Man muß wie Pilger wandeln, Frei, bloß und wahrlich leer; Viel sammeln, halten, handeln Macht unsern Gang nur schwer. Wer will, der trag‘ sich tot! Wir reisen abgeschieden, Mit wenigem zufrieden, Wir brauchen’s nur zur Not.
Gerhard Tersteegen (1697–1769)in: Ermunterungslied für die Pilger
… wenn dein Herz fest ist, dann magst du untätig weilen beim Nicht-Handeln, und alle Dinge wandeln sich selber. Lass fahren deinen Leib; spei aus deine Sinneseindrücke; werde gleichgültig und vergiss die Außenwelt; komm in Übereinstimmung mit dem Uranfang; löse dein Herz; entlass deinen Geist; kehre zurück ins Unbewusste: dann kehren alle Wesen zurück zu ihrer Wurzel.
Dschuang Dsi. Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Aus dem Chinesischen verdeutscht und erläutert von Richard Wilhelm. Jena 1912 / Buch 11, Kapitel 4, S. 80
Die Theologia Deutsch ist wie ein Becken, in das sich die Flüsse und Flüsslein deutscher Mystik ergossen haben. Hält man die Schriften der drei großen Mystiker zusammen, dann wird man gewahr, dass sie eine Einheit ausmachen. Von Seuse ist uns seine geistige Biographie erhalten. Sie ist ganz persönlich; aber dahinter verbirgt sich Anderes. Sie zeigt nämlich unzweideutig, … dass darin Schritt für Schritt der Erkenntnisweg zur christlichen Einweihung geschildert ist. — Seuse gibt den Weg, Eckhart die Schau. Darum wird er der Meister geheissen. Er hat zum Rüstzeug die feinsten Distinktionen der Scholastik. — In Taulers Predigten wandeln sich die Erlebnisse, empfangen durch die Einweihung in sittliche Forderungen. Seuse und Tauler sind Eckharts Schüler; der Verfasser der Theologia ist bei allen Dreien in die Lehre gegangen, am meisten bei Tauler, der mit Namen genannt ist
Ein Buch. Eine Vorrede und eine Einleitung dazu. Werner Witzemann
Schweigen ist für einen Wahrheitssucher wie mich eine große Hilfe. Im Schweigen findet die Seele den Pfad zu klarerem Licht, und was unfassbar und trügerisch ist, wandelt sich in kristallene Wahrheit. Unser Leben ist ein langes und mühseliges Suchen nach Wahrheit, und die Seele braucht innere Ruhe, um ihr Tiefstes auszuschöpfen.
Mahatma Gandhi / 1938 – Foto seiner Statue: (c) wak
Feuer gibt nicht nur Helle und Wärme, es wandelt von Grund auf, wenn es das Feuer der Liebe ist. Es macht transparent wie die Metalle in den Ikonen. Man schaut einen seltenen Glanz, und schaut wie hindurch und sieht mehr. Verborgenes. Tiefes.
Schauen ist ein Wissen weiselos, Das über der Vernunft bleibt allezeit. Es kann sich zur Vernunft nicht neigen, Und die Vernunft nicht zu ihm aufwärts steigen.
Verklärte Unweise ist ein Spiegel fein, Darin Gott einstrahlt seinen ewigen Schein. Unweise, die ist ohne Arten, Darin alle Werke der Vernunft versagen. Unweise ist Gott selber nit; Doch ist sie das Licht, womit man sieht.
Die Unweisen wandeln im göttlichen Lichte, Die sehen in sich eine große Wüste. Unweise ist zwar über der Vernunft, doch ihrer nicht bar. Verwundern ist hinieden, Ohne Verwundern ist das schauende Leben.
Unweise sieht, aber sie weiß nicht was; Es ist über allem, nich dies, nich das. Jetzt muss ich das Reimen lassen bleiben, soll ich das Schauen klar bechreiben.
Jan van Ruysbroek (1293 – 1381) im „Buch von den zwölf Beginen“
Wer stehenbleibt, verfällt. Aber auch wer zu laufen beginnt, verfällt. Daß wir uns wandeln können, ist unser größter Reichtum. Bereiten wir diese Wandlung Schritt für Schritt vor, damit uns dann und wann der entscheidende Sprung, der immer zugleich ein Scheiden und ein Ankommen ist, gelinge.
Jean Gebser (1905 – 1973) in: Gebser Gesamtausgabe, Schaffhausen 1986, Band 1, S. 316
Dies ist Liebe: himmelwärts zu fliegen, Eine Hülle nach der andern sprengen. Erster Schritt: das Leben hinzugeben, Letzter Schritt: zu wandeln ohne Füße, Dieser Welt die Augen zu verschließen Und von allem, was erscheint, nichts sehen.