Kunst ist menschheitsumspannend wie die Natur. Sie gehört dem Menschheitskörper an und durchblutet ihn mit Sinn, Weisheit, Wissen und Freude. Ihre lichte Macht ist das quellende Spiel, das aus der Herz-Mitte kommt, einer Mitte, die die Extreme als Flügel zu nutzen weiß für den großen Flug der Liebe, in der die eine Sonne sich in unzähligen individuellen Wegen, Gestalten und Farben der Erde ausdrückt.
Ist Kunst systemrelevant? Vortrag von Alfred Bast am 14.9.2021 / Mehr zu Alfred Bast hier: www.alfred.bast.de
Hier kann der Vortrag von Alfred Bast vollständig gelesen werden:
MAGISCHE BLÄTTERBUCH IX CIII. Jahrgang Frühling 2022 ~ Februar 2022: Sakralkunst (2)
Die Weisheit aller Zeiten und aller Erdteile spricht zu uns über den Weg zu unserer Tiefe. Er ist auf unzählige verschiedene Weisen beschrieben worden. Aber alle, die sich um diesen Weg bemüht haben, Mystiker und Priester, Dichter und Philosophen, Ungebildete und Gebildete, alle, die ihn beschritten haben – sei es durch Beichte, einsame Selbsterforschung, innere oder äußere Katastrophen, Gebet, Versenkung -, alle haben dieselbe Erfahrung bezeugt. Sie erfuhren, dass nichts dem Bilde entsprach, das sie von sich hatten, selbst wenn sie in eine tiefere Schicht unter die täuschende Oberfläche vorgestoßen waren. Jene tiefere Schicht wurde selbst zur Oberfläche, wenn eine noch tiefere entdeckt wurde. Das ereignete sich immer und immer wieder, solange sie lebten, solange sie sich auf dem Weg zu ihrer Tiefe befanden.
Paul Tillich (1886-1965) in: Religiöse Reden. Berlin / New York 1987, S. 55
Ein Sultan rief, so wird berichtet, Maler in seinen Palast. Eine Gruppe kam aus China, eine andere aus Byzanz. Die chinesischen Maler behaupteten, sie seien die besten Künstler. Und die griechischen haben ihrerseits den Vorrang ihrer Kunst beansprucht. So beauftragte der Sultan beide Gruppen von Künstlern, dass sie zwei gegenüberliegende Wände mit Fresken schmücken sollten. Nun wurde ein Vorhang in der Mitte des Raumes gespannt, so dass die beiden Gruppen nicht sehen konnten, was die jeweils andere tat. Voller Eifer haben die Chinesen alle nur erdenklichen Arten von Malerei angewandt und sich enorm angestrengt. Die Griechen dagegen gingen her und polierten und glätteten die ihnen zugewiesene Wand unaufhörlich.
Als nun der Vorhang weggezogen wurde, konnten die wunderbaren Fresken der chinesischen Maler bewundert werden. Auf der gegenüberliegenden Wand spiegelten sie sich, so dass all die zauberhaften Malereien der Chinesen auf der Seite der Griechen viel schöner erstrahlte.
Die Griechen, das sind die Sufis. Sie sind ohne Studien, ohne Bücher, ohne Bildung. Aber sie haben ihre Herzen geglättet. Sie sind gereinigt von Verlangen, Begehren, Habsucht und Haß. Diese Reinigung eines Spiegels ist ohne jeden Zweifel das Herz, das unzählige Bilder empfängt. Der vollkommene Heilige bewahrt in seinem Innern die unendliche Form ohne Form vom Unsichtbaren, reflektiert im Spiegel seines eigenen Herzens.
Diese Parabel von Rumi (+ 1273) zum Weg der Gotteserkenntnis wurde berichtet in dem Buch von Eva de Vitray-Meyerovitch: Anthologie du soufisme. Paris 1978. Hier von mir verkürzt erzählt aus der Dokumentation des Meditationszentrum Exercitium Humanum in Tholey von einer Pfingsttagung zum mystischen Weg von Juden, Christen und Muslime im Jahr 1980
… Es sind in dieser natürlichen Welt Menschen geboren worden mit all unseren menschlichen Begrenzungen und Verlangen, aber sie beweisen, dass sie in der Welt des Geistes atmeten, dass die höchste Vollkommenheit in der Freiheit der Persönlichkeit, in der vollkommenen Einigung der Liebe besteht. …
… Ihr unerschöpfliches Leben fließt wie der Wogenschwall einer gewaltigen, mächtigen Flut durch grüne Felder und Wüsten, durch langgestreckte dunkle Höhlen der Vergessenheit in die tanzende Freude des Sonnenlichts. Sie bringen Leben vor die Türen der unzähligen Menschen endlose Jahre lang, heilend und durstlöschend, sie waschen die Flecken des Alltagsstaubes ab und singen mit lebenbebender Stimme in allen Lärm der Märkte das Lied des ewigen Lebens.
Rabindranath Tagore (1861 – 1941
Den vollständigen Text von Rabindranath Tagore über „Lichtbringer“ finden Sie hier:
MAGISCHE BLÄTTER BUCH V CII. JAHRGANG FRÜHJAHR 2021
Rumi: Offenes Geheimnis – Hörstück von Ronald Steckel
Der von 1207 bis 1273 lebende persische Gelehrte, Dichter und sufische Mystiker Dschelal-ed-Din Rumi gilt als eine der größten poetischen Stimmen des Orients und wird in allen arabisch-sprechenden Ländern mit ähnlicher Bewunderung verehrt wie Dante oder Homer im Abendland. In Anrufungen, Aufforderungen, Unterhaltungen und Selbstbefragungen erzählen die Verse von den unzähligen Erscheinungsformen der Liebe, die Gott, Mensch und Welt verbinden.
Mit Max Hopp, Naomi Krauss, Rolf Zacher u.v.a.
Aus der Reihe „Das innere Licht – Texte zur Mystik“
Lernt Selbstüberwindung, bleibt eine Zeitlang beharrlich dabei, und ihr werdet sehr klar sehen, welchen Nutzen ihr davon habt. Wenn ihr euch dem Gebet widmet, werdet ihr sogleich fühlen, wie eure Sinne sich sammeln: Sie sind wie Bienen, die in den Stock zurückkehren und sich dort einschließen zur Bereitung des Honigs… Und immer schneller werden sie dann beim ersten Ruf des Willens zurückkehren. Und endlich, nach unzähligen Übungen dieser Art, macht Gott sie für einen Zustand vollkommener Ruhe und Kontemplation bereit.
Selber müssen sich die Wesen
um die Erleuchtung bemühen;
auch ein Erwachter kann sie nicht erlösen.
Wenn er es könnte,
müssten alle Wesen schon erlöst sein,
denn es hat schon unzählige Buddhas gegeben.