Mit neuer Klarheit und Einfachheit sehen

Die Herz-Meditation mag sehr einfach erscheinen, aber sie funktioniert wie ein Katalysator, der den Prozess der inneren Transformation beschleunigt, indem er die eigene Dunkelheit an die Oberfläche bringt, wo sie konfrontiert und akzeptiert werden muss. Die abgelehnten und nicht anerkannten Teile der eigenen Psyche müssen angenommen werden, müssen „einen Platz in der Sonne bekommen“. Dies ist die traditionelle Sufi-Arbeit: das „Polierens des Spiegels des Herzens“, das uns einen Einblick in unsere wahre Natur ermöglicht. Wenn dieser innere Spiegel zugedeckt ist von dem, was im Westen Projektionen und Ego-Konditionierungen genannt wird, sehen wir alles auf verzerrte Art und Weise; wir sehen die verworrenen Reflexionen unseres eigenen Lichts und unserer Dunkelheit. Während wir den Spiegel polieren, werden die Verzerrungen weggenommen und wir fangen an, mit einer neuen Klarheit und Einfachheit zu sehen.

Llewellyn Vaughan-Lee (*1953) in: Weder vom Osten noch vom Westen: Die Reise der Naqshbandiyya-Mujaddidiyya von Indien nach Amerika
https://goldensufi.org/de/weder-vom-osten-noch-vom-westen-die-reise-der-naqshbandiyya-mujaddidiyya-von-indien-nach-amerika/

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Einheit hinter der Vielheit

Foto: © wak

Ich glaube an nichts in der Welt so tief, keine andere Vorstellung ist mir so heilig wie die Einheit, die Vorstellung, dass das Ganze der Welt eine göttliche Einheit ist und dass alles Leiden, alles Böse nur darin besteht, dass wir einzelne uns nicht mehr als unlösbare Teile des Ganzen empfinden, dass das Ich sich zu wichtig nimmt.
Die Einheit, die ich hinter der Vielheit verehre, ist keine langweilige, keine graue, gedankliche, theoretische Einheit. Sie ist ja das Leben selbst, voll Spiel, voll Schmerz, voll Gelächter. Sie ist dargestellt worden im Tanz des Gottes Shiva, der die Welt in Scherben tanzt, und in vielen anderen Bildern, sie weigert sich keiner Darstellung, keinem Gleichnis. Du kannst jederzeit in sie eintreten, sie gehört dir in jedem Augenblick, wo du keine Zeit, keinen Raum, kein Wissen, kein Nichtwissen kennst, wo du aus der Konvention heraustrittst, wo du in Liebe und Hingabe allen Göttern, allen Menschen, allen Welten, allen Zeitaltern angehörst.

Hermann Hesse (1877-1962)

Göttliche Einheit

Ich glaube an nichts in der Welt so tief, keine andere Vorstellung ist mir so heilig wie die Einheit, die Vorstellung, dass das Ganze der Welt eine göttliche Einheit ist und dass alles Leiden, alles Böse nur darin besteht, dass wir einzelne uns nicht mehr als unlösbare Teile des Ganzen empfinden, dass das Ich sich zu wichtig nimmt.
Die Einheit, die ich hinter der Vielheit verehre, ist keine langweilige, keine graue, gedankliche, theoretische Einheit. Sie ist ja das Leben selbst, voll Spiel, voll Schmerz, voll Gelächter. Sie ist dargestellt worden im Tanz des Gottes Shiva, der die Welt in Scherben tanzt, und in vielen anderen Bildern, sie weigert sich keiner Darstellung, keinem Gleichnis. Du kannst jederzeit in sie eintreten, sie gehört dir in jedem Augenblick, wo du keine Zeit, keinen Raum, kein Wissen, kein Nichtwissen kennst, wo du aus der Konvention heraustrittst, wo du in Liebe und Hingabe allen Göttern, allen Menschen, allen Welten, allen Zeitaltern angehörst.

Hermann Hesse (1877-1962)

Umwandlung des „Seelengrundes“

Welches ist metaphysisch, ontologisch der Zustand des Menschen im Zustand der heiligmachenden Gnade? Es ist die Umwandlung des “Seelengrundes”. Die Bezeichnung Seelengrund wird von Eckhart und im Anschluss an ihn von seinen Schülern, besonders von Tauler, ständig gebraucht. Das Wort geht zurück auf Platon, der von den göttlichen Seelengründen (Gerechtigkeit, Wahrheit, Gutheit) spricht.

Die mittelalterlichen Mystiker sprechen sowohl vom göttlichen Grund als auch vom Seelengrund. In Gott gibt es keine Teile; daher ist mit dem göttlichen Grund Gott selbst gemeint. Aber dieses Wort hat bei Eckhart auch eine spezifische Bedeutung.

Mit dem Seelengrund des Menschen ist das eigentliche tiefste Wesen des Menschen gemeint. Die Umwandlung des Seelengrundes bedeutet also eine Umwandlung des Menschen in seinem tiefsten Wesen. Die Umwandlung durch die Gnade besteht demnach nicht in äußeren Werken und nicht in einem  Gesinnungswandel des Menschen; sie können höchstens die Folgen der Umwandlung sein, die im Seelengrund stattfindet, noch können sie die Rechtfertigung des Menschen ausmachen. Ohne die Umwandlung im Seelengrund sind sie wertlos, in Eckharts Sprache nur iustitia civilis, die allein nicht genügt. Diese Umwandlung im Seelengrund ist der Sinn der Wiedergeburt durch die Gnade, die wir durch Christus erlangen. Erst wenn das geschehen ist, sind wir wirklich “wesentlich” gut.

Hugo Makibi Enomiya-Lassalle (1898 – 1990)

Unlösbare Teile des Ganzen

Ich glaube an nichts in der Welt so tief, keine andere Vorstellung ist mir so heilig wie die Einheit, die Vorstellung, dass das Ganze der Welt eine göttliche Einheit ist und dass alles Leiden, alles Böse nur darin besteht, dass wir einzelne uns nicht mehr als unlösbare Teile des Ganzen empfinden, dass das Ich sich zu wichtig nimmt.
Die Einheit, die ich hinter der Vielheit verehre, ist keine langweilige, keine graue, gedankliche, theoretische Einheit. Sie ist ja das Leben selbst, voll Spiel, voll Schmerz, voll Gelächter. Sie ist dargestellt worden im Tanz des Gottes Shiva, der die Welt in Scherben tanzt, und in vielen anderen Bildern, sie weigert sich keiner Darstellung, keinem Gleichnis. Du kannst jederzeit in sie eintreten, sie gehört dir in jedem Augenblick, wo du keine Zeit, keinen Raum, kein Wissen, kein Nichtwissen kennst, wo du aus der Konvention heraustrittst, wo du in Liebe und Hingabe allen Göttern, allen Menschen, allen Welten, allen Zeitaltern angehörst.

Hermann Hesse (1877-1962)