Wolke des Nichtwissens zwischen dir und deinem Gott

Wolke des Nichtwissens und Brief persönlicher Führung. Anleitung zur Meditation. Neu übertragen und herausgegeben von Willi Massa.  Mit einem Geleitwort von Hugo M. Enomiya-Lassalle SJ. Freiburg/Br. 1999

Ich sprach von „Dunkelheit“ und „Wolke“. Glaube nicht, daß ich, weil ich von einer Dunkelheit oder Wolke spreche, eine Wolke meine, die aus Dunst geballt ist, wie er in der Luft schwebt, oder eine Dunkelheit, wie sie zur Nachtzeit bei dir zu Hause herrscht, wenn deine Kerze gelöscht ist. Denn eine solche Dunkelheit und Wolke kannst du mit der Vorstellungskraft und dem Verstand selbst am hellsten Sommertag vor deinem geistigen Auge sehen, nicht anders als du dir umgekehrt in der dunkelsten Winternacht ein helles, leuchtendes Licht vorstellen kannst. Solch ein Irrtum sei ferne von dir; so meine ich es nicht. Wenn ich nämlich „Dunkelheit“ sage, so meine ich einen Mangel an Wissen; so wie dir alles, was du nicht weißt oder vergessen hast, dunkel erscheint, weil du es nicht mit deinem geistigen Auge siehst. Aus diesem Grund wird die Wolke nicht eine Wolke der Luft, sondern eine „Wolke des Nichtwissens“ genannt, die sich zwischen dir und deinem Gott befindet.

„Wolke des Nichtwissens“, Ende des vierten Kapitels „Von der Kürze dieses Werks und von der Unmöglichkeit, durch geistige Wißbegierde oder die Tätigkeit der Vorstellungskraft zu diesem Werk zu gelangen.“

Werbung

Wolke des Nichtwissens

Foto: (c) wak

Glaube nicht, daß ich, weil ich von einer Dunkelheit oder Wolke spreche, eine Wolke meine, die aus Dunst geballt ist, wie er in der Luft schwebt, oder eine Dunkelheit, wie sie zur Nachtzeit bei dir zu Hause herrscht, wenn deine Kerze gelöscht ist. Denn eine solche Dunkelheit und Wolke kannst du mit der Vorstellungskraft und dem Verstand selbst am hellsten Sommertag vor deinem geistigen Auge sehen, nicht anders als du dir umgekehrt in der dunkelsten Winternacht ein helles, leuchtendes Licht vorstellen kannst. Solch ein Irrtum sei ferne von dir; so meine ich es nicht. Wenn ich nämlich „Dunkelheit“ sage, so meine ich einen Mangel an Wissen; so wie dir alles, was du nicht weißt oder vergessen hast, dunkel erscheint, weil du es nicht mit deinem geistigen Auge siehst. Aus diesem Grund wird die Wolke nicht eine Wolke der Luft, sondern eine Wolke des Nichtwissens genannt, die sich zwischen dir und deinem Gott befindet.

Wolke des Nichtwissens, (14. Jahrhundert), 4. Kapitel

Höhen und Tiefen ohne Regel und Recht

Die Habgier ist die Mutter der Ungleichheit, erbarmungslos und menschenfeindlich. Ihretwegen gerät das Leben der Menschen aus der geordneten Bahn. Die einen müssen sich vor Übersättigung erbrechen, als ob sie die Nahrung, mit der sie sich überfüllt haben, von sich speien müssten; die anderen sind, von Hunger und Mangel bedrängt, am Rande des Abgrunds. Das ist die Folge der unersättlichen Habsucht. Hätte sie nicht ins Leben die Ungleichheit eingeführt, so gäbe es nicht diese Höhen und Tiefen ohne Regel und Recht, noch würde das Auf und Nieder soviel Verdruss und Tränen in unser Leben hineintragen.

Asterios von Amaseia (ca. 330 – um 410) / Zeitgenosse von Johannes Chrysostomos

Schweigen und Arbeiten

Foto: © wak

Was erforderlich ist (wenn überhaupt etwas), ist nicht Schreiben oder Reden – daran besteht für gewöhnlich gar kein Mangel –, sondern Schweigen und Arbeiten; denn Reden stört, Schweigen und Arbeiten dagegen sammeln die Gedanken und festigen den Geist. Sobald dann ein Mensch das begriffen hat, was ihm zu seinem Nutzen gesagt worden ist, besteht für ihn keine Notwendigkeit mehr, etwas zu hören oder zu erörtern. Er muß sich vielmehr eifrig daran machen, das in Demut, Barmherzigkeit und Selbstverachtung in die Praxis umzusetzen, was er schweigend und aufmerksam gelernt hat.

Johannes vom Kreuz / Juan de la Cruz (1542  1591)

Dzogchen im Mystikkreis Köln am 3. März 2019 – Eine herzliche Einladung

Bildquelle: wikimedia/gemeinfrei

 

Wenn du Dzogchen hundert Menschen erklärst,
die interessiert sind, genügt das nicht.
Wenn du es aber einem Menschen erklärst,
der nicht interessiert ist, ist das zuviel.
~ Garab Dorje

 

Der buddhistische Weg des Dzogchen lehrt seit vielen Jahrhunderten einen sehr direkten Zugang zur Selbstbefreiung. Allen Alltagserfahrungen zum Trotz, geht die Lehre davon aus, dass jeder Augenblick und jede Situation des Lebens bereits perfekt und vollkommen ist. Für den Praktizierenden des Dzogchen gibt es aus dieser Sicht keinen Mangel und kein Zuviel. Mehr noch: Im ursprünglichen und reinen Gewahrsein kann er jenseits aller Begrenzungen zum Zustand der Allwissenheit und Erleuchtung kommen. Dzogchen gilt als die tiefgründigste Lehre des Buddhismus. Bezeichnet wird sie auch als die Herz-Essenz der Großen Vollkommenheit.

Dieser herausfordernden Lehre wollen wir uns am 3. März behutsam annähern und sie anhand von Texten beleuchten.

Organisatorisches:

Damit wir besser planen können, bitten wir um frühzeitige Anmeldung bei Rani Tel: 0221 2406997/ eMail: weissefeder@netcologne.de. Vielen Dank!

Wir treffen uns an jedem ersten Sonntag im Monat im Kölner Stadtteil Sülz. An diesen Sonntagen wird für beides Zeit sein – für stilles kontemplatives Sitzen und für das Studieren mystischer Texte & Themen sowie den gemeinsamen Austausch. Im monatlichen Wechsel geht es einen Sonntag um mystische Themen am anderen Sonntag um Doing Nothing-Praxis.

Der private Kurs ist auf 12 Teilnehmer beschränkt. Kostenbeitrag: 15,– (+ ein freiwilliger Obolus für den Mittagstisch).

Wir freuen uns auf Euer / Ihr Kommen:

Rani und Werner

 

Bitte schon mal vormerken: der nächste Doing Nothing Praxis-Tag ist am 7. April.

Mangel an Sein

Foto: © wak

 

Der leidenschaftliche, fanatische Glaube an Ideen und Führer – gleich welche – ist Götzendienst. Er entsteht aus einem Mangel an Mitte, an innerer Aktivität, an Sein. Das gleiche gilt für die große Liebe: Sie wird zum Götzendienst, wenn jemand glaubt, daß der Besitz eines anderen Menschen ihm die Antwort auf sein Leben gibt, ihm Gewißheit schenkt, zu seinem Gott wird.

Erich Fromm (1900 – 1980)

Mangel an Mitte

Der leidenschaftliche, fanatische Glaube an Ideen und Führer – gleich welche – ist Götzendienst. Er entsteht aus einem Mangel an Mitte, an innerer Aktivität, an Sein. Das gleiche gilt für die große Liebe: Sie wird zum Götzendienst, wenn jemand glaubt, daß der Besitz eines anderen Menschen ihm die Antwort auf sein Leben gibt, ihm Gewißheit schenkt, zu seinem Gott wird.

Erich Fromm  (1900 – 1980)

Im Kreis sind Anfang und Ende eins

Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer,
Krieg und Frieden, Überfluss und Mangel.

Das Wasser des Meeres ist zugleich rein und ungenießbar:
Es ist genießbar und gesund für Fische,
aber ungenießbar und tödlich für die Menschen.

Tag und Nacht sind ihrem Wesen nach eins.
Der Weg nach oben und der Weg nach unten
Ist ein und derselbe.

Selbst Schlafende arbeiten und helfen mit
Bei dem, was im Universum vor sich geht.
In einem Kreis
Sind Anfang und Ende eins.

Heraklit (544 bis 483 v.u.Z.)

Versöhnungsgebet von Coventry

Alle haben gesündigt und ermangeln des
Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten.
(Röm. 3,23)

Den Hass, der Rasse von Rasse trennt,
Volk von Volk, Klasse von Klasse:
VATER, VERGIB!

Das Streben der Menschen und Völker,
zu besitzen, was nicht ihr Eigen ist:
VATER, VERGIB!

Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen
ausnutzt und die Erde verwüstet:
VATER, VERGIB!

Unseren Neid auf das Wohlergehen
und Glück der anderen:
VATER, VERGIB!

Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der
Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge:
VATER, VERGIB!

Die Entwürdigung von Frauen, Männern
und Kindern durch sexuellen Missbrauch:
VATER, VERGIB!

Den Hochmut, der uns verleitet, auf
uns selbst zu vertrauen und nicht auf Gott:
VATER, VERGIB!

Seid untereinander freundlich, herzlich und
vergebt einer dem anderen, gleichwie Gott
euch vergeben hat in Christus.
(Eph. 4,32)