Er ist in allem was ist…

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Vor aller Zeit, vor allen Welten,
Vor dem Anbruch eines jeden Zeitalters, vor dem Anbruch einer jeden Welt,
ist Gott! Und Er bleibt
Jenseits aller kommenden Zeitalter, und jenseits
Aller ungedachten Welten, die noch sein mögen!
Er ist, in allem, was ist, in allem, was noch nicht ist:
Noch heute wohnt Er im Ton des Akkords
Der morgen von den Saiten meiner Harfe erklingt.

Namdev (ca. 1270 – 1350)

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Fremden Federn zugeschrieben – inspirierende Texte für die Adventszeit ~ 5 | Achte gut auf diesen Tag…

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Achte gut auf diesen Tag,
Denn er ist das Leben –
das Leben allen Lebens.

In seinem kurzen Ablauf
liegt alle Wirklichkeit des Daseins:
Die Wonne des Wachsens,
Die Größe der Tat,
Die Herrlichkeit der Kraft.

Denn das Gestern ist nichts als ein Traum
Und das Morgen nur eine Illusion –

Das Heute jedoch, recht gelebt
macht jedes Gestern
zu einem Traum voller Glücks
Und jedes Morgen
Zu einer Vision voller Hoffnung.
Darum gib acht auf diesen Tag.

Autor:
Unbekannter Verfasser; in Sanskrit geschrieben um ca. 1200 v.u.Z.

Zugeschrieben:
Kalidasa (5. Jahrhundert); indischer Dramatiker, Epiker und Dichter
Dschalal ad-Din Muhammad Rumi beziehungsweise Mevlana wird dieser Text ebenfalls zugeschrieben. Rumi schrieb allerdings die meisten Texte in persischer Sprache, andere in Türkisch und Griechisch.

Geschichte und Quelle:
Der Hinweis auf die frühe Sanskrit-Version findet sich in „Masterpieces of Religious Verse“, das James Dalton Morrison 1948 herausgegeben hat auf S. 301. Er verweist auch auf die Zuschreibung für Kalidasa.

Wie elektrische Wellen …

Wie elektrische Wellen heute den ganzen Erdkreis umspannen, und doch nur von Antennen aufgenommen werden können, die für gleiche „Wellenlänge” eingerichtet sind, so strahlen unsichtbare Kräfte auch von jedem Erdenmenschen aus und bringen jede Menschheitsgruppe der jeweils Impulsverwandten in die sicherste Verbindung, ohne anderen Gruppen wahrnehmbar zu werden.

Bô Yin Râ (1876 – 1943) in „Das Gespenst der Freiheit“. Basel / Leipzig 1930, S. 143

Das Gewand kann sich ändern, das Wesen bleibt

… Seit urältesten Zeiten gab es Weise, die, vom Urlicht durchleuchtet, zu Lehrern der Menschheit wurden. Töricht ist es, diese alten Meister zu verlachen und blindlings für Aberglauben zu erklären, was sie uns lehrten. Ebenso töricht ist es aber, uns gleichsam ihr Gewand zu borgen und Äußerlichkeiten ihres Gebahrens, soweit wir noch davon Kenntnis haben, nachahmen zu wollen. Eitlen Mummenschanz, schlechtes Theater treiben wir, wenn wir so handeln. Das ewige Licht leuchtete den alten Meistern und ihren Schülern ebenso, wie es uns heute leuchtet; wohl mögen auch sie von Vorgängern gewußt haben, deren leiseste Spur längst verwischt ist. Auch sie haben aufgenommen, was sie noch fanden, denn jeder wirklich Starke steht auf den Schultern seiner Vorgänger; nur der schwächliche Stümper ersehnt immerfort das „unerhört Neue“. Aber sie schritten vorwärts als Kinder ihrer Zeit, so wie wir als Kinder unserer Zeit fortschreiten sollen. Das Gewand kann sich ändern, das Wesen bleibt dasselbe.

Bô Yin Râs neuestes Buch: Das hohe Ziel von Felix Weingartner. In: Magische Blätter, Monatsschrift für geistige Lebensgestaltung, VI. Jahrgang 1925, S. 124-127, Talisverlag, Leipzig

Der vollständige Text von Felix Weingartner ist hier zu lesen:

MAGISCHE BLÄTTER, BUCH X
CIII. Jahrgang, Juli 2022, Heft 7 / Thema: MATERIALIEN ZUM FILM

Bestellt werden kann die Ausgabe hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/publikationsreihe/magische-bl%C3%A4tter-buchreihe

Junge Seele

Foto: (c) wak

Wisset, meine Seele ist so jung,
wie da sie geschaffen ward,
ja, noch viel jünger!
Und wisset,
es sollte mich nicht wundern,
wenn meine Seele morgen
noch jünger wäre als heute!

Meister Eckhart (1260 – 1328)

Gefunden habe ich diesen Text hier: Alois M. Haas / Thomas Binotto: Meister Eckhart – der Gottsucher. Aus der Ewigkeit ins Jetzt. Freiburg/Br. 2013

Achte gut auf diesen Tag…

Foto: (c) wak

Achte gut auf diesen Tag,
denn er ist das Leben –
das Leben allen Lebens.

In seinem kurzen Ablauf
liegt alle Wirklichkeit
und Wahrheit des Daseins,
die Wonne des Wachsens,
die Herrlichkeit der Kraft.

Denn das Gestern ist nichts als ein Traum
und das Morgen nur eine Vision.

Das Heute jedoch – recht gelebt –
macht jedes Gestern
zu einem Traum voller Glück
und das Morgen
zu einer Vision voller Hoffnung.

Drum achte gut auf diesen Tag.

Aus dem Sanskrit / 5. Jahrhundert – Kalidasa zugeschrieben

Gefahren der Mystik

Unterscheiden zwischen Erleben und Mitteilung des Erlebten

Die Fälle, in denen Menschen Geistiges mit restloser Klarheit und Sicherheit erlebten, sind äußerst selten, aber es wäre sehr töricht, sie um ihrer Seltenheit willen unbeachtet zu lassen oder gar fortleugnen zu wollen. Dies umso mehr, als es auch heute Menschen gibt, die in solcher Art erleben und mit wachester Urteilsfähigkeit um ihr Erleben wissen. Man muss aber stets unterscheiden zwischen diesem eigentlichen Erleben und der Mitteilung des Erlebten, wie es der also Erlebende in Worten zu geben sucht. In solcher Mitteilung strebt der Mensch mit aller Inbrunst, auszusagen, was sich doch niemals in Worten sagen lässt, und notgedrungen schafft er sich Bild und Gleichnis, um auch anderen Seelen erfassbar zu machen, was ihm widerfahren ist.

„Gefahren der Mystik“ von Bô Yin Râ / Josef Anton Schneiderfranken (1876 – 1943)

Der ganze Artikel „Gefahren der Mystik“ von Bô Yin Râ  kann hier nachgelesen werden:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH VIII
CII. JAHRGANG WINTER 2021/2022

November 2021: Mystiker, die B.Y.R. empfohlen hat

Bestellungen: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Mehr auch hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift-magische-bl%C3%A4tter

Spricht zu den Menschen deren Ohren geöffnet sind

Die Kaaba / Bild: Archiv

Als Abraham in Aegypten in die Mysterien des Lebens eingeweiht worden war, begab er sich nach Mekka, wo er zur Erinnerung an die in der alten esoterischen Schule Aegyptens empfangene Weihe einen Denkstein setzte. Die Stimme, die Abrahams singende Seele in den Stein legte, tönte weiter fort und wurde allen denen vernehmbar, die sie zu hören vermochten. Seit jener Zeit sind Seher und Propheten zu diesem Stein, zur Kaaba gepilgert; die Stimme tönte weiter und lebt noch heute fort. Ein Ort wie Mekka – eine Wüstenei, die nichts Interessantes bietet, wo der Boden nicht fruchtbar und die Menschen nicht hoch entwickelt sind, wo weder Handel noch Industrie blüht, wo Kunst und Wissenschaft nicht zu finden sind – hat Millionen Menschen angezogen, die ihn nur aus einem einzigen Grund, nur als Ziel ihrer Wallfahrt aufsuchten: Was war die Ursache, was ist heute noch die Ursache? Nur die Stimme, die diesem Ort, die einem Stein eingegeben worden ist. Einem Stein ist die Gabe der Sprache verliehen worden, und er spricht noch heute zu den Menschen, deren Ohren geöffnet sind.

Hazrat Inayat Khan (1882 – 1927) in: Die Sprache des Kosmos. Genf; 1945, S. 7-8

Erfahrungen des Herzens

Foto: © wak

 

Die Lehre, die ich vertrete, ist darüber hinaus tief beeinflusst von und solidarisch mit den anderen großen heiligen Traditionen der Welt und ist daher interspirituell. Wir begegnen uns in unserem tiefsten Inneren, in der Tiefe, wo die großen Traditionen einander umarmen. Ich verstehe die heiligen Traditionen der Welt als die Farben eines Regenbogens. Sie alle sind absolut notwendig, um den Regenbogen zu bilden, und jede einzelne muss hell leuchten, wenn der Regenbogen tun soll, wozu er da ist. …

Meine eigene Arbeit wurde wesentlich beeinflusst und unterstützt insbesondere vom Sufismus, der mystischen Tradition des Islams, sowie vom tibetischen Buddhismus. Meine Sufi-Freunde nennen mich einen „christlichen Derwisch“. Das gefällt mir sehr, weil es das große Bild verdeutlicht.

Es geht nicht darum, eine interreligiöse Harmonie zu erzeugen, indem wir alle Religionen sozusagen in einem einzigen säkularen Eintopf neutralisieren, sondern darum, dass wir wirklich in die Tiefe vorstoßen, wo sich alle diese großen Traditionen gegenseitig durchdringen und eine Tiefendimension aufweisen, die sie der Welt auf keine andere Weise mitteilen können. Obwohl die Sprachen, mit denen sie diese Dimension beschreiben, unterschiedlich klingen mögen, reden sie alle von ein und derselben Erfahrung des Herzens. Dieses Herz brauchen wir heute in der Welt.

Cynthia Bourgeault (*1947)  Mehr über sie und ihre Bücher hier: https://chalice-verlag.de/cynthia-bourgeault/