Den richtigen Weg wählen

Zwei Wege gibt es. Der eine, breit und lockend bequem, führt, aufreizender Wahnbilder voll, zu Tiefen eines dunklen Abgrundes. Es ist ein Jammer zu sehen, wie viele namentlich jetzt, wo die blutigen Greuel des Krieges eine Art übersinnlichen Bedürfnisses geweckt haben, auf diesem Wege dahintaumeln und glauben, so zum Heil zu gelangen. Der andere Weg ist schmal, steil und wird immer beschwerlicher, je mehr er sich dem Ziele nähert, dem  h o h e n , dem  e i n z i g e n Ziele, das wirklich des Erstrebens wert ist. Bô Yin Râ ermüdet nicht, unsere  B e s o n n e n h e i t  zu stärken, damit wir, Trug von Wahrheit scheidend, den richtigen Weg wählen. –

Bô Yin Râs neuestes Buch: Das hohe Ziel / Von Felix Weingartner. In: Magische Blätter, Monatsschrift für geistige Lebensgestaltung, VI. Jahrgang 1925, S. 124-127, Talisverlag, Leipzig

Der vollständige Buchhinweis von Felix Weingartner kann hier gelesen werden:

MAGISCHE BLÄTTER, BUCH X
CIII. Jahrgang, Juli 2022, Heft 7 / Thema: MATERIALIEN ZUM FILM

Bestellt werden kann die Ausgabe hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/publikationsreihe/magische-bl%C3%A4tter-buchreihe

Werbung

Es kribbelt und wibbelt weiter…

Foto: © wak

 

Die Flut steigt bis an den Arrarat,
Und es hilft keine Rettungsleiter,
Da bringt die Taube Zweig und Blatt –
Und es kribbelt und wibbelt weiter.

Es sicheln und mähen von Ost nach West
Die apokalyptischen Reiter,
Aber ob Hunger, ob Krieg, ob Pest,
Es kribbelt und wibbelt weiter.

Ein Gott wird gekreuzigt auf Golgatha,
Es brennen Millionen Scheiter,
Märtyrer hier und Hexen da,
Doch es kribbelt und wibbelt weiter.

So banne dein Ich in dich zurück
Und ergib dich und sei heiter,
Was liegt an dir und deinem Glück?
Es kribbelt und wibbelt weiter.

Theodor Fontane (1819 – 1898)

Weisheit aller spirituellen Traditionen anerkennen

Foto: © wak

Was gerecht ist, ist nachhaltig – es hält. Was ungerecht ist, zerfällt, erzeugt Krieg, schafft Ressentiments und nährt die Gewalt. Die Imperien legitimieren gern die Gewalt im Namen der Religion. Aber eine neue Reformation wird die Weisheit anerkennen, die von allen spirituellen Traditionen der Welt ausgeht, und in echter Bescheidenheit wissen, dass keine Kultur und kein Weg den einzigen Pfad zur Quelle bilden können. Glaubensübergreifende Begegnung und Tiefenökonomie werden unabdingbar notwendige Bestandteile einer Spiritualität des 21. Jahrhunderts sein.

Matthew Fox (*1940)

Johannes Tauler im Hospital und anderswo

Foto: © wak

„Den Charakteren Friedrich Becker und Rosa Luxemburg ist auferlegt, diesen Weg zu gehen. Becker wird eingeführt als Patient eines Militärhospitals in einer elsässischen Garnisonsstadt zur Zeit des Waffenstillstands. Schwer verwundet machte er eine Nahtod-Erfahrung, aus welcher er sich zu einer Wiedergeburt durchkämpft, geleitet von einer Friedensvision: „Ich grüße dich, lieblicher Friede. Du bist da. Sei lange da. Sei immer da. Verlaß mich nun nicht mehr, lieber Friede. Wir kommen aus dem Krieg — ein langer, grausig schwerer Krieg. Wir haben getan, was wir konnten. Jung sind wir hineingegangen. So kommen wir wieder, lahm, verstümmelt. Und durstig. Hungrig nach dir, fiebrig.“

Beantwortet wird das Gebet in einer Traumvision von dem elsässischen Mystiker des 14. Jahrhunderts, Johannes Tauler, der fortan überirdischer Begleiter Beckers sein wird.“

Klaus Hofmann in einem Beitrag über Alfred Döblins Roman November 1918
http://www.fr.de/kultur/literatur/doeblin-roman-bisher-sind-wirkliche-revolutionaere-massen-nicht-in-unser-gesichtsfeld-getreten-a-1614822,0

Mehr zu Johannes Tauler am 6. Januar hier: https://mystikaktuell.wordpress.com/2018/12/03/seine-sprache-ist-wie-ein-bergquell-johannes-tauler-im-mystikkreis-am-6-januar-2019/

Süchtig nach Krieg

Foto: © wak

Der Mensch ist
wie ein Alkoholiker,
der weiss, dass das Trinken
ihn zerstören wird,
der aber trotzdem stets
einen Anlass zum Trinken findet…

Man kann daraus nur einen Schluss ziehen:
der Mensch ist so süchtig nach Krieg,
dass er mit seiner Sucht
nicht fertig werden kann.

Doch wenn er nicht lernt,
sie zu meistern,
wird diese Sucht
sein Untergang sein.

Thomas Merton (1915 – 1968)

Barlachs Schwebender Engel

Foto: © wak

Ernst Barlach schuf im Jahr 1927 die bronzene Skulptur, die als „Schwebender Engel“, „Güstrower Ehrenmal“ oder „Der Schwebende“ bekannt geworden ist. Das Gesicht soll ein Porträt von Käthe Kollwitz sein. Die Originalplastik wurde 1937 aus dem Güstrower Dom entfernt und später eingeschmolzen, weil sie als so genannte „entartete Kunst“ galt. Heute existieren noch drei Nachgüsse.

Das Foto zeigt den Engel von Barlach in der Kölner Antoniterkirche. Darunter sind in der Platte die Daten des ersten Weltkrieges und die Zeit des sogenannten „Dritten Reiches“ zu sehen, so dass der Schwebende hier zu einem Friedensengel wurde. Im Hintergrund ist in der Nische mit dem Text „Vater vergib“ das Nagelkreuz von Coventry zu sehen, ein anderes Friedenssymbol.

Barlach selbst schrieb zu der Skulptur: „Für mich hat während des Krieges die Zeit stillgestanden. Sie war in nichts anderes Irdisches einfügbar. Sie schwebte. Von diesem Gefühl wollte ich in dieser im Leeren schwebenden Schicksalsgestalt etwas wiedergeben.“

 

Alles hat seine Stunde

jetzt

Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit:
eine Zeit zum Gebären / und eine Zeit zum Sterben, / eine Zeit zum Pflanzen / und eine Zeit zum Abernten der Pflanzen,
eine Zeit zum Töten / und eine Zeit zum Heilen, / eine Zeit zum Niederreißen / und eine Zeit zum Bauen,
eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz;
eine Zeit zum Steinewerfen / und eine Zeit zum Steinesammeln, / eine Zeit zum Umarmen / und eine Zeit, die Umarmung zu lösen,
eine Zeit zum Suchen / und eine Zeit zum Verlieren, / eine Zeit zum Behalten / und eine Zeit zum Wegwerfen,
eine Zeit zum Zerreißen / und eine Zeit zum Zusammennähen, / eine Zeit zum Schweigen / und eine Zeit zum Reden,
eine Zeit zum Lieben / und eine Zeit zum Hassen, / eine Zeit für den Krieg / und eine Zeit für den Frieden.

Aus dem Buch Kohelet

Die Pfade zur Quelle

Was gerecht ist, ist nachhaltig – es hält. Was ungerecht ist, zerfällt, erzeugt Krieg, schafft Ressentiments und nährt die Gewalt. Die Imperien legitimieren gern die Gewalt im Namen der Religion. Aber eine neue Reformation wird die Weisheit anerkennen, die von allen spirituellen Traditionen der Welt ausgeht, und in echter Bescheidenheit wissen, dass keine Kultur und kein Weg den einzigen Pfad zur Quelle bilden können. Glaubensübergreifende Begegnung und Tiefenökonomie werden unabdingbar notwendige Bestandteile einer Spiritualität des 21. Jahrhunderts sein.

Matthew Fox (*1940)

Im Kreis sind Anfang und Ende eins

Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer,
Krieg und Frieden, Überfluss und Mangel.

Das Wasser des Meeres ist zugleich rein und ungenießbar:
Es ist genießbar und gesund für Fische,
aber ungenießbar und tödlich für die Menschen.

Tag und Nacht sind ihrem Wesen nach eins.
Der Weg nach oben und der Weg nach unten
Ist ein und derselbe.

Selbst Schlafende arbeiten und helfen mit
Bei dem, was im Universum vor sich geht.
In einem Kreis
Sind Anfang und Ende eins.

Heraklit (544 bis 483 v.u.Z.)