Der Mensch sei Christ
in der Barmherzigkeit,
Moslem in der genauen Beobachtung
der äußeren Bräuche und
Hindu in der alles umschließenden Milde
gegenüber allen lebendigen Geschöpfen.
Ramakrishna (1836 – 1886)
1956 gab Friedrich Heer eine Sammlung mit Texten von Meister Eckhart heraus
Gott ist Geist; also muß der Geist des Menschen sich so sehr weiten, daß er Gott-Geist vernehmen kann. So fallt Eckhart von zwei Seiten her eine riesenhafte Aufgabe zu: Tröster im Geist, Tröster im Herzen, Tröster in der Verfolgung beider soll er sein. Die innige, untrennbare Verbindung von Spekulation und Seelsorge in seinem Werk, in seinem ganzen Denken und Schaffen kommt von daher. Eckhart, der Seelsorger, und Eckhart, der Spekulator, der in die tiefsten Tiefen der Gottheit schauen will, sind eine Person. Die ihm eigentümliche Mächtigkeit seiner Sprache und die ihm eigentümliche Fragwürdigkeit seines Denkens beruhen auf dieser Mischung von zwei großen Anliegen, die kaum jemals in Einem aufbereitet, aufgearbeitet werden können. Sauberes, reines Denken fordert Härte, Selbstzucht, strengste Disziplin vom Denker und den Mit-Denkenden. Das Herz aber sucht Milde, Weichheit, Wärme, Trost. Eckhart will beides vereinen: er will stahlharter Denker sein, der rücksichtslos die bunte Welt zurückdenkt in den Einen, reinen Begriff, und er weiß sich als Tröster berufen bekümmerter Herzen.
Friedrich Heer (1916 – 1983) in: Meister Eckhart. Predigten und Schriften. Ausgewählt und eingeleitet von Friedrich Heer. Frankfurt/M. / Hamburg, 1956, S. 19
In die Wüste begaben sich im 3. und 4. Jahrhundert unserer Zeit Frauen und Männer des noch jungen Christentums. In Ägypten, Syrien und Palästina ließen sie ihre gesellschaftlichen oder familären Verpflichtungen hinter sich und suchten Zuflucht im radikalen, asketischen Alleinsein mit Gott. Sie wandten sich unter anderem von einer Form von Christentum ab, die mit der Konstantinischen Wende (nach 315 n.Chr.) eine allzu enge Verbindung mit dem Staat eingegangen war und Hierarchie und Ämtern den Vorrang gab.
Die Wüstenmütter und -väter setzten sich in der selbst gewählten Einsamkeit ganz der eigenen Gefühls- und Gedankenwelt aus und erwarben in Erfahrungen einen reichen Schatz voll spiritueller Tiefe. Sie entwickelten kein theoretisches Konzept, folgten keiner spirituellen Anleitung oder ritualisierten Gebeten, sondern gaben durch ihr konkretes, mutiges Beispiel, spirituelle Anregungen und Weisungen. Eine ganze Reihe kurz gefasster Weisheiten von Wüstenvätern und Wüstenmüttern, die fast Koans aus dem Zen ähneln, sind in den Sammlungen „Apophthegmata Patrum“und „Meterikon“ überliefert. Sie haben in Herzensruhe und innerem Kampf, die kritischen Fragen des Lebens durchlitten und Antworten gefunden, die auch Ausdruck ihrer strahlenden Einfachheit, Milde und Barmherzigkeit sind. Auch heutige Eremiten weisen noch auf die orientierende Hilfe dieser Aussprüche hin.
Am 2. Juni wollen wir versuchen zu erspüren, welche Kraft die Worte dieser Frauen und Männer in den Wüste der Städte unserer Zeit haben und sie darauf abklopfen, wie aktuell sie auch heute noch für uns sind.
Für diejenigen, die sich nur für die Praxis des Nichts Tuns interessieren, bietet sich an, erst zum Praxisteil um 12:30 dazu zu kommen, wenngleich die Schätze der Wüstenväter auch im Doing Nothing relevant sind.
Organisatorisches:
Damit wir besser planen können, bitten wir um frühzeitige Anmeldung bei
Rani Kaluza: Tel: 0221 2406997/ eMail: weissefeder@netcologne.de.
Vielen Dank!
Wir treffen uns an jedem ersten Sonntag im Monat im Kölner Stadtteil Sülz. An diesen Sonntagen wird für beides Zeit sein – für stilles kontemplatives Sitzen und für das Studieren mystischer Texte & Themen sowie den gemeinsamen Austausch.
Der private Kurs ist auf 12 Teilnehmer beschränkt. Kostenbeitrag für den ganzen Tag: 15,– Euro (+ ein freiwilliger Obolus für den Mittagstisch). / Kostenbeitrag nur für den Nachmittag: 10,– Euro.
Wir freuen uns auf Euer / Ihr Kommen:
Rani und Werner
Informationen auch hier: https://www.facebook.com/events/2303888179824970/
Als er die Massen sah, stieg er auf den Berg, setzte sich undseine Jünger kamen zu ihm. Und er tat seinen Mund auf und lehrte sie, sagend:
Selig sind die Bettelmönche, denn für sie ist das Reich der Himmel da.
Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.
Selig die Milden, denn sie werden das Land Israel erben.
Selig, die hungern und dürsten, Gerechte zu sein, denn sie sollen satt werden.
Selig die Erbarmenden, denn sie werden Erbarmen finden.
Selig die im Herzen Reinen, denn sie werden Gott sehen.
Selig die Bringer des Friedensreichs, denn sie werden Gottes Töchter* und Söhne heißen.
Selig, die verfolgt werden, weil sie Gerechte sind, denn für sie ist das Reich der Himmel da.
Selig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und über euch alles Böse lügnerisch sagen um meinetwillen. Freut euch und jubelt, denn euer Lohn wird groß sein im Reich der Himmel. So haben sie die Propheten vor euch verfolgt.
Carl-Friedrich von Weizsäcker (1912 – 2007) in: Der Garten des Menschlichen, München/Wien 1977
*Die „Töchter“ habe ich hinzugefügt 😉