Nicht gewaltsam
müsst ihr vorgehen,
wenn ihr euch zu sammeln beginnt,
sondern mit Sanftheit,
damit ihr es
mit größerer Beständigkeit tun könnt.
Teresa von Avila (1515 – 1582)
Mystik ist keine Disziplin, keine Rubrik aus der Geschichte der Philosophie, auch keine Abteilung der Religionswissenschaft, sondern ein Zustand, eine Lebensäußerung seelisch-geistig ganz bestimmt veranlagter Menschen. Alle Vorträge, Bücher über die Mystik leiden daran, dass ihre Verfasser glauben, „über“ der Mystik zu stehen, während eine wahrhafte Wertung nur dem darin Stehenden möglich ist. Ein „Darüberstehen“ bedingt ein zergliederndes Vorgehen der Kritik, des diskursiven Denkens, welches noch niemals der Mystik gerecht werden konnte; ein „Darinnenstehen“ bedingt die Fülle schauenden Lebens, welches in der Mystik das große Symbol der Einheit sieht, das alle Erscheinungen, Empfindungen und Gedanken durchdringt. Hier kann Jakob Böhme … ein sicherer Führer sein; diejenigen, die sich in seine Schriften zu versenken vermögen, werden bald das Wesen aller Mystik schauen.
Hans Kayser in seiner Vorbemerkung als Herausgeber des Buches Jakob Böhmes Schriften. Ausgewählt und herausgegeben von Hans Kayser. Mit der Biographie Böhmes von Abraham von Franckenberg und dem Kurzen Auszug Friedrich Christoph Oetingers. Insel-Verlag, Leipzig, 1920, S. 11
Handeln bedeutet, gegenüber deinen eigenen Gedanken – den guten wie den schlechten – wahrhaft aufmerksam zu sein, in die wahre Natur aller Gedanken zu schauen, weder die Vergangenheit zu verfolgen noch die Zukunft einzuladen, weder ein Anhaften an freudige Erfahrungen zuzulassen noch sich von traurigen Ereignissen überwältigen zu lassen. Wenn man so vorgeht, versucht man, den Zustand der großen Ausgewogenheit zu erreichen und in ihm zu verweilen; ein Zustand, in dem alles – gut und schlecht, Friede und Verzweiflung – leer ist von wahrer Identität.
Dudjom Rinpoche (1904-1987)