Zu unserer göttlichen Natur aufrufen

Foto: (c) wak

Wahre religiöse Führer … sollten nicht erlösen. Sie haben vielmehr zur Umkehr aufgerufen, zur Metanoia, zur Wende nach innen, zum Wesentlichen hin, zu unserer göttlichen Natur. Aber der Mensch hat die Religionsstifter lieber zur Ehre der Altäre erhoben und betet sie an, statt diese Metanoia, die sie vorgelebt haben, an sich selbst zu vollziehen. Denn der Weg der Verwandlung ist lange und beschwerlich.

Willigis Jäger (1925 – 2020) in: Suche nach dem Sinn des Lebens. Bewusstseinswandel auf dem Weg nach innen. Petersberg, 5. Auflage 1999, S. 181

Werbung

Himmelfahrt: Ausbreitung des überwindenden Lichtreiches

Kupferstich: Archiv

Die Himmelfahrt Christi war auch eine Ausbreitung des überwindenden Lichtreiches. Die Auffahrt war eine Verwandlung des Fleisches und Blutes Jesu in den Geist, d.i. in das dünnste herrschene Lichts=principium, oder eine Verklärung der Menschheit, davon Jesus so oft geredet. Zu der Magdalena sagte Jesus, dem sie vorher Hände und Füße geküßt: Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater. Die Auffahrt oder Verklärung geschah stufenweise, wie aus dem Anfang der Offenbarung Johannis zu schließen ist. Der höchste Grad ist uns unbekannt; liegt aber unter dem Worte: zur Rechten sitzen. Da sein Fleisch zu Geist geworden, hat dies principium alles durchdrungen und erfüllt. Es ist das Licht der Welt vorher gewesen, ist es aber alsdann völlig, als ein actus purissimus aller sieben Geister, geworden: daher Petrus sagt, wir seien durch die Auferstehung wieder geboren worden. Von diesem principio nehmen alle Gläubigen teil, sie empfangen Wasser und Geist im Verborgenen.

Friedrich Christoph Oetingers kurzer Auszug der Hauptlehren Jakob Böhms, § XI, S. 69
In: Jakob Böhmes Schriften. Ausgewählt und herausgegeben von Hans Kayser. Insel-Verlag, Leipzig, 1920

Friedrich Christoph Oetinger (1702 – 1782) hat sich als Theologiestudent im Evangelischen Stift Tübingen ab 1725 intensiv mit den Schriften Jakob Böhmes beschäftigt.

Über den Text von Angelus Silesius unter dem Porträt Böhmes mehr hier: https://mystikaktuell.wordpress.com/2021/11/29/gottes-herz-ist-jacob-bohmens-element/

Ewige Natur

Dieser deutsche Schriftsteller (Namens Jakob Böhme), der vor beinahe zwei hundert Jahren gestorben, und in seiner Zeit als der erste Theosoph angesehen ward, hat in seinen zahlreichen Schriften, die beinahe 30 verschiedene Abhandlungen enthalten, die außerordentlichsten und staunenswerthesten Mittheilungen niedergelegt: …

… Der Leser wird darin finden, daß die ganze gegenwärtige, physische und elementare Natur nur ein Überbleibsel und eine Verwandlung einer frühern Natur ist, welche vom Verfasser die ewige Natur genannt wird.

Louis Claude de Saint-Martin (1743 – 1803) in seinem Beitrag “Der Dienst des Geist-Menschen“

Hier kann der Beitrag vollständig gelesen werden:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH IX
CIII. Jahrgang Frühling 2022

Februar 2022: Sakralkunst (2)

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift-magische-bl%C3%A4tter

Bestellt werden kann die Ausgabe hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Er kam um von dem wahrhaftigen Licht zu zeugen

Foto: © wak

 

„Er kam, um von dem Licht zu zeugen – von dem wahrhaftigen Licht, welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.” Joh. 1; 7, 9

 Der Geist muß … vom inneren Licht erfüllt und überformt werden.

Wer diese Durchlichtung, Überformung und Verwandlung erreimt hat und ein in völliger Hingabe an Gott ganz in seinen innersten Grund entsunkener Mensch geworden ist, dem mag es wohl gelingen, daß ihm in diesem Leben ein Blick der höchsten Überformung durch das ungeschaffene Licht Gottes zuteil wird, in dem er Gott erkennt: „Herr, in Deinem Lichte sehe im das Licht.”

Und wenn er oft in seinen Seelengrund einkehrt und darin heimisch wird, würde ihm mancher Blick in den Gottesgrund zuteil, in dem ihm von Mal zu Mal deutlicher offenbar wird, was Gott ist.

Mit diesem innersten Grund waren große Meister wie Proclus und Plato wohl vertraut, während viele Christen weder sich selbst noch das erkennen, was in ihnen ist: weder den Seelengrund noch den Gottesgrund, weil sie statt nach innen nach außen gerichtet sind und sich mit den äußeren Wahrheiten der Religion begnügen, die sie hindern, über ihre Ichheit hinauszugelangen und den Weg nach innen zu gehen.

Damit wir fähig und bereitet werden für das Erfüllt- und Überformtwerden durch das innere Licht, müssen wir unsere ganze Liebeskraft statt nach außen nach innen lenken und in ihr entflammen, um eine würdige Stätte für den Aufgang des göttlichen Lichts zu werden. Wir müssen denken, begehren und sprechen wie Augustinus:

„Herr, Du gebietest mir, daß im Dich liebe: gib mir, was Du mir gebietest! Du gebietest mir, Dich zu lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit allen Kräften und von ganzem Gemüte: gib mir, Herr, daß ich Dich vor allem und über alles liebe!” Wer das mit allen Fasern seines Wesens begehrt und sich mit aller Kraft seiner Seele nach innen wendet, in dem wächst die Hitze seiner Liebe, bis ihre Glut ihm Mark und Bein verzehrt und das Feuer der Liebe so stark und strahlend wird, daß sein Herz zu leuchten beginnt und schließlich zu Gott und in Gott entflammt.

Dann antwortet Gott mit seiner Liebe und spricht sein Wort, das höher, lichtvoller und leuchtender ist als alle Menschenworte. Davon sagt Dionysius: „Wenn das ewige Wort im Seelengrund gesprochen wird und der Grund so viel liebende Hingabe und Empfänglichkeit hat, daß er das Wort – Christus -in seiner Allheit schöpferisch und vollkommen empfangen kann, dann wird der Seelengrund mit dem Wort eins und wird das Wort selbst. Wenn er auch seinem Wesen nach seine Geschaffenheit behält, ist er vom seinem Ursprung nach das Wort selbst.”

Eben dies bezeugte Jesus: „Vater, daß sie eins werden, wie wir eins sind”, und das Wort, daß Augustinus von Gott empfing: „Du sollst verwandelt werden in mich.”

Dahin gelangt man auf dem Wege der liebenden Gott-Entflammung des Herzens.

Auf diesen Weg nach innen sollen wir achtgeben. Es ist der Weg des Geistes zu Gott und Gottes zu uns. Er ist schmal und verborgen, und jene verfehlen ihn, die sich auf äußere Übung und Wirksamkeit verlassen und meinen, sich vom Ich aus Gott nähern zu können.

Nein, wenn der Mensch den Weg nach innen betritt, muß er das Ich und seine Schwächen und alle äußeren Unzulänglichkeiten lassen und sich mit der ganzen Kraft seiner Liebe Gott überlassen und hingeben, sich selber entwerden und ganz in der Liebe aufgehen. Dann mag es geschehen, daß er für Augenblicke schon in der Zeit erfährt, was er ewig sein wird, wenn die Einheit erreimt ist.

Daß uns allen dies zuteil werde, dazu helfe uns Gott!

Johannes Tauler (um 1300 – 1361) / 44. Predigtzum Fest des Heiligen Johannes des Täufers

Weltunabhängige Gelassenheit

Foto: © wak

 

Ist der Mensch im Wesen verankert, so gibt ihm diese Zentrierung das Bewusstsein eines nicht vernichtbaren Kernes und von daher eine unumstößliche Festigkeit. Er gewinnt eine weltunabhängige Gelassenheit, eine eindeutige Gerichtetheit und Bestimmtheit, vor allem auch ein Selbstbewusstsein, das unabhängig ist von den Umständen und der Anerkennung der Welt. So bedeutet im personalen Sinn „In-der-Mitte-sein“, dass der Mensch in einer Weise da ist, in der er in allem Auf und Nieder des Lebens Kraft, Sinn und Richtung aus seinem Wesen empfängt und unverrückbar um den Wesensauftrag kreist, das Sein im Dasein zu offenbaren.

Karlfried Graf Dürkheim: Der Alltag als Übung. Vom Weg zur Verwandlung. 10. Auflage 2001, Bern, Göttingen, Seattle, Toronto, S. 78-79

Weg der Erfahrung und Übung

Foto: © Marlies Schwochow +

 

Was ist das zentrale Anliegen des Zen? Die Neugeburt und Verwandlung des Menschen aus der Erfahrung des Seins. Zen lehrt uns den Weg zur Befreiung unseres Wesens aus den Fesseln des weltabhängigen Ichs. Zen lehrt es nicht mit den Mitteln des analytischen, schlussfolgernden Denkens, auch nicht in der Form eines dogmatischen Glaubens oder einer spekulativen Metaphysik, sondern als Weg der Erfahrung und Übung.

Karlfried Graf Dürckheim (1896 – 1988)

Weg der Erfahrung

Foto: Marlies Schwochow +

Was ist das zentrale Anliegen des Zen? Die Neugeburt und Verwandlung des Menschen aus der Erfahrung des Seins. Zen lehrt uns den Weg zur Befreiung unseres Wesens aus den Fesseln des weltabhängigen Ichs. Zen lehrt es nicht mit den Mitteln des analytischen, schlussfolgernden Denkens, auch nicht in der Form eines dogmatischen Glaubens oder einer spekulativen Metaphysik, sondern als Weg der Erfahrung und Übung.

Karlfried Graf Dürckheim (1896 – 1988)

Ich lobe den Tanz!

tanzFoto: © wak

 

Ich lobe den Tanz!
denn er befreit den Menschen
von der Schwere der Dinge
bindet den Vereinzelten
an die Gemeinschaft.

Ich lobe den Tanz
der alles fordert und fördert:
Gesundheit und klaren Geist
und eine beschwingte Seele.

Tanz ist Verwandlung
des Raumes, der Zeit, des Menschen
der dauernd in Gefahr ist
zu zerfallen ganz Hirn
Wille oder Gefühl zu werden.

Der Tanz dagegen fordert
den ganzen Menschen
der in seiner Mitte verankert ist
der nicht besessen ist
von der Begehrlichkeit
nach Menschen und Dingen
und von der Dämonie
der Verlassenheit im eigenen Ich.

Der Tanz fordert
den befreiten, den schwingenden
Menschen
im Gleichgewicht aller Kräfte.

Ich lobe den Tanz!
O Mensch lerne tanzen,
sonst wissen die Engel
im Himmel mit dir
nichts anzufangen!

Autor unbekannt. Fälschlich Augustinus von Hippo (354-430) zugeschrieben

Neugeburt und Verwandlung

Was ist das zentrale Anliegen des Zen? Die Neugeburt und Verwandlung des Menschen aus der Erfahrung des Seins. Zen lehrt uns den Weg zur Befreiung unseres Wesens aus den Fesseln des weltabhängigen Ichs. Zen lehrt es nicht mit den Mitteln des analytischen, schlussfolgernden Denkens, auch nicht in der Form eines dogmatischen Glaubens oder einer spekulativen Metaphysik, sondern als Weg der Erfahrung und Übung.

Karlfried Graf Dürckheim (1896 – 1988)