Erfahrung des Ergriffenseins

Jean Benner, L’Extase / Foto: (c) wak

Spiritualität ist die  Erfahrung des Ergriffenseins durch den göttlichen Geist. Sie ist das Gespür für das Absolute, für das Alles-Transzendierende und Alles-Durchdringende, für das Göttliche. Spiritualität ist eine universelle Erfahrung der Geborgenheit im tragenden Seinsgrund und das Angezogenwerden vom letzten Ziel. Jeder Mensch hat eine Spiritualität im weiten Sinn des Wortes. Spiritualität verleiht dem Alltag den letzen Sinn und den Mut zum Sein.

Sebastian Painadath SJ (* 1942)

Von allem was erscheint nichts sehen

Rumi / Bild: Archiv

Dies ist Liebe: himmelwärts zu fliegen,
Eine Hülle nach der andern sprengen.
Erster Schritt: das Leben hinzugeben,
Letzter Schritt: zu wandeln ohne Füße,
Dieser Welt die Augen zu verschließen
Und von allem, was erscheint, nichts sehen.

Rumi / Mevlana (1207 – 1273)

Neues Geheimnis der Natur

Foto: (c) wak

Mit jedem großen Geiste
dringt ein neues
Geheimnis der Natur ans Licht,
und die Bibel kann
nicht geschlossen werden,
ehe nicht der letzte große Mensch
geboren ist.

Ralph Waldo Emerson (1803- 1882) in: Der Kunstwart, 1. Juniheft 1903, S. 220, 225, 227, Callwey Verlag, München

Das ganze Zitat von Ralph Waldo Emerson kann hier nachgelesen werden:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH VI

CII. Jahrgang SOMMER 2021

Thema: JOSEPH SCHNEIDERFRANKEN

Heft 7, Juli 2021

https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter

Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Else Lasker-Schüler: Gebet

Foto: © wak

Ich suche allerlanden eine Stadt,
Die einen Engel vor der Pforte hat.
Ich trage seinen großen Flügel
Gebrochen schwer am Schulterblatt
Und in der Stirne seinen Stern als Siegel.

Und wandle immer in die Nacht …
Ich habe Liebe in die Welt gebracht, –
Daß blau zu blühen jedes Herz vermag,
Und hab ein Leben müde mich gewacht,
In Gott gehüllt den dunklen Atemschlag.

O Gott, schließ um mich deinen Mantel fest;
Ich weiß, ich bin im Kugelglas der Rest,
Und wenn der letzte Mensch die Welt vergießt,
Du mich nicht wieder aus der Allmacht läßt
Und sich ein neuer Erdball um mich schließt.

Else Lasker-Schüler (1869 – 1945)

Zwiegespräch zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Foto: © wak

Das Gebet entspringt jener Schwelle, an der Seele und Leben ineinanderfließen; es ist das Zwiegespräch zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Dies beschränkt sich keineswegs auf die Gelegenheiten, da wir Gebete in Worte fassen. Das Gebet ist ein tieferer und Dialog, der sich in uns vollzieht. In diesem Sinne ist das innere Leben jedes Menschen ein fortwährendes Gebet, das mit der ersten Regung im Mutterleib einsetzt und mit dem letzten Atemzug endet, bevor wir in die unsichtbare Welt zurückkehren.

John O’Donohue (1956 – 2008) in: Echo der Seele. Von der Sehnsucht nach Geborgenheit. München 1999, S. 239 – 240

Du wirst Gott schauen

Foto: © wak

Ein Schüler fragte: “Herr, wie kann ich Gott erlangen ?” Da nahm ihn der Meister zum Meer und tauchte ihn unter Wasser. Nach kurzer Zeit ließ er ihn wieder los und fragte: “Wie hast du dich gefühlt?” Der Schüler antwortete: “Ich glaubte, mein letzter Augenblick sei gekommen. So verzweifelt war ich.” Da antwortete der Meister: “Du wirst Gott schauen, wenn dein Verlangen nach ihm so groß ist, wie deine Sehnsucht nach Luft in diesem Augenblick.”

Ramakrishna (1836 – 1886)

 

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen

Foto: © wak

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

Rainer Maria Rilke, 20.9.1899, Berlin-Schmargendorf

Der Weg wird zum Ziel

Der Weg und das Ziel
sind nicht zweierlei.
Der Weg selbst
wird zum Ziel.

Der erste Schritt
ist bereits der letzte,
weil der Weg und das Ziel nicht zweierlei sind.

Der Weg verwandelt sich,
indem du ihn gehst,
zum Ziel.

Es kommt nicht darauf an,
über das Ziel nachzudenken.
Das Wichtigste ist,
über den Weg nachzudenken.

Entdecke deinen Weg:
Mach den Weg ausfindig.

Osho (1931 – 1990)

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen

rilke_leben

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

Rainer Maria Rilke, 20.9.1899, Berlin-Schmargendorf

Finde deinen Weg

Wir meinen gewöhnlich, wir bräuchten nur ans Ziel zu gelangen, der Weg dahin aber wäre vorgegeben. Es gibt unzählige Wege, von denen die Leute reden, und sie alle führen zum gleichen Ziel. Es gilt, das Ziel zu entdecken, das Ziel zu erreichen! Aber der Weg? Der Weg ist vorgegeben – ja, allzu sehr: Es gibt viel zu viele Wege!

Aber so ist es nicht; denn der Weg und das Ziel sind nicht zweierlei. Der Weg selbst wird zum Ziel. Der erste Schritt ist bereits der letzte, weil der Weg und das Ziel nicht zweierlei sind. Der Weg verwandelt sich, indem du ihn gehst, zum Ziel. Es kommt nicht darauf an, über das Ziel nachzudenken. Das Wichtigste ist, über den Weg nachzudenken. Entdecke deinen Weg: Mach den Weg ausfindig.

Osho (1931 – 1990)