Weg in die Freiheit

Hadewijch-Gedicht / wikimedia ~ gemeinfrei

Die Seele ist ein Weg, durch den Gott aus seinem Tiefsten in ihre Freiheit herauskommt; und Gott ist ein Weg, auf dem die Seele in ihre Freiheit herauskommt, d. h. in seinen Grund, an den nicht ohne der Seele Tiefe gerührt werden kann. Solange Gott noch nicht ganz der Seele gehört, kann er ihr auch noch nicht vollkommen genügen.

Hadewijch von Antwerpen (13. Jahrhundert) | Brief 18, 69–79

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Die Seele ist eine Bodenlosigkeit

Foto: (c) wak

Die Seele ist eine Bodenlosigkeit, worin Gott sich selbst genügt, und sein eigenes Selbstgenügen findet sein vollstes Genießen in ihr und sie wiederum in ihm. Die Seele ist ein Weg, durch den Gott aus seinem Tiefsten in ihre Freiheit herauskommt; und Gott ist ein Weg, auf dem die Seele in ihre Freiheit herauskommt, d. h. in seinen Grund, an den nicht ohne der Seele Tiefe gerührt werden kann. Solange Gott noch nicht ganz der Seele gehört, kann er ihr auch noch nicht vollkommen genügen.

Hadewijch von Antwerpen (um 1200 – 1248) in: Brief 18, 69–79

Den Kern haben wollen

Foto: (c) wak

Die Schale muß zerbrechen, und das, was darin ist, muß herauskommen; denn, willst du den Kern haben, so mußt du die Schale zerbrechen. Und demnach: Willst du die Natur unverhüllt finden, so müssen die Gleichnisse alle zerbrechen, und je weiter man eindringt, umso näher ist man dem Sein. Wenn die Seele das Eine findet, in dem alles eins ist, da verharrt sie in diesem Einen.

Meister Eckhart (1260 – 1328) in seiner Predigt 24: Haec dicit dominus: honora patre tuum etc. (Ex. 20,12)

Aus der Wüste herauskommen

Richard Rohr     Bildquelle: wikimedia/gemeinfrei

 

Wir müssen alle davon ausgehen, dass uns auch unser Weg in die Wüste führt und dass wir genau diesen drei Dämonen ins Auge sehen müssen: dem Bedürfnis, Erfolg zu haben; dem Bedürfnis, richtig zu liegen und dem Bedürfnis, Macht zu haben und alles in den Griff zu kriegen

Bevor wir nicht diesen drei Dämonen in uns selbst ins Auge gesehen haben, gibt es keine Möglichkeit, aus der Wüste herauszukommen und das Reich Gottes zu verkündigen. Sonst verkündigen wir immer nur unser eigenes Reich. Wir benutzen das Evangelium, um uns selbst zu inthronisieren.

Richard Rohr (*1943) in: Weniger ist mehr – Wege zu einer Spiritualität des einfachen Lebens