Zustand des Ruhens in Gott

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Es gibt einen Zustand des Ruhens in Gott der völligen Entspannung aller geistigen Tätigkeit, in dem man keinerlei Pläne macht, keine Entschlüsse fasst und erst recht nicht handelt, sondern alles Künftige dem göttlichen Willen anheim stellt, sich gänzlich „dem Schicksal überlässt.“

Edith Stein ca. 1918 / 1919

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Sein Herz wie einen Spiegel gebrauchen

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Der höchste Mensch gebraucht sein Herz wie einen Spiegel. Er geht den Dingen nicht nach und geht ihnen nicht entgegen; er spiegelt sie wider, aber hält sie nicht fest. Darum kann er die Welt überwinden und wird nicht verwundet. Er ist nicht der Sklave seines Ruhms;  er hegt nicht Pläne; er gibt sich nicht ab mit den Geschäften; er ist nicht Herr des Erkennens. Er beachtet das Kleinste und ist doch unerschöpflich und weilt jenseits des Ichs. Bis aufs letzte nimmt er entgegen, was der Himmel spendet, und hat doch, als hätte er nichts. Er bleibt demütig.

Dschuang Dsi. Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Aus dem Chinesischen verdeutscht und erläutert von Richard Wilhelm, Jena 1912, S. 59

Es muss eine Stunde am Tag geben…

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Es muss eine Stunde am Tag geben, wo der planende Mensch alle seine Pläne vergisst und handelt, als hätte er überhaupt keine.
Es muss eine Stunde am Tag geben, wo der Mensch, der zu reden hat, verstummt. Dann formt er im Geist keine Anträge mehr, und er fragt sich: Hatten sie einen Sinn?
Es muss eine Stunde geben, wo der Mensch des Gebets anfängt zu beten, als geschähe es zum ersten Mal in seinem Leben, wo der Mann der Entschlüsse seine Entschlüsse beiseite schiebt, als wären sie alle zerronnen, und wo er eine neue Weisheit lernt: die Sonne vom Mond zu unterscheiden, Sterne vom Dunkel, das Meer vom festen Land und den Nachthimmel von der Wölbung eines Hügels.

Thomas Merton (1915 – 1968)