Stift Tübingen ab 1725 intensiv mit den Schriften Jakob Böhmes beschäftigt.

Über den Text von Angelus Silesius unter dem Porträt Böhmes mehr hier: https://mystikaktuell.wordpress.com/2021/11/29/gottes-herz-ist-jacob-bohmens-element/