Es ist in dir

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Der Jünger sprach zum Meister: „Wie mag ich kommen zu dem übersinnlichen Leben, dass ich Gott sehe und höre reden?“ Der Meister sprach: „Wenn du dich magst einen Augenblick in das schwingen, da keine Creatur wohnet, so hörest du, was Gott redet“.

Der Jünger sprach: „Ist das nahe oder ferne?“ Der Meister sprach: „Es ist in dir; und so du magst eine Stunde schweigen von allen deinen Wollen und Sinnen, so wirst du unaussprechliche Worte Gottes hören.“

Der Jünger sprach: „Wie mag ich hören, so ich von Willen und Sinnen stille stehe?“ Der Meister sprach: „Wann du von Sinnen und Wollen deiner Selbheit stille stehest, so wird in dir das ewige Hören, Sehen und Sprechen offenbar und höret und siehet Gott durch dich; dein eigen Hören, Wollen und Sehen verhindert dich, dass du Gott nicht siehest und hörest.“

Jakob Böhme (1575 – 1624) in: Christosophia: oder Der Weg zu Christo

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Jacob Böhme: Von wahrer Gelassenheit

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Denn sobald die Seele von der Selbheit vom Vernunft-Licht isset, so wandelt sie in eigenem Wahn, so ist ihr Ding, das sie für göttlich ausgibt, nur der äußeren Konstellation, welche sie alsobald ergreifet und trunken macht. So lauft sie denn so lange in Irrtum, bis sie sich ganz in die Gelassenheit wieder einergibt und sich aufs neue für ein besudelt Kind erkennet, der Vernunft aufs neue wieder erstirbet und Gottes Liebe wieder erreichet, welchen härter zugehet als zum ersten Mal…

Jacob Böhme (1575 – 1624) in seiner Schrift zur „wahren Gelassenheit“