Verborgener Schatz der Gnade Gottes

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Im täglichen Gebet habe ich nichts gefunden,
als die Bewegung des Körpers,
und im Fasten nichts anderes
als den Hunger.
Was ich besitze,
ist nur von Seiner Gnade
und nicht von meinen Taten.
Wahrlich, nichts kann man
durch seine Bestrebungen
und Anstrengungen gewinnen.
Aber der Glückliche ist der,
der auf seinem Wege weiter wandert,
bis er unter seinen Füßen
den verborgenen Schatz
der Gnade Gottes findet!

Bayezid Bastami (804 – 874)

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Höhen und Tiefen ohne Regel und Recht

Die Habgier ist die Mutter der Ungleichheit, erbarmungslos und menschenfeindlich. Ihretwegen gerät das Leben der Menschen aus der geordneten Bahn. Die einen müssen sich vor Übersättigung erbrechen, als ob sie die Nahrung, mit der sie sich überfüllt haben, von sich speien müssten; die anderen sind, von Hunger und Mangel bedrängt, am Rande des Abgrunds. Das ist die Folge der unersättlichen Habsucht. Hätte sie nicht ins Leben die Ungleichheit eingeführt, so gäbe es nicht diese Höhen und Tiefen ohne Regel und Recht, noch würde das Auf und Nieder soviel Verdruss und Tränen in unser Leben hineintragen.

Asterios von Amaseia (ca. 330 – um 410) / Zeitgenosse von Johannes Chrysostomos

Advent: Einstellung auf die geistige Mitte

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Unsere Aufgabe als Menschen dieser Erde, unsere Vorbereitung auf den Weg von aussen nach innen und damit unsere Vorbereitung auf  We i h n a c h t e n  als dem Fest der Seele, ist es also nun, diesen Hunger unserer Seele nach geistigem Erleben nicht unbeachtet zu lassen, sondern im Gegenteil ihn immer wieder, wenn möglich jeden Tag eine kurze Zeit der Selbstbesinnung (stillen), der Einstellung auf die geistige Mitte hin zu gewähren. D. h. mit andern Worten: Der Wille des Erdenmenschen mit all seinen tausendfältigen meist nur nach aussen gerichteten Strebungen muß sich immer wieder und immer mehr einordnen in den geistigen Zentralwillen, der ja in jedem von uns, in unserem innersten „Geistes-Ich“, lebendig ist.

„Advent“ von Dr. med. G. W. Vaubel, Griesheim-Darmstadt, 1955

Der vollständige Text ist hier nachzulesen:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH IV
CI. JAHRGANG WINTER 2020 / 2021
4. Quartalsausgabe November, Dezember, Januar
gebunden. ISBN-Nr. 978-3-948594-04-6

HEFT 11 | Dezember 2020
TITELTHEMA: WEIHENACHT

https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter

Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Notwendigkeit Gott neu zu suchen

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Der Mensch ist nicht lange zufrieden mit dem, was ihm diese Zeit als Nahrung bietet. Es müssen sich schließlich Hunger und Durst einstellen, die einige Menschen dazu zwingen werden, nach tieferer Befriedigung zu suchen. Schon jetzt gibt es hier und da Menschen auf der Erde, die aufgehört haben, ein Leben leben zu wollen, das keine Ewigkeit in sich birgt. Sie fühlen die Notwendigkeit, Gott neu zu suchen. Es gibt innerhalb und außerhalb der Kirchen viele solcher Menschen. Das, was sie verbindet, ist, dass Worte und Abstraktionen nichts mehr für sie bedeuten. Vergangene Auffassungen haben nur dann Bedeutung für sie, wenn sie entweder mit ihrer Vorstellung vom Leben übereinstimmen oder aber Basis für eine Weiterentwicklung sind und dadurch ihr Leben kraftvoller machen. Am besten bleiben wir gleich bei denen, die sich, ohne sich in das Gewand einer bestehenden Religion zu hüllen, auf einen einsamen Streifzug begeben; bei denen, die die Fülle des Lebens nicht in Tempeln, Synagogen oder Kirchen suchen, sondern unter Gottes offenem Himmel, bei welchem Wetter auch immer. Mitten in ihrer täglichen gehetzten Existenz haben sie einen Augenblick umher geschaut und das Leben aufs Neue mit derselben tiefen Verwunderung wie der primitive Mensch gesehen. Sie schauen nach dem Leben um sie herum, belauschen seine Schwingungen in sich selbst und fragen sich: »Wer bin ich und woher komme ich? Wohin gehe ich?« Aber sie bekommen keine Antwort.

Johannes Anker Larsen (1874 – 1957) in einem Vortrag in Amersfoort 1927. Zunächst erschienen hier: Vom wirklichen Leben. Drei Vorträge gehalten in Amersfoort, Berlin und Zürich erschienen im mym- Verlag, Berlin, 2004

 

Der vollständige Vortrag ist hier nachzulesen, weitere Vorträge werden noch folgen:

MAGISCHE BLÄTTER
CI. JAHRGANG HERBST 2020
3. Quartalsausgabe August, September, Oktober, gebunden
ISBN.Nr. 978 -3-948594-03-9

HEFT 7 | August 2020 | TITELTHEMA: KUNST

https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter

Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

 

Es kribbelt und wibbelt weiter…

Foto: © wak

 

Die Flut steigt bis an den Arrarat,
Und es hilft keine Rettungsleiter,
Da bringt die Taube Zweig und Blatt –
Und es kribbelt und wibbelt weiter.

Es sicheln und mähen von Ost nach West
Die apokalyptischen Reiter,
Aber ob Hunger, ob Krieg, ob Pest,
Es kribbelt und wibbelt weiter.

Ein Gott wird gekreuzigt auf Golgatha,
Es brennen Millionen Scheiter,
Märtyrer hier und Hexen da,
Doch es kribbelt und wibbelt weiter.

So banne dein Ich in dich zurück
Und ergib dich und sei heiter,
Was liegt an dir und deinem Glück?
Es kribbelt und wibbelt weiter.

Theodor Fontane (1819 – 1898)

Welches Leiden quält dich?

Simone Weil / Foto: Archiv

In der frühen Gralssage heißt es von dem Gral, einem wunderbaren Stein, der durch die Kraft der konsekrierten Hostie jeden Hunger sättigt, dass er dem zu eigen gehört, der an den Hüter, einen von der schmerzlichsten Verwundung zu drei Vierteln gelähmten König, als erster die Frage stellt: „Welches Leiden quält dich?“ Die Fülle der Nächstenliebe besteht einfach in der Fähigkeit, den Nächsten fragen zu können: „Welches Leiden quält dich?“

Simone Weil (1909 – 1943) in ihrer Abhandlung „Betrachtungen über den rechten Gebrauch des Schulunterrichts und des Studiums im Hinblick auf die Gottesliebe“. In: Das Unglück und die Gottesliebe. München 1953, S. 107f.

Mehr zu Simone Weil hier: https://mystikaktuell.wordpress.com/2019/08/07/simone-weil-mystikerin-philosophin-rebellin-doing-nothing-am-8-september-2019-herzliche-einladung/

Im Hunger der Seelen anfangen

Gedenktafel am Böhme-Haus im heute polnischen Zgorcelec (Görlitz) Foto: © wak

Denn nicht durch unsere scharfe Vernunft und Forschen erlangen wir den wahren Grund göttlicher Erkenntnis. Die Forschung muss von innen im Hunger der Seelen anfangen. Denn das Vernunftforschen gehet nur bis in sein Astrum der äußern Welt, daraus die Vernunft urständet. Aber die Seele forschet in ihrem Astro, als in der innern geistlichen Welt, daraus die sichtbare Welt entstanden oder ausgeflossen ist, darinnen sie mit ihrem Grunde stehet.

Jakob Böhme (1575 – 1624)

Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen

Wir steigen in dieselben Flüsse, und tun es doch nicht.
Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.

Alles fließt, nichts ruht.
Alles vergeht, nichts dauert.
Kaltes wird warm, Warmes wird kalt.
Feuchtes trocknet, und Trockenes wird feucht.
Durch Krankheit wird Gesundheit schön;
durch das Schlechte wird das Gute gut;
durch Hunger: Sättigung;
durch Mühe: Schlaf.

Lebendig oder tot sein,
schlafend oder wach, jung oder alt – alles ist eins.
Das eine schlägt jeweils ins andere um,
und umgekehrt –
mit einer schnellen, unverhofften Wendung.

Erst werden die Dinge auseinandergesprengt,
dann werden sie wieder zusammengefügt.
Alles kommt zu seiner Zeit.

Heraklit (544 bis 483 v.u.Z.)