Schweigen: Ort der Leere und Erfüllung

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Das Schweigen wird der Mystik ebenso sehr zum Ort der Leere wie der Erfüllung. Die Einübung in das Schweigen ist nicht das bloße Heraustreten aus dem öffentlichen Gespräch, sondern auch ein Leerwerden, ein Freiwerden vom inneren Reden, vom Lärm des Denkens, der das Wort, das uns gegeben ist, nicht hören lässt. In gesteigerter Form kann die, Unsagbarkeit, sogar, jenseits der Grenze des Sagenkönnens, auf eines verweisen, wo sich das Sprechen verbietet: auf eines, das unantastbar ist, das nicht gesagt, vor der Sprache geschützt werden soll.

Emil Angehrn (*1946)

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Erlebnis der Ruhe und Erfüllung

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Die so genannte mystische Erfahrung ist etwas gänzlich Unbeschreibliches. Schon das Etikett Mystik wird dieser Dimension von Erfahrung nicht gerecht. Man tritt aus dem Gegebenen und Vorhandenen völlig heraus und hat ein Erlebnis der Ruhe und Erfüllung und des Stimmens, das man nur nachträglich in die Sprache einer Ideologie oder Religion übersetzen kann.

Paul Watzlawik (1921 – 2007) In: Bernhard Pörksen (Hrsg.) Die Gewissheit der Ungewissheit, Heidelberg 2001, S. 231

Aus der Tiefe zum Sein

Ein Tropfen, der aus einer Regenwolke fiel,
Erschrak vor der Weite der See:
Wer bin ich in der Unermesslichkeit des Ozeans?
Wenn ER ist, dann bin ich in Wahrheit nicht!
Während er sich mit den Augen der Verachtung betrachtete,
Nährte ihn eine Muschel in ihrem Schoß.

Der Himmel lenkte die Geschicke so,
Dass eine berühmte, eine königliche Perle heranwuchs:
Aus der Tiefe stieg er zur Höhe empor
Und klopfte an die Tür des Nichts:
Bis das Sein heraustrat.

Idries Shah (1924-1996)