Achtsamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick

Cover des Buches

Es bringt eine Menge Vorteile, die reine Achtsamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick zu erhalten, ohne den Geist mit allerlei Hirngespinsten vollaufen zu lassen. Wenn der Geist dauernd abgelenkt wird – das kann sogar der Fall sein, wenn es aussieht, als ob man meditiert -, dann trägt es ihn antriebslos durch die ganze Welt, gerde so wie ein Schmetterling vom Wind weggeweht wird. Deshalb sind die erhöhte Auflösung für das „innere Teleskop“ und die anhaltende Aufmerksamkeit unverzichtbare Werkzeuge für die Kultivierung all der menschlichen Qualitäten, die mit Hilfe der Meditation entwickelt werden können. Befreiung vom Leid wird so am Ende zu einer Fertigkeit.

Matthieu Ricard (*1946)

https://www.suhrkamp.de/buch/hirnforschung-und-meditation-t-9783518260043

Das ganze Haus der Welt ist für Dich gemacht

Siehst du nicht,
dass dieses ganze Haus der Welt
für dich gemacht ist?

Das Licht geht in dich ein
und vertreibt die Finsternis, die dich umgibt.
Für dein Wohl wurde die Nacht eingeführt,
für dich der Tag abgemessen.
Für dich wurde der Himmel mit den vielfältigen Strahlen
von Sonne, Mond und Sternen erhellt,
für dich die Erde mit Blumen, Baumpflanzungen und Früchten ausgemalt.
Für dich wurde in der Luft, auf dem Felde und im Wasser
lückenlos die wunderbare Menge der Lebewesen geschaffen,
damit keine traurige Einsamkeit
die Freude an der neugeschaffenen Welt zerstört.

Petrus Chrysologus (*um 380 – 451)

Das höchste Gute gleicht dem Wasser

Das höchste Gute gleicht dem Wasser.
Des Wassers Gutsein: Es nützt den zehntausend Wesen,
Aber macht ihnen nichts streitig;
Es weilt an Orten,
Die die Menge der Menschen verabscheut.
Darum ist es nahe dem Weg.

Gut ist beim Wohnen: der Grund.
Gut ist beim Sinnen: die Tiefe.
Gut ist beim Geben: die Menschlichkeit.
Gut ist beim Reden: die Treulichkeit.
Gut ist beim Herrschen: die Ordnung.
Gut ist beim Schaffen: die Fähigkeit.
Gut beim Sich-Regen: die rechte Zeit.

Wohl! Nur, wer sich nicht streitet,
Ist gegen Schmähung gefeit.

Laotse ( 6. Jh. v.u.Z.) im Tao-Tê-King