Die höchste Fähigkeit des Menschen

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Die höchste Fähigkeit des Menschen ist nicht sein Verstand, sondern seine Intuition; sie bezieht ihr Wissen unmittelbar und spontan von der Seele und nicht durch die unzuverlässige Vermittlung der Sinne oder des Verstandes.

Paramanahansa Yogananda (1893 – 1952)

Schenk Frieden dem, der den Frieden verlor

Foto: (c) wak

Singe ein Lied, das noch keiner gesungen;
Denke so, wie noch keiner gedacht.
Strebe nach Gipfeln, die keiner bezwungen;
Weine um Gott bei Tag und bei Nacht.

Lieb alle Menschen wie niemand zuvor,
Bestehe mutig den Kampf des Lebens.
Schenk Frieden dem, der den Frieden verlor,
Und Hoffnung dem, der hoffte vergebens.

Paramanahansa Yogananda (1893 – 1952)

Reinstes Indien

C.G. Jung und Ramana Maharshi

Shri Ramanas Gedanken sind schön zu lesen. Es ist reinstes Indien, das uns darin entgegentritt, mit seinem Hauch der weltentrückten und -entrückenden Ewigkeit, ein Lied der Jahrtausende, und, wie der Gesang der Grillen in der Sommernacht, aus Millionen Wesen wiedertönend. Diese Melodie ist aufgebaut über dem einen, großen Motiv, das ohne Ermüdung, seine Monotonie in tausend farbige Reflexe verhüllend, sich im indischen Geiste ewig verjüngt, und dessen jüngste Inkarnation eben Shri Ramana selbst ist.

Einführung von C. G. Jung (1875 – 1961) zu Heinrich Zimmer: Der Weg zum Selbst. Lehre und Leben des indischen Heiligen Shri Ramana Maharshi aus Tiruvannamalai. Zürich 1944

Ein Lied für niemanden

Fotographik (c) wak

Eine gelbe Blume
(Licht und Geist)
singt von selbst
Für niemanden.

Ein goldener Geist
(Licht und Leere)
Singt ohne ein Wort
von selbst.

Niemand soll diese sanfte Sonne berühren
In deren dunklem Auge
Jemand wach ist.

(Kein Licht, kein Gold, kein Name, keine Farbe
Und kein Gedanke:
Oh, hellwach!)

Ein goldener Himmel
singt von selbst
Ein Lied für niemanden.

Thomas Merton (1915 – 1968)

Obgleich’s bei Nacht ist

Im Lied vom Urquell singt die Seele wieder von etwas, was sie selbst im Innersten bewegt, wie in der „Dunklen Nacht“ und in der „Liebesflamme“. Aber was sie bewegt, ist nicht wie dort ihr eigenes Geschick, sondern das innerste Leben der Gottheit, wie es ihr der Glaube offenbart: der ewige flutende Quell, dem alle Wesen entstammen, der ihnen allen Licht und Leben spendet; der aus sich seinen ihm gleichen Strom gebiert und mit dem zweiten gemeinsam einen dritten von gleicher Fülle hervorbringt. Das Lied, das von diesen Wahrheiten singt, ist durchaus keine „Gedankendichtung“. Es „singt“ wirklich, in reinsten musikalischen Klängen. Die Glaubenslehre ist darin fließendes Leben geworden: das ewige Meer wogt in ruhigem Wellenschlag in der Seele und singt sein Lied darin. Und jedesmal, wenn es an das Ufer schlägt, gibt es einen dunklen Widerhall: „Aunque es de noche“ („Obgleich’s bei Nacht ist“). Die Seele ist begrenzt – sie kann das unendliche Meer nicht fassen. Ihr Geistesauge ist dem himmlischen Licht nicht angepaßt – es erscheint ihr als Dunkel. Und so lebt sie mitten in der Vereinigung mit dem Dreieinigen, selbst im Genuß des Lebensbrotes, worin Er sich ihr mitteilt, ein Leben der Sehnsucht: „Porque es de noche“ („weil es bei Nacht ist“). Das Wesen der dunklen Beschauung ist in diesen Versen ausgesprochen.

Edith Stein / Sr. Teresia Benedicta a Cruce (1891 – 1942) in: Kreuzeswissenschaft – Studie über Johannes vom Kreuz

Lichtbringer

Rabindranath Tagore | Bild: Archiv

… Es sind in dieser natürlichen Welt Menschen geboren worden mit all unseren menschlichen Begrenzungen und Verlangen, aber sie beweisen, dass sie in der Welt des Geistes atmeten, dass die höchste Vollkommenheit in der Freiheit der Persönlichkeit, in der vollkommenen Einigung der Liebe besteht. …

… Ihr unerschöpfliches Leben fließt wie der Wogenschwall einer gewaltigen, mächtigen Flut durch grüne Felder und Wüsten, durch langgestreckte dunkle Höhlen der Vergessenheit in die tanzende Freude des Sonnenlichts. Sie bringen Leben vor die Türen der unzähligen Menschen endlose Jahre lang, heilend und durstlöschend, sie waschen die Flecken des Alltagsstaubes ab und singen mit lebenbebender Stimme in allen Lärm der Märkte das Lied des ewigen Lebens.

Rabindranath Tagore (1861 – 1941

Den vollständigen Text von Rabindranath Tagore  über „Lichtbringer“ finden Sie hier:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH V
CII. JAHRGANG FRÜHJAHR 2021

gebunden. ISBN 978-3-948594-06-0 – 20,00 €

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Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Im Heiligtum in der Tiefe deines Herzens

Foto: © wak

 

Brich auf! Du bist für den Weg geboren.
Brich auf! Du hast ein Treffen einzuhalten.
Wo? Mit wem? Vielleicht mit dir selbst.
Brich auf! Deine Schritte werden deine Worte sein,
der Weg dein Lied, die Müdigkeit deine Gebete.
Und am Ende wird deine Stille zu dir sprechen.
Brich auf! Alleine oder mit anderen.
Aber komm heraus aus dir selbst!
Du wirst Begleiter finden, Schwestern und Brüder.
Brich auf! Dein Kopf weiß nicht, wohin deine Füße dein Herz führen.
Brich auf! Jemand ist unterwegs, dich zu treffen,
sucht dich im Heiligtum am Ende des Weges,
im Heiligtum in der Tiefe deines Herzens.
Er ist dein Friede. Er ist deine Freude.
Geh! Gott ist schon mit dir unterwegs.

Anonym / Santuari de Santa Maria de Lluc auf Mallorca

Ein Lied der Jahrtausende

Ramana Maharshi (1879 – 1950) / Foto: Archiv

Shri Ramanas Gedanken sind schön zu lesen. Es ist reinstes Indien, das uns darin entgegentritt, mit seinem Hauch der weltentrückten und -entrückenden Ewigkeit, ein Lied der Jahrtausende, und, wie der Gesang der Grillen in der Sommernacht, aus Millionen Wesen wiedertönend. Diese Melodie ist aufgebaut über dem einen, großen Motiv, das ohne Ermüdung, seine Monotonie in tausend farbige Reflexe verhüllend, sich im indischen Geiste ewig verjüngt, und dessen jüngste Inkarnation eben Shri Ramana selbst ist.

Einführung von C. G. Jung (1875 – 1961) zu Heinrich Zimmer: Der Weg zum Selbst. Lehre und Leben des indischen Heiligen Shri Ramana Maharshi aus Tiruvannamalai. Zürich 1944

Media vita in morte sumus

Media vita in morte sumus
Notker von St. Gallen (+ 975)

Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen
Martin Luther. (1483 – 1546)

 

Luthers dreistrophiges Lied im Erfurter Enchiridion (1524) / wikimedia, gemeinfrei

Ich sag‘ es jedem daß er lebt

 

Foto: © wak

Ich sag‘ es jedem, daß er lebt
Und auferstanden ist,
Daß er in unsrer Mitte schwebt
Und ewig bei uns ist.

Ich sag‘ es jedem, jeder sagt
Es seinen Freunden gleich,
Daß bald an allen Orten tagt
Das neue Himmelreich…

Novalis (1772–1802) in: Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs. Band 1, Stuttgart 1960–1977, S. 169-170