Der Unendliche

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Die heilige Unwissenheit hat uns einen Geist gelehrt, der unaussprechlich ist; und zwar weil er durch sein Unendlichsein größer ist als alles, was benannt werden kann. Und weil dies absolut wahr ist, sprechen wir wahrer von ihm durch Abtun und Verneinen. Wie auch der große Dionysius wollte, dass Gott für ihn weder Wahrheit noch Vernunft, noch Licht, noch irgendetwas sei, das man aussagen kann. Ihm folgen Rabbi Salomon (Moses Maimonides) und alle Weisen. Daher ist Gott nach der negativen Theologie weder Vater noch Sohn, noch Heiliger Geist, Nach ihr ist er nur der Unendliche.

Nikolaus von Kues (1401 – 1464) in „Die wissende Unwissenheit“

Es ist in dir

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Der Jünger sprach zum Meister: „Wie mag ich kommen zu dem übersinnlichen Leben, dass ich Gott sehe und höre reden?“ Der Meister sprach: „Wenn du dich magst einen Augenblick in das schwingen, da keine Creatur wohnet, so hörest du, was Gott redet“.

Der Jünger sprach: „Ist das nahe oder ferne?“ Der Meister sprach: „Es ist in dir; und so du magst eine Stunde schweigen von allen deinen Wollen und Sinnen, so wirst du unaussprechliche Worte Gottes hören.“

Der Jünger sprach: „Wie mag ich hören, so ich von Willen und Sinnen stille stehe?“ Der Meister sprach: „Wann du von Sinnen und Wollen deiner Selbheit stille stehest, so wird in dir das ewige Hören, Sehen und Sprechen offenbar und höret und siehet Gott durch dich; dein eigen Hören, Wollen und Sehen verhindert dich, dass du Gott nicht siehest und hörest.“

Jakob Böhme (1575 – 1624) in: Christosophia: oder Der Weg zu Christo

Anleitung zur Lektüre mystischer Schriften

 

… Aber von welchem Alter der Mensch auch sei, der seinen inneren Grund voll Ernst übt, mit schlichter, lauterer, göttlicher Gesinnung in geordneter, demütiger, anhaltender Furcht, so empfängt er unaussprechlichen, unbekannten Reichtum in göttlicher Vereinigung, wenn ihm der innere Grund zuweilen entsinkt in genießender Liebe und innerem Frieden, ruhend in Verlorenheit und Vergessenheit seines eigenen Selbst. Und für diese Art und aller äußeren Tugend Ordnung soll aller Reichtum der Vernunft, die ein Mensch besitzt, ein dienender Knecht sein. Die vertraute Gemeinschaft mit Gott soll der Vernunft unbekannt bleiben. Dazu sagte Dionysius: „Lasst alles sinnenhafte und vernünftige Tun, und erhebt euch ohne (die) Erkenntnis (durch die Vernunft) zu der Einung mit Gott, die da über alle Vernunft ist.“ Wer sich so in Ordnung innerlich übte, dem wird oft das innere Gezelt ohne Hilfe der Erkenntnis gezeigt, in dem die göttliche Einheit wohnt und ruht, genießend und göttlich schauend. Solchem Erlebnis ist bei keinem Menschen vor seinem fünfzigsten Lebensjahre zu trauen.

Johannes Tauler (um 1300 – 1361), Predigt 84, Freiburg/Br. 1961, S. 626

 

Frei von sich und allen Dingen

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Wenn ich predige, dann pflege ich von vier Dingen zu sprechen. Erstens von Abgeschiedenheit und daß der Mensch frei und ledig sein muß – von sich selbst und von allen Dingen. Zweitens pflege ich davon zu sprechen, daß man wieder hineingebildet und zurückgeformt werden soll in das einzige und einfältige, wahrhaft eine Gut, das Gott ist. Zum dritten sage ich, daß man die große Edelkeit und den Adel bedenken muß, den Gott der Seele mitgeteilt hat, damit der Mensch mit diesem Adel wieder in einem Wunder zu Gott zurückgelangt. Viertens spreche ich von der Lauterkeit, Reinheit und Klarheit der göttlichen Natur – welche Klarheit und Reinheit die göttliche Natur besitzt, das ist unaussprechlich. Gott ist ein Wort, ein ungesprochenes Wort.

Meister Eckhart (1260 – 1328)

Mehr dazu hier: http://www.eckhart.de/index.htm?loeser.htm

 

 

Unaussprechliches enthüllt – Beginenmystik am 2. September in Köln

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Wenn die Seele allein steht
in der uferlosen Ewigkeit,
weit geworden,
gerettet durch die Einheit,
die sie aufnimmt,
dann wird ihr etwas Einfaches enthüllt,
das Unaussprechliche,
das reine und nackte Nichts.

Hadewijch von Antwerpen (ca. 1220-1260)

Mehr zur Mystik der Beginen im Mystikkreis Köln am 2. September hier:

https://mystikaktuell.wordpress.com/2018/08/21/strahlkraft-der-beginen-mystik-2-september-in-koeln/

Im göttlichen Abgrund verliert sich der Geist

Johannes Tauler

Im göttlichen Abgrund verliert sich der Geist so tief und in so grundloser Weise, dass er von sich selber nichts weiß. Er kennt da weder Wort noch Weise, weder Fühlen noch Schmecken, weder Erkennen noch Lieben; dann ist alles ein lauterer, unverdeckter, einfacher Gott, ein unaussprechlicher Abgrund.

Johannes Tauler (um 1300 – 1361)

Es ist in dir

Der Jünger sprach zum Meister:
Wie mag ich kommen zu dem übersinnlichen Leben,
dass ich Gott sehe und höre reden?

Der Meister sprach:
Wenn du dich magst einen Augenblick in das
schwingen, da keine Kreatur wohnet,
so hörest du, was Gott redet.

Der Jünger sprach:
Ist das nahe oder ferne?

Der Meister sprach:
Es ist in dir, und so du magst eine Stunde schweigen
von allem deinem Wollen und Sinnen,
so wirst du unaussprechliche Worte Gottes hören.

Jakob Böhme (1575 – 1624)

Gott ist ein Wort, ein ungesprochenes Wort

Wenn ich predige, dann pflege ich von vier Dingen zu sprechen. Erstens von Abgeschiedenheit und daß der Mensch frei und ledig sein muß – von sich selbst und von allen Dingen. Zweitens pflege ich davon zu sprechen, daß man wieder hineingebildet und zurückgeformt werden soll in das einzige und einfältige, wahrhaft eine Gut, das Gott ist. Zum dritten sage ich, daß man die große Edelkeit und den Adel bedenken muß, den Gott der Seele mitgeteilt hat, damit der Mensch mit diesem Adel wieder in einem Wunder zu Gott zurückgelangt. Viertens spreche ich von der Lauterkeit, Reinheit und Klarheit der göttlichen Natur – welche Klarheit und Reinheit die göttliche Natur besitzt, das ist unaussprechlich. Gott ist ein Wort, ein ungesprochenes Wort.

Meister Eckhart (1260 – 1328)

Mehr dazu hier: http://www.eckhart.de/index.htm?loeser.htm

Überweltliche Weise

An jene urgöttliche Waage uns haltend, welche auch die gesamten heiligen Ordnungen der überhimmlischen Chöre durchwegs regelt, wollen wir das über Verstand und Wesen erhabene Verborgene der Urgottheit mit heiligen, auf volle Erforschung verzichtenden Akten der Ehrfurcht des Geistes, das Unaussprechliche mit bescheidenem Schweigen ehren, und so erheben wir uns zu den aus den heiligen Schriften uns niederleuchtenden Strahlen. Von ihnen werden wir zum Verständnis der urgöttlichen Hymnen lichtvoll geleitet, indem wir durch sie auf überweltliche Weise mit Licht erfüllt und nach den heiligen Hymnologien umgeformt werden, damit wir die uns durch dieselben in entsprechendem Maße vermittelten urgöttlichen Lichter schauen und den Gutes spendenden Urgrund jeglicher heiliger Lichterscheinung preisen, so wie er selbst es über sich in den heiligen Schriften überliefert hat. Er ist nämlich aller Dinge Ursache, Anfang, Wesen und Leben. Er ist Rückberufung und Aufrichtung für alles von ihm Abgefallene; er ist Wiedererneuerung und Wiedergestaltung alles dessen, was unter die das göttliche Ebenbild verdunkelnde Macht gesunken ist; er ist die heilige, feste Einstellung von allem, was von irgendeiner unheiligen Erschütterung ins Wanken gebracht wird; er ist die sichere Haltung des Stehenden (Ruhenden). Er ist die emporleitende Handführung für alle, die zu ihm emporgeführt werden, die Einstrahlung für alle, die erleuchtet werden, die Urweihe für alle, die Weihevollendung erlangen, die Urgottheit für alle, die vergöttlicht werden, die Vereinheitlichung für alle, die vereinfacht werden, die Einheit aller, die in das Eine gestaltet werden, der überursprüngliche, überwesentliche Ursprung jeglichen Ursprungs, die gütige Mitteilung des Verborgenen nach zulässigem Maße, endlich, um es kurz zu sagen, das Leben der Lebenden, das Wesen der Wesenbegabten, jeglichen Lebens und Wesens Ursprung und Ursache infolge seiner Güte, weil er das Seiende ins Dasein ruft und zusammenhält.

Dionysius Areopagita, ps. (geschrieben vor 476) – Schriften über „Göttliche Namen“ (De divinis nominibus)

http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3730-2.htm