Wenn der Wind sich legt,
sehe ich eine Blüte fallen.
Weil ein Vogel singt,
entdecke ich die Ruhe des Berges.
Aus dem Zen
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurückbegeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die ewgen Weltgeschichten,
Dann fliegt vor einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.
Novalis (Georg Friedrich Philipp Freiherr von Hardenberg) 1800
Der einsame Vogel hat fünf Eigenschaften:
die erste, dass er zum höchsten Punkt fliegt;
die zweite, dass er keine Gesellschaft erträgt, auch wenn sie von seiner Art ist;
die dritte, dass den Schnabel in den Wind hält;
die vierte, dass er keine bestimmte Farbe hat;
die fünfte, dass er sehr leise singt.
Johannes vom Kreuz (1541-1591) in „Worte von Licht und Liebe“
Bildquelle: wikimedia / gemeinfrei
Die Heil’gen Drei Könige aus Morgenland,
Sie frugen in jedem Städtchen:
„Wo geht der Weg nach Bethlehem,
Ihr lieben Buben und Mädchen?“
Die Jungen und Alten, sie wußten es nicht,
Die Könige zogen weiter;
Sie folgten einem goldenen Stern,
Der leuchtete lieblich und heiter.
Der Stern blieb stehn über Josephs Haus,
Da sind sie hineingegangen;
Das Öchslein brüllte, das Kindlein schrie,
Die Heil’gen Drei Könige sangen.
Heinrich Heine im „Buch der Lieder“, Die Heimkehr XXXVII, Gedichte (1817-1826)
Wenn
kein Vogel singt,
ist
der Berg noch stiller.
Aus dem Zen
Singe ein Lied, das noch keiner gesungen;
Denke so, wie noch keiner gedacht.
Strebe nach Gipfeln, die keiner bezwungen;
Weine um Gott bei Tag und bei Nacht.
Lieb alle Menschen wie niemand zuvor,
Bestehe mutig den Kampf des Lebens.
Schenk Frieden dem, der den Frieden verlor,
Und Hoffnung dem, der hoffte vergebens.
Paramanahansa Yogananda (1893 – 1952)