Erfahrung des Ergriffenseins

Jean Benner, L’Extase / Foto: (c) wak

Spiritualität ist die  Erfahrung des Ergriffenseins durch den göttlichen Geist. Sie ist das Gespür für das Absolute, für das Alles-Transzendierende und Alles-Durchdringende, für das Göttliche. Spiritualität ist eine universelle Erfahrung der Geborgenheit im tragenden Seinsgrund und das Angezogenwerden vom letzten Ziel. Jeder Mensch hat eine Spiritualität im weiten Sinn des Wortes. Spiritualität verleiht dem Alltag den letzen Sinn und den Mut zum Sein.

Sebastian Painadath SJ (* 1942)

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Fundamente des Dharma schaffen

Schaffe, solange du noch bei guter Gesundheit bist, unverzüglich mit all deinem Reichtum Fundamente des Dharma, denn du lebst inmitten der Ursachen für den Tod, wie ein Licht, das im Wind steht.

Nagarjuna (2. Jh.) in: „Kostbarer Kranz” (Ratnavali)

In dich selbst kehre zurück

Darstellung des Augustinus in der römischen Lateranbasilika / wikimedia, gemeinfrei

Geh nicht nach außen,
in dich selbst kehre zurück,
denn im inneren Menschen
wohnt die Wahrheit.
Und wenn du deine Natur
als wandelbar empfindest,
übersteige dich selbst.

Augustinus (354 – 430)

Einfache tiefe Sehnsucht nach Gott

Willst du also beten, vergiss alles, was du getan hast oder vorhast zu tun. Weise alle Gedanken ab, gleich ob gute oder böse. Gebrauche beim Beten keine Worte, es sei denn, du fühlst dich innerlich dazu gedrängt. Betest du aber doch mit Worten, so kümmere dich nicht darum, ob es viele oder wenige sind. Beachte sie nicht, denke nicht daran, was sie bedeuten. Mache dir auch keine Gedanken um die Art des Gebetes. Es ist völlig gleich, ob es offizielle liturgische Gebete sind wie Psalmen, Hymnen, Wechselgesänge oder Fürbitten, und auch, ob du nur in Gedanken betest oder vernehmlich.
Nur eines habe im Sinn: in deinem Herzen eine einfache, tiefe Sehnsucht nach Gott zu hegen. Denke nicht darüber nach, wer oder was er ist oder wie er sich in seinen Werken offenbart. Ruhe in dem einfachen Bewusstsein, dass er „ist”. Ich bitte dich, laß ihn so, wie er ist. Versuche nicht, ihn genauer zu erfassen und tiefer einzudringen, sondern bleibe in schlichtem Vertrauen verwurzelt in Gottes Sein wie in festem Grund.
Diese von allen Gedanken freie Aufmerksamkeit, die im Vertrauen wurzelt und gründet, wird dich von allem Denken und Wahrnehmen frei machen und dir nur das reine Bewusstsein und das dunkle Innesein deines eigenen Daseins lassen. Dein ganzes Empfinden aber ist erfüllt mit lauterer Sehnsucht nach Gott, die spricht:

„Mein Sein bringe ich dir, Herr,
ohne nach einer deiner Eigenschaften zu fragen.
Ich schaue nur darauf: Du bist.
Nur das habe ich im Sinn, sonst nichts.

Finde angehaltenen Atems deinen Stand im Selbst

Ramana Maharshi | Bild Archiv

Mitten in der Höhle des Herzens
leuchtet allein das reine Unbedingte (brahman)
als ICH-ICH offenbar in Gestalt des Selbst (atman).

Lass dein Gemüt sich selbst erforschen
und im Herzen untertauchen
und finde angehaltenen Atems
deinen Stand im Selbst.

Heinrich Zimmer: Der Weg zu Selbst. Lehre und Leben des Shri Ramana Maharshi. Kreuzlingen/München, 9. Aufl. 2001. S. 55

Lachen lachen und Tränen weinen

Foto: © wak

Ich denke, das Ziel im Leben
ist nicht, immer glücklich zu sein,
sondern all unser Lachen zu lachen
und all unsere Tränen zu weinen.
Was auch immer sich in uns offenbart,
es ist das Leben,
das sich darin zeigt
und es ist immer ein Geschenk,
sich damit zu verbinden.

Marshall B. Rosenberg (1934 – 2015) in: Konflikte lösen durch gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils, Herder 2004, S. 18f

Sink sanft ins Nichts

Foto: © wak

Immer im Nichts

Wenn Gott dir gute Gaben giebet,
Sink sanft ins Nichts und dich ausleer;
Läßt er dich arm, sei unbetrübet,
Sink sanft ins Nichts und nichts begehr!

Gerhard Tersteegen (1697–1769) in: Geistliches Blumengärtlein