In meines Herzens Grunde

In meines Herzens Grunde
Dein Nam und Kreuz allein
Funkelt all Zeit und Stunde,
Drauf kann ich fröhlich sein.
Erschein mir in dem Bilde
Zu Trost in meiner Not,
Wie du, Herr Christ, so milde
Dich hast geblut‘ zu Tod!

Text: Valerius Herberger, 1631
Melodie: Melchior Teschner, 1614
Choral aus der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach BWV 245, den Bach 1724 arrangiert hat

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Der einsame Christus

Foto: (c) wak

Wachet und betet mit mir!
Meine Seele ist traurig
bis an den Tod.

Wachet und betet mit mir!
Eure Augen
sind voll Schlafes –
könnt ihr nicht wachen?

Ich gehe,
euch mein Letztes zu geben –
und ihr schlaft …
Einsam stehe ich
unter Schlafenden,
einsam vollbringe ich
das Werk meiner schwersten Stunde.

Wachet und betet mit mir!
Könnt ihr nicht wachen?
Ihr alle seid in mir,
aber in wem bin ich?

Was wißt ihr
von meiner Liebe,
was wißt ihr
vom Schmerz meiner Seele?
O einsam!
Einsam!
Ich sterbe für euch –
und ihr schlaft!
Ihr schlaft!

Christian Morgenstern (1871 – 1914)

Leuchtende des Urlichtes – Voll der Gnade und Wahrheit

Den einzigen „eingeborenen Sohn des Vaters” sieht der gläubige Christ in dem Meister, nach dem er sich nennt, aber der Meister selbst, „voll der Gnade und Wahrheit”, bekennt, dass in seines Vaters Hause „viele Wohnungen“ (Johannes 14:2) sind, dass es ihm nicht zustehe, zu bestimmen, wer zu seiner Rechten und seiner Linken säße in seines Vaters Reich, und dass „der Vater größer“ ist als er. – (Johannes 14:28)

„Wenn ich auch von mir selbst Zeugnis gebe, so ist doch mein Zeugnis wahr, weil ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wisset nicht, wo her ich komme oder wohin ich gehe (Johannes 8:14)

So wird auch bis auf den heutigen Tag kein Sinnen und Glauben ihn rein in seiner ureigensten Wesenheit erfassen, es sei denn, der also Sinnende und Glaubende wisse, „woher” der Meister kam und „wohin” er ging, – wisse, dass hier einer der „Leuchtenden des Urlichtes” vor ihm steht, von seinen „Brüdern” bis auf diese Stunde als der größte „Liebende” unter ihnen voll Bewunderung verehrt, ausgegangen aus ihrem Kreise und zurückgekehrt zu ihm, um in unsichtbarer Gestaltung die geistige Aura der Erde nicht eher zu verlassen, als bis der letzte der Menschengeister, die hier im Tiere leben, einging zum Licht. –

Der ganze Beitrag „Das Buch von Jesus Christus (9) “ Bô Yin Râs gesammelten Buchtexten seines Lehrwerks zu Jesus kann hier gelesen werden:

XII. MAGISCHE BLÄTTER BUCH | WINTER

CIII. Jahrgang Winter 2022 / 2023 | ORNAMENTE & MANTRA (Dezember | Heft 35)

EINZELBUCH, 364 Seiten, 20,00 € (zuzüglich Versandkosten)ISBN-Nr. 978-3-948-5941-5 2

Herausgeber: Verlag Magische Blätter – Ronnenberg | Schriftleitung: Organisation zur Umwandlung des Kinos

Bestellungen hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu subject: BESTELLEN MAGISCHE BLÄTTER BUCH XII

Den Lichtglanz des Geistes in sich schauen

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Wer über seine Seele
in jeder Stunde wacht,
dessen Herz
wird mit Offenbarungen beglückt.
Wer sich im Inneren
zur Kontemplation sammelt,
wird den Lichtglanz des Geistes in sich schauen.

Isaak von Ninive / Isaak der Syrer (ca. 640 – ca. 700)

In: Das Herzensgebet. Mystik und Yoga der Ostkirche, München-
Planegg, 1957, S. 80

Alkohol und mystisches Bewusstsein

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Die Herrschaft des Alkohols über die Menschen liegt zweifellos in seiner Macht, die mystischen Fähigkeiten der menschlichen Natur anzuregen, die gewöhnlich durch die kalte Wirklichkeit und die unerbittliche Kritik der nüchternen Stunden erstickt werden. Die Nüchternheit verengt, trennt, verneint. Trunkenheit weitet, eint, bejaht. Sie bildet in der Tat einen mächtigen Antrieb zur Bejahung im Menschen. Sie führt von der kalten Außenseite in das Herz der Dinge hinein; sie eint für den Augenblick mit der Wahrheit. Nicht aus reiner Verderbtheit gehen die Menschen ihr nach. Den Armen und Ungebildeten ersetzt sie Symphonie-Konzerte und literarische Genüsse. Das trunkene Bewusstsein ist also nur eine bestimmte — freilich pathologisch bedingte — Teilerscheinung des mystischen Bewusstseins.

William James (1842 – 1910) in: Die Religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit. Leipzig 1907, S. 362-363

Mehr zu Alkohol und Spiritualität hier: https://alkoholundspirit.wordpress.com/

Es ist in dir…

Der Jünger sprach zum Meister:
Wie mag ich kommen zu dem übersinnlichen Leben, dass ich Gott sehe und höre reden?
Der Meister sprach:
Wenn du dich magst einen Augenblick in das schwingen, da keine Kreatur wohnet, so hörest du, was Gott redet.

Der Jünger sprach:
Ist das nahe oder ferne?
Der Meister sprach:
Es ist in dir, und so du magst eine Stunde schweigen von allem deinem Wollen und Sinnen, so wirst du unaussprechliche Worte Gottes hören…

Jakob Böhme (1621) in: De Vita Mentali oder Vom übersinnlichen Leben

Mehr hier: https://mystikaktuell.wordpress.com/2020/09/30/jacob-boehme-vom-uebersinnlichen-leben-hoerstueck-von-ronald-steckel/

Meister Eckhart: Wichtig

Meister Eckhart (1260 – 1328)

Nachzulesen in: Magische Blätter. Monatsschrift für geistige Lebensgestaltung.CI. Jahrgang, Mai 2020, Heft 4

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/

Werkleute sind wir: Knappen, Jünger, Meister…

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Werkleute sind wir: Knappen, Jünger, Meister,
und bauen dich, du hohes Mittelschiff.
Und manchmal kommt ein ernster Hergereister,
geht wie ein Glanz durch unsre hundert Geister
und zeigt uns zitternd einen neuen Griff.

Wir steigen in die wiegenden Gerüste,
in unsern Händen hängt der Hammer schwer,
bis eine Stunde uns die Stirnen küßte,
die strahlend und als ob sie alles wüßte
von dir kommt, wie der Wind vom Meer.

Dann ist ein Hallen von dem vielen Hämmern
und durch die Berge geht es Stoß um Stoß.
Erst wenn es dunkelt, lassen wir dich los:
Und deine kommenden Konturen dämmern.

Gott, du bist groß.

Rainer Maria Rilke, 26.9.1899, Berlin-Schmargendorf

Wechsel des Zeitalters

Pierre Teilhard de Chardin

 

Wir erleben im Augenblick einen Wechsel des Zeitalters.
Zeitalter der Industrie, des Erdöls, der Elektrizität und des Atoms. Maschinenzeitalter. Zeitalter der großen Kollektive und der Wissenschaft… Die Zukunft wird entscheiden, welcher Name die Ära, in die wir eben eintreten, am besten kennzeichnet. Doch die Bezeichnung ist nicht so wichtig. Bedeutsam hingegen ist die Tatsache, dass wir uns sagen können, um den Preis unserer Leiden vollziehe sich ein neuer Schritt, ein entscheidender Schritt des Lebens in uns und um uns. Nach der langen Reifezeit während der scheinbaren Regungslosigkeit der ackerbautreibenden Jahrhunderte hat endlich die Stunde einer neuen Zustandsänderung geschlagen. Freilich ist sie von unvermeidlichen Ängsten begleitet. Unsere Ursprünge hatten die ersten Menschen zu Zeugen. Auch die großen Endszenen werden sich vor Menschen abspielen. Wir, mit unserer eigenen kurzen Existenz, haben das Glück und die Ehre, Zeitgenossen einer Mutation der Noosphäre zu sein.

Pierre Teilhard de Chardin (1881 – 1955) in: Der Mensch im Kosmos, 1938-1940

Gefunden habe ich dieses Zitat hier: https://blog.nootheater.de/2018/02/26/buch-der-freunde-xxxix/

William James: Mystik und Alkohol

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Der nächste Schritt in mystische Zustände führt uns in einen Bereich, den öffentliche Meinung und philosophische Ethik immer schon als pathologisch gebrandmarkt haben, während ihn die private Praxis und bestimmte lyrische Kreise anscheinend immer noch idealisieren. Ich meine den Bewusstseinszustand, der durch Gifte und Anästhetika, besonders Alkohol erzeugt wird. Die Macht des Alkohols über die Menschheit beruht ohne Frage in seinem Vermögen, die mystischen Fähigkeiten der menschlichen Natur zu stimulieren, die in den nüchternen Stunden von den kalten Fakten und der trockenen Kritik niedergehalten werden. Nüchternheit verkleinert, unterscheidet und sagt Nein; Trunkenheit erweitert, verbindet und sagt Ja. Sie ist in der Tat der große Ja-Erreger im Menschen. Sie bringt ihren Jünger von der kalten Peripherie der Dinge zum strahlenden Herzen. Für den Moment vereint sie ihn mit der Wahrheit. Die Menschen laufen ihr nicht aus bloßer Perversität nach. Für den Armen und Ungebildeten nimmt sie den Platz ein, den für uns Symphoniekonzerte und Bücher einnehmen; und es gehört zu den unergründlichen Geheimnissen und der Tragik des Lebens, dass vielen von uns nur der Hauch und der Schimmer dessen gewährt wird, was wir in den flüchtigen Anfängen zunächst als etwas Großartiges wahrnehmen, was als Ganzes jedoch eine erniedrigende Vergiftung ist. Das trunkene Bewusstsein ist ein Stück des mystischen Bewusstseins, und unser Gesamturteil über dieses Teilstück muss in unser Urteil über das größere Ganze eingebettet sein.

William James (1842 – 1910) in: Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Frankfurt am Main/Leipzig 1997, S. 389-390

 

Mit diesem Beitrag ist auf „Mystik aktuell“ nun eine neue Rubrik „Alkohol und Spiritualität“ zu finden. Die alte Webseite alkoholundspirit.wordpress.com wird nicht mehr fortgeführt.