Gottes Sein in allen Dingen

Ignatius von Loyola / Bild: Archiv

Man soll sich also darin üben,
Gottes Gegenwart in allen Dingen zu suchen,
im Gehen, Sehen, Schmecken,
Hören, Denken, überhaupt in allem,
was man tut.
Ist doch Gottes Sein
in allen Dingen,
durch Gegenwart, Wirken und Wesen.

Ignatius von Loyola (1491 – 1555)

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Gebet der liebenden Aufmerksamkeit

Der Heilige Ignatius von Loyola (1491-1565), der Gründer des Jesuitenordens, lädt uns ein, am Ende jedes Tages während 10-15 Minuten einen betenden Tagesrückblick zu machen. Dieses Gebet hat drei Ziele:

  • Es ist noch einmal ein intimer Moment des persönlichen Gebetes mit Gott;
  • Ich würdige den vergangenen Tag, indem ich noch einmal auf die wichtigsten Momente schaue;
  • Ich übe mich ein in eine Haltung der Dankbarkeit, in die Wahrnehmung meiner Erfahrungen und dadurch in die Unterscheidung der Geister-

Ignatius schlägt dabei eine gewisse Form vor, das Examen, das wir Gebet der liebenden Aufmerksamkeit nennen. Eine ausführliche Anleitung unten (als PDF zum Herunterladen).
Wichtiger aber als das Einhalten einer Form ist das Bemühen, es überhaupt zu versuchen. Also lieber nur 2-3 Minuten als gar nicht.

Hier hat Beat Altenbach SJ eine ausführlichere Anleitung als pdf-Datei zusammengefasst: https://beataltenbach.files.wordpress.com/2020/04/ignat-tagesrc3bcckblick.pdf

Schwingungen der Aufrichtigkeit

Foto (c) wak

Beat bedeutet nicht so sehr müde oder erschöpft, sondern vielmehr „beato“, das italienische Wort für selig: sich in einem Zustand der Seligkeit befinden, wie der heilige Franziskus, versuchen, alles Leben zu lieben, versuchen, allen gegenüber völlig aufrichtig zu sein, sich in Ausdauer und Freundlichkeit üben, die Freude des Herzens kultivieren. Wie kann man das in unserer verrückten modernen Welt der Vielzahl und der Millionen tun? Indem man ein wenig Einsamkeit praktiziert, indem man sich ab und zu zurückzieht, um das kostbarste aller Golde zu speichern: die Schwingungen der Aufrichtigkeit.

Jack Kerouac (1922 – 1969)

Geschicktes Mittel

Foto: (c) wak

Ob man sich erhebt, steht, geht, etwas tut oder mit etwas aufhört – man sammle den Geist stets auf das Tun selbst und nicht auf die Beziehung, die man zum Handelnden oder seinem Charakter oder Wert hat…

Man übe einfach nur die Sammlung des Geistes auf das Tun selbst, und so wird man ihn als ein geschicktes Mittel verstehen, das einem zur Stille des Geistes, zu Verwirklichung, Einsicht und Weisheit verhilft.

Ashvagosha (* um 80 – 150)

Mut, Strahlen und Zuversicht ausatmen

Foto: (c) wak

Als erstes muss man aufhören, vor diesem natürlich unangenehmen aber einfach höchst menschlichen Gefühl (der Hilflosigkeit) davon zu laufen. Solange wir leben, werden wir uns immer wieder hilflos fühlen. Als zweiten Schritt nutze ich dieses Gefühl der Hilflosigkeit, um mich in Mitgefühl zu üben für alle Menschen und Wesen, die sich auch hilflos fühlen oder sich in einer Lage der Hilflosigkeit befinden. Empfinden wir selbst gerade ein Gefühl dieser Art in uns, dann ist das der ideale Zeitpunkt um Mitgefühl zu üben, Tonglen, oder „Atishas Heart“, wie Osho es nannte, zu praktizieren. Ich atme all die Hilflosigkeit, die in mir und in anderen Wesen ist, ein, und atme alles, was in mir an Mut, Strahlen, Zuversicht ist, aus. Auf diese Weise wird Hilflosigkeit (und jedes andere Gefühl) in Segen verwandelt. Das ist tiefste Alchemie.

Pyar (*1960)

Mehr hier: https://pyar.de/tonglen/

Was die Buddhas lehren

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Tu Gutes,
meide das Böse
und zähme und kläre
deinen Geist.

Das ist die Lehre des Buddha.

Die drei Lehren entsprechen der Goldenen Regel. Wir beruhigen Herz und Geist durch das Vermeiden von unheilsamem und Üben von heilsamem Tun. Und mit Hilfe der Meditation lernen wir uns selbst spüren und werden uns unseres Verhaltens mit Körper, Rede und Geist bewusst. Das wiederum fördert die Fähigkeit zwischen heilsamem und unheilsamem Verhalten genauer zu unterscheiden.

Die Lehre der Sieben Buddhas. Mehr hier: https://buddhastiftung.de/ethik-im-buddhismus-sylvia-wetzel-essay-2018/

Hebt die Schätze die in euch verborgen liegen

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Ihr tätet gut daran, Menschen des Nicht-Handelns zu werden. Unablässig seid ihr mit irgend etwas beschäftigt. Ihr gebt vor, die Wahrheit zu suchen, euch in der Meditation zu üben, und legt eure Auffassungen über die Buddhalehre dar. Dieses ganze Treiben ist nur hinter leeren Worten her sein und ist völlig sinnlos.
Unmittelbar nachdem mir mein Lehrer sagte: “In deiner eignen Schatzkammer ist alles in seiner ganzen Vollkommenheit enthalten. Du solltest besser davon Gebrauch machen als vergeblich irgendwo sonst danach zu suchen”, habe ich das ganze Suchen eingestellt.
Hebt die Schätze, die in euch verborgen liegen und – was kann es Besseres geben – macht von ihnen Gebrauch!

Hui Hai (720-814)

Unseren unvoreingenommenen Seinszustand entdecken

Meditation gibt uns die Möglichkeit, uns im Mittleren Weg zu üben – darin, genau im Brennpunkt zu bleiben. Wir werden ermutigt, nichts von dem zu beurteilen, was in unserem Geist vor sich geht. Tatsächlich werden wir ermutigt, nach nichts von dem zu greifen, was in unserem Geist vor sich geht. Was wir gewöhnlich als gut oder schlecht klassifizieren, akzeptieren wir – ohne das ganze, üblicherweise mit richtig oder falsch einhergehende Drama -, einfach als Denken. Wir werden angewiesen, die Gedanken einfach kommen und gehen zu lassen, als berührten wir eine Seifenblase mit einem Federchen. Diese schlichte Disziplin bereitet uns darauf vor, mit dem Kämpfen aufzuhören und einen frischen, unvoreingenommenen Seinszustand zu entdecken.

Pema Chödrön / Deirdre Blomfield-Brown (* 1936) in: Wenn alles zusammenbricht. Hilfestellung für schwierige Zeiten. Hamburg 1998, S. 92-93

 

Anleitung zur Lektüre mystischer Schriften

 

… Aber von welchem Alter der Mensch auch sei, der seinen inneren Grund voll Ernst übt, mit schlichter, lauterer, göttlicher Gesinnung in geordneter, demütiger, anhaltender Furcht, so empfängt er unaussprechlichen, unbekannten Reichtum in göttlicher Vereinigung, wenn ihm der innere Grund zuweilen entsinkt in genießender Liebe und innerem Frieden, ruhend in Verlorenheit und Vergessenheit seines eigenen Selbst. Und für diese Art und aller äußeren Tugend Ordnung soll aller Reichtum der Vernunft, die ein Mensch besitzt, ein dienender Knecht sein. Die vertraute Gemeinschaft mit Gott soll der Vernunft unbekannt bleiben. Dazu sagte Dionysius: „Lasst alles sinnenhafte und vernünftige Tun, und erhebt euch ohne (die) Erkenntnis (durch die Vernunft) zu der Einung mit Gott, die da über alle Vernunft ist.“ Wer sich so in Ordnung innerlich übte, dem wird oft das innere Gezelt ohne Hilfe der Erkenntnis gezeigt, in dem die göttliche Einheit wohnt und ruht, genießend und göttlich schauend. Solchem Erlebnis ist bei keinem Menschen vor seinem fünfzigsten Lebensjahre zu trauen.

Johannes Tauler (um 1300 – 1361), Predigt 84, Freiburg/Br. 1961, S. 626