Und siehe, der Herr ging vorüber, und es kam ein gewaltiger Sturm,
der die Berge stürzte und die Felsen zerbrach.
Aber Gott sprach nicht im Wind.
Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben,
und es wütete im ganzen Land.
Aber Gott sprach nicht im Erdbeben.
Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer,
das alles von Menschen Geschaffene verbrannte.
Aber Gott sprach nicht im Feuer.
Und nach dem Feuer kam Stille.
Und im Rauschen der Stille, da sprach Gott.
Martin Buber: Erstes Buch Könige 1,19
Doing Nothing.
Dazu mehr hier von Rani Kaluza selbst: doingnothing.de
Retreat.
Das englische Wort für Rückzug, bezeichnet heute eine geplante spirituelle Ruhepause oder den Rückzug von der gewohnten Umgebung. Ein ganz wesentliches Merkmal: Entschleunigung.
In Zundert.
Dort, wo Vincenz van Gogh geboren wurde und seine Kindheit im Pfarrhaus verbracht hat. Viele Jahre nachdem er hier weg war, schrieb er noch an seine Mutter: „dass ich jahrelang immer noch mehr oder weniger wie ein Bauer aus Zundert:, Toon oder Piet aussehe…“
In einer Trappistenabtei: Maria Toevlucht
Mir geht es so, dass ich beim Namen dieses Ordens an den Trappisten Thomas Merton denke, jenen Mittler zwischen Christentum und Buddhismus. Und Merton hatte 1965 und 1966 – zwei Jahre vor seinem Tod – Briefkontakt zu einem ehemaligen Abt dieser Abtei Maria Toevlucht, Emmanuel Schuurmans. Es ging unter anderem um eremitisches Leben (http://merton.org/Research/Correspondence/y1.aspx?id=1801&fbclid=IwAR3qVTDZ-irReVPZhRUUjR2cScbntBnJLXe3sMSSoryNNVfId1zDiLXgLE0).
Die Trappisten gelten neben den Kartäusern als der strengste Orden in der katholischen Kirche und leben nach der Regel des heiligen Benedikt (ca. 480-547). Nach einer Zwischenphase der Zisterzienser gab es um 1600 Bestrebungen, zu den ursprünglichen Idealen zurückzukehren. Daraus entstand die so genannte „Observanz“-Bewegung mit einer strengeren Ordensregel in der Abtei La Trappe in der Normandie, westlich von Paris. Aus diesem Namen leitet sich Begriff „Trappisten“ ab. Schwerpunkte des Ordenslebens sind Gebet und Stillschweigen, Askese (z. B. vegetarisches Leben) und handwerkliche Tätigkeiten, hier z.B. das Brauen von Bier.
Doch zurück zum Retreat, zum Innehalten, zur Entschleunigung.
Corona hat mit sich gebracht, dass wir quasi zwangsentschleunigt wurden. Viele Aktivitäten, Aktionen, Events, Feiern, Termine, wurden abgesagt, konnten gar nicht stattfinden oder nur in sehr reduzierter Form.
Hier sind wir jetzt ganz frei-willig, um uns selbstbestimmt zu entschleunigen, inne zu halten.
Pico Iyer, ein indischer Reiseschriftsteller und Essayist, hat in einem kleinen aber feinen Buch mit dem Titel „Die Kunst des Innehaltens“ ein „Plädoyer für die Entschleunigung“ formuliert, die er als „Reise nach Nirgendwo“ bezeichnet.
„Nur indem ich mich aus der Wirrniss und Zerstreuung herausziehe, kann ich etwas hören, was außerhalb meiner Hörweite ist, und mir ins Gedächtnis rufen, dass Lauschen weitaus erfrischender ist als all die Gedanken und Vorurteile zu äußern, die mir ohnehin vierundzwanzig Stunden am Tag Gesellschaft leisten. Und nur, indem ich nirgendwohin gehe – indem ich stillsitze oder meinen Geist entspanne -, entdecke ich, dass die Gedanken, die ungebeten zu mir kommen, weitaus frischer und pahntasiervoller sind als jene, die ich bewusst hervorbringe.“
Retreat, Rückzug, Innehalten, Einkehren.
Als ein Synonym für Retreat findet sich das Wort „Einkehrtag“. – Ich finde es sehr passend, auch wenn es wie aus einer fernen Welt klingt.
Hinter uns liegen – wie es im Ersten Buch Könige heißt – Stürme, Erdbeben und Feuer in ganz verschiedenen Ausdrucksformen.
Und dann, jetzt, die Stille.
Und die Einladung, sich nach innen zu kehren.
Hier nur der Hinweis auf zwei kurze Texte:
Geh nicht nach außen,
in dich selbst kehre zurück,
denn im inneren Menschen wohnt die Wahrheit.
Und wenn du deine Natur als wandelbar empfindest,
übersteige dich selbst.
Augustinus (354 – 430)
Wenn ich ganz still bin
kann ich von meinem bett aus
das meer rauschen hören
es genügt aber nicht ganz still zu sein
ich muss auch meine gedanken vom land abziehen …
…
… während ich falle
und mir entsinke
höre ich auf
das meer zu suchen
weil das meer nun
von der küste heraufgekommen
und in mein zimmer getreten
um mich ist
Wenn ich ganz still bin
Dorothee Steffensky-Sölle (1929 – 2003)
Kehren wir uns also erst einmal nach innen – um danach gestärkt zurückkehren zu können in die Welt, zu Stürmen, Erdbeben und Feuern…
Impuls von Werner A. Krebber zu Beginn des Doing Nothing Sommer-Retreat „Feuer des Lichts“ von Rani Kaluza vom 21. – 26. Juli 2020 in der Abtei Maria Toevlucht, Zundert /NL