Schönheit von Himmel und Erde

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Meditation ist keine Flucht aus der Welt. Es ist kein isolierendes, sich abkapselndes Tun, sondern vielmehr die Einsicht in die Welt und wie es auf ihr zugeht. Die Welt hat wenig zu bieten, abgesehen von Nahrung, Kleidung, Obdach und Vergnügen mit seinem grossen Kummer.

Meditation heisst wegwandern von dieser Welt; man muss ein totaler Aussenseiter sein. Dann hat die Welt eine Bedeutung, und die Schönheit von Himmel und Erde ist dauerhaft. Dann ist Liebe nicht Vergnügen. Von dort geht jedes Handeln aus, das nicht Ergebnis von Spannung, Widerspruch, Streben nach Selbstverwirklichung oder Machtdünkel ist

Jiddu Krishnamurti (1895-1986) in „Meditationen“. Zürich 1989

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Iwan S. Turgenew: Christus

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Ich sah mich als Jüngling, fast noch als Knaben in einer niedrigen Dorfkirche. — Die Flämmchen der dünnen Wachskerzen glühten wie kleine rote Punkte vor den alten Heiligenbildern.

Ein kleiner regenbogenfarbiger Lichtschein umgab jedes einzelne Flämmchen. Es war düster und dämmerig in der Kirche … Vor mir aber standen eine Menge Leute. Lauter schlichte, blonde Bauernköpfe. Von Zeit zu Zeit neigten sie sich, beugten sich herab und erhoben sich wieder gleich reifen Kornähren, wenn der sommerliche Wind wie eine sanfte Woge über sie hinstreicht. Mit einem Male kam jemand von hinten heran und trat neben mich.

Ich wandte mich nicht nach ihm um — aber ich fühlte sofort: dieser Mensch ist — Christus.

Rührung, Neugier und Angst bemächtigten sich meiner im selben Augenblick. Ich nahm mich zusammen … und sah meinen Nachbar an.

Ein Gesicht wie das aller anderen — ein Gesicht, das allen Menschengesichtern gleicht. Die Augen blicken ein wenig aufwärts, andächtig und ruhig. Die Lippen sind geschlossen, aber nicht zusammengepreßt: die Oberlippe ruht gleichsam auf der unteren; der kurze Bart ist in der Mitte geteilt. Die Hände gefaltet und unbeweglich. Auch die Kleidung ist dieselbe wie bei allen übrigen.

»Wie kann das Christus sein!« dachte ich bei mir. »Solch einfacher, einfacher Mensch! Es ist unmöglich!«

Ich kehrte mich ab. Doch ich hatte kaum den Blick von diesem einfachen Menschen abgewandt, als mich wiederum das Gefühl überkam, als stünde wirklich Christus an meiner Seite.

Noch einmal nahm ich mich zusammen … Und wieder erblickte ich dasselbe Antlitz, das allen Menschengesichtern gleicht, dieselben alltäglichen, wenn auch unbekannten Züge.

Da wurde es mir plötzlich schwer ums Herz — und ich kam zu mir. Nun begriff ich erst, daß gerade solch ein Antlitz — ein Antlitz, das allen Menschengesichtern gleicht — Christi Antlitz sei.

Iwan S. Turgenew (1818 – 1883) in: Gedichte in Prosa. Übertragen von Theodor Commichau, Leipzig 1922

Du tust vielen Unrecht denen du hättest helfen können

Foto: © wak

Dem Hungernden gehört das Brot,
das du zurückhältst,
dem Nackten das Kleidungsstück,
das du im Schrank verwahrst,
dem Barfüßigen der Schuh,
der bei dir verfault,
dem Bedürftigen das Silber,
das du vergraben hast.

Du tust also vielen Unrecht,
denen du hättest helfen können.

Basilius von Caesarea (330-379)

Einsicht in die Welt

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Meditation ist keine Flucht aus der Welt. Es ist kein isolierendes, sich abkapselndes Tun, sondern vielmehr die Einsicht in die Welt und wie es auf ihr zugeht. Die Welt hat wenig zu bieten, abgesehen von Nahrung, Kleidung, Obdach und Vergnügen mit seinem grossen Kummer.

Meditation heisst wegwandern von dieser Welt; man muss ein totaler Aussenseiter sein. Dann hat die Welt eine Bedeutung, und die Schönheit von Himmel und Erde ist dauerhaft. Dann ist Liebe nicht Vergnügen. Von dort geht jedes Handeln aus, das nicht Ergebnis von Spannung, Widerspruch, Streben nach Selbstverwirklichung oder Machtdünkel ist

Jiddu Krishnamurti (1895-1986) in „Meditationen“. Zürich 1989

Meditation ist keine Flucht aus der Welt

Meditation ist keine Flucht aus der Welt. Es ist kein isolierendes, sich abkapselndes Tun, sondern vielmehr die Einsicht in die Welt und wie es auf ihr zugeht. Die Welt hat wenig zu bieten, abgesehen von Nahrung, Kleidung, Obdach und Vergnügen mit seinem grossen Kummer.

Meditation heisst wegwandern von dieser Welt; man muss ein totaler Aussenseiter sein. Dann hat die Welt eine Bedeutung, und die Schönheit von Himmel und Erde ist dauerhaft. Dann ist Liebe nicht Vergnügen. Von dort geht jedes Handeln aus, das nicht Ergebnis von Spannung, Widerspruch, Streben nach Selbstverwirklichung oder Machtdünkel ist

Jiddu Krishnamurti (1895-1986) in „Meditationen“. Zürich 1989

Die Seele des Menschen dürstet nach Schönheit

Die Seele des Menschen
dürstet nach Schönheit;
wir suchen sie in allem:
in Landschaft,
Musik,
Kunst,
Kleidung,
Möbeln,
Gärten,
Freundschaft,
Liebe,
Religion
und in uns selbst.

John O’Donohue ( 1954 – 2008)

Eins mit Welt und Universum

Fragender:

Ich habe die Absicht, den Dienst zu quittieren und ständig bei Bhagavan* zu bleiben.

Ramana Maharshi:

Bhagavan ist stets mit Ihnen, in Ihnen, und Sie sind selbst Bhagavan. Um dies zu erkennen, brauchen Sie weder Ihren Beruf aufgeben noch von zu Hause wegzulaufen. Mit Entsagung ist nicht das nach außen sichtbare Ablegen von Kleidung und das Aufgeben von Familie, Heim usw. gemeint, sondern ein Loswerden von Wünschen, Zuneigung und Verhaftung**. Warum Ihren Beruf aufgeben? Ergeben Sie sich Gott, der die Bürde aller trägt. Wer den Wünschen entsagt, wird eins mit der Welt und verteilt seine Liebe auf das ganze Universum. Die Ausdehnung von Liebe und Zuneigung charakterisiert den wahren Gottesverehrer viel treffender als das Wort „Entsagung“.

In: David Godman (Hg.): Ramana Maharshi – Sei, was du bist! Die wichtigsten Unterweisungen des großen indischen Weisheitslehrers über das Wesen der Wirklichkeit und den Pfad der Selbstergründung. München 2. Auflage 2001, S. 164-165

* gemeint ist hier Ramana Maharshi

** Anhaftung

Die Seele des Menschen dürstet

Die Seele des Menschen dürstet nach Schönheit;
wir suchen sie in allem:
in Landschaft,
Musik,
Kunst,
Kleidung,
Möbeln,
Gärten,
Freundschaft,
Liebe,
Religion
und in uns selbst.

John O’Donohue ( 1954 – 2008)

 

Die Seele des Menschen

Die Seele des Menschen dürstet nach Schönheit;
wir suchen sie in allem. In

Landschaft,
Musik,
Kunst,
Kleidung,
Möbeln,
Gärten,
Freundschaft,
Liebe,
Religion
und in uns selbst.

John O’Donohue ( 1954 – 2008)

Die Spur Gottes

Die Natur ist nicht auf Speise und Trank, auf Kleidung oder Komfort und überhaupt auf nichts bedacht, worin Gott nicht anwesend ist. Ob du es magst oder nicht, ob du es weißt oder nicht, die Natur sucht und jagt und kämpft immer nur heimlich darum, die Spur aufzustöbern, auf der Gott zu finden ist.

Meister Eckhart (1260 – 1328)