Vom Segen der Gelassenheit

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… Die Menschen sollten nicht so viel nachdenken, was sie tun sollen, sie sollten aber bedenken, was sie sind. Wären nur sie selber gut und ihre Weise, so möchten ihre Werke herrlich leuchten. Bist du gerecht, so sind auch deine Werke gerecht. Denke nicht Heiligkeit zu gründen auf ein Tun: man soll Heiligkeit gründen auf ein Sein. Denn nicht die Werke heiligen uns, sondern wir sollen die Werke heiligen. Denn wie heilig immer die Werke auch seien, so heiligen sie uns durchaus nicht, weil sie etwa von uns getan sind, vielmehr gilt: insoweit wir wahres Sein und Wesen haben, insoweit heiligen wir auch all unser Tun, es sei Essen, Schlafen, Wachen oder was das sei. Die nicht groß von Wesen sind – was die auch wirken mögen, daraus wird nichts. Hieran lerne, dass man allen Fleiß daran wenden soll, gut zu sein: nicht so sehr, was man tue oder welcher Art die Werke seien, sondern wie der Grund der Werke sei.

Meister Eckhart (1260 – 1328)

Aus den Reden der Unterweisung, die Meister Eckhart in Erfurt gehalten hat. Mehr hier: www.meister-eckhart-erfurt.de

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Vom Nutzen des Lassens

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Du musst wissen, dass sich noch nie ein Mensch in diesem Leben so weitgehend gelassen hat, dass er nicht gefunden hätte, er müsse sich noch mehr lassen. Der Menschen gibt es wenige, die das recht beachten und darin beständig sind. Es ist ein gleichwertiger Austausch und ein gerechter Handel: So weit du ausgehst aus allen Dingen, so weit, nicht weniger und nicht mehr, geht Gott ein mit all dem Seinen, dafern du in allen Dingen dich des Deinen völlig entäußerst. Damit heb an, und lass dich dies alles kosten, was du aufzubringen vermagst. Da findest du wahren Frieden und nirgends sonst.

Die Leute brauchten nicht soviel nachzudenken, was sie tun sollten; sie sollten vielmehr bedenken, was sie wären. Wären nun aber die Leute gut und ihre Weise, so könnten ihre Werke hell leuchten.

Bist du gerecht, so sind auch deine Werke gerecht. Nicht gedenke man Heiligkeit zu gründen auf ein Tun; man soll Heiligkeit vielmehr gründen auf ein Sein, denn die Werke heiligen nicht uns, sondern wir sollen die Werke heiligen. Wie heilig die Werke immer sein mögen, so heiligen sie uns ganz und gar nicht, soweit sie Werke sind, sondern: soweit wir heilig sind und Sein besitzen, soweit heiligen wir alle unsere Werke, es sei Essen, Schlafen, Wachen oder was immer es sei. Die nicht großen Seins sind, welche Werke die auch wirken, da wird nichts daraus. Erkenne hieraus, dass man allen Fleiß darauf verwenden soll, gut zu sein, – nicht aber so sehr darauf, was man tue oder welcher Art die Werke seien, sondern wie der Grund der Werke sei.

Meister Eckhart (1260 – 328) in den „Reden der Unterweisung“

Er überschreitet alle Grenzen

Alle Buddhas und alle Lebewesen sind nichts als der Eine Geist, neben dem nichts anderes existiert.Dieser Geist, der ohne Anfang ist, ist ungeboren und unzerstörbar. Er ist weder grün noch gelb, hat weder Form noch Erscheinung. Er gehört nicht zu der Kategorie von Dingen, die existieren oder nicht existieren. Auch kann man nicht mit Ausdrücken wie alt oder neu von ihm denken. Er ist weder lang noch kurz,weder groß noch klein, denn er überschreitet alle Grenzen, Maße, Namen, Zeichen und Vergleiche. Du siehst ihn stets vor dir, doch sobald du über ihn nachdenkst, verfällst du dem Irrtum. Er gleicht der unbegrenzten Leere, die weder zu ergründen noch zu bemessen ist.

Huang Po (um 850)

Finde deinen Weg

Wir meinen gewöhnlich, wir bräuchten nur ans Ziel zu gelangen, der Weg dahin aber wäre vorgegeben. Es gibt unzählige Wege, von denen die Leute reden, und sie alle führen zum gleichen Ziel. Es gilt, das Ziel zu entdecken, das Ziel zu erreichen! Aber der Weg? Der Weg ist vorgegeben – ja, allzu sehr: Es gibt viel zu viele Wege!

Aber so ist es nicht; denn der Weg und das Ziel sind nicht zweierlei. Der Weg selbst wird zum Ziel. Der erste Schritt ist bereits der letzte, weil der Weg und das Ziel nicht zweierlei sind. Der Weg verwandelt sich, indem du ihn gehst, zum Ziel. Es kommt nicht darauf an, über das Ziel nachzudenken. Das Wichtigste ist, über den Weg nachzudenken. Entdecke deinen Weg: Mach den Weg ausfindig.

Osho (1931 – 1990)

Keine Erklärung mehr

Es ist ein großer Unterschied zwischen der Art von Gotteserkenntnis, die man durch Schlussfolgerungen erlangt, und der ganz anderen Art von Gotteserkenntnis, die in der Meditation von innen her gewonnen wird.
Aber noch ganz etwas anderes ist es, wenn Gott selbst sich dem Gläubigen offenbart. Sobald Gott selbst einem Verehrer das Wesen der göttlichen Fleischwerdung enthüllt und ihm zeigt, wie er in menschlicher Gestalt spielt, hört alles Nachdenken über das Problem auf, es bedarf keiner Erklärung mehr.

Sri Ramakrishna (1836-1886)

Eine Welle im Ozean

Eine Welle im Ozean scheint in gewisser Hinsicht eine unterscheidbare Identität zu besitzen: Anfang und Ende, Geburt und Tod. Auf andere Weise betrachtet, existiert die Welle nicht wirklich, sondern ist einfach das Verhalten von Wasser, „leer“ von eigenständiger Identität, aber „voll“ von Wasser.

Wenn sie wirklich über die Welle nachdenken, erkennen sie, dass sie von Wind und Wasser zeitweilig hervorgerufen wird und abhängig ist von einer Reihe sich dauernd verändernder Bedingungen. Sie verstehen auch, dass jede Welle mit jeder anderen verbunden ist.

Sogyal Rinpoche (*1948)

Den Teeweg pazifistisch gehen

„In Indien haben sich einmal zwei junge Buddhisten auf den Weg gemacht. Zu einem Friedensmarsch; das war 1968. Sie sind zu allen Atommächten in der Welt gewandert. Sie hatten Tee im Gepäck und forderten die Staatsoberhäupter auf, wenn sie jemals im Begriff wären, auf den roten Knopf zu drücken, sollten sie sich erst eine Kanne Tee aufbrühen und noch einmal gründlich nachdenken.“

Rachel Joyce lässt dies eine Protagonistin in ihrem Buch „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ (Frankfurt/M. 2012) erzählen.

Mehr hier: http://www.fischerverlage.de/buch/die_unwahrscheinliche_pilgerreise_des_harold_fry/9783810510792

Nicht über das Tun nachdenken

Die Menschen sollten nicht soviel über ihr Tun nachdenken, sondern vielmehr darüber, was sie sind… Bist du gerecht, dann sind auch deine Werke gerecht. Gedenke nicht, deine Heiligkeit zu gründen auf ein Tun. Man muss Heiligkeit auf ein Sein gründen. Denn nicht die Werke heiligen uns, sondern wir müssen die Werke heiligen.

Meister Eckhart (1260 – 1328)